Kürzlich habe ich über den Bestseller “Überrascht von Furcht” berichtet. Michael Reeves’ Buch “Gottesfurcht – eine überraschend gute Nachricht” (verbum Medien, 2022) rückt diesen Begriff in das rechte Licht. Ich beziehe ich mich auf den Buchauszug “Sechs Fragen zur Gottesfurcht”.
Auf der einen Seite leitet Reeves die Kultur der Angst her – eine Schlüsselerkenntnis.
Da die Gesellschaft Gott als das eigentliche Objekt gesunder Furcht verloren hat, wird unsere Kultur zwangsläufig immer neurotischer, immer ängstlicher vor dem Unbekannten – ja, immer ängstlicher vor allem und jedem. Ohne die Fürsorge eines gütigen und väterlichen Gottes bewegen wir uns angesichts der veränderten Moral und Realität wie auf unsicherem Treibsand. Weil wir Gott aus unserer Kultur verdrängt haben, nahmen andere Sorgen – von der eigenen Gesundheit bis zur Gesundheit des Planeten – in unseren Köpfen eine göttliche Vorrangstellung ein. Gute Dinge sind zu grausamen und erbarmungslosen Götzen geworden – und so fühlen wir uns hilfsbedürftig und zerbrechlich. Die Gesellschaft hat ihren sicheren Anker verloren und wird dafür mit freischwebenden Ängsten überflutet. (16f)
Auf der anderen Seite entwickelt er eine angemessene Vorstellung der rechten Gottesfurcht:
Diese rechte Gottesfurcht ist also nicht die traurige, düstere Kehrseite der wahren Freude an Gott. Zwischen dieser Furcht und der Freude besteht kein Spannungsverhältnis. Vielmehr ist die zitternde ‚Furcht des Herrn‘ eine Art, die schiere Intensität der Glückseligkeit der Heiligen in Gott auszudrücken. Mit anderen Worten: Das biblische Thema der Gottesfurcht hilft uns, die Art der Freude zu erkennen, die für Gläubige am angemessensten ist. Unser Verlangen nach Gott und unsere Lust an ihm sollen nicht lauwarm sein. So wie unsere Liebe zu Gott eine zitternde und staunende Liebe ist, so ist unsere Freude an Gott in ihrer reinsten Form eine zitternde und staunende – ja auch furchterregende – Freude. Der Gegenstand unserer Freude ist so überwältigend und so furchtbar und so großartig. Wir sind dazu geschaffen, uns zu freuen und vor Gott zu erzittern, ihn mit einer Intensität zu lieben und zu genießen, die ihm angemessen ist.
2020 habe ich nach drei Monaten Corona-Krise über unsere Grundangst nachgedacht. Elisabeth Lukas legt eine logotherapeutische Aufarbeitung vor. Erkannt ist das Thema der Angst; umso wichtiger die theologische Aufarbeitung.