Input: Brücken bauen? Das Gebiet ist bereits verlassen!

Rolf Hille, Jahrzehnte lang national und international im Namen der Evangelischen Allianz tätig, bezeichnet anhand einer neuen Publikation aus dem postevangelikalen Lager sauber auf, dass der vermeintliche Brückenbau in Wahrheit ein Verlassen des eigenen Gebiets darstellt. Das lässt sich auch mit Gelehrsamkeit und Rhetorik nicht übertünchen. Manchen scheint jedoch die Tünche zu genügen.

Wo also ist die Grenze, an der er sein evangelikales Zuhause verlässt? Nun, Dietz sucht die Zeitgenossenschaft und den bruchlosen Anschluss an die Neuzeit. Er möchte als Vermittlungstheologe die gegenwärtige Kultur mit der christlichen Offenbarung versöhnen. Das kann jedoch nur gelingen, wenn er die Autorität der Bibel neu interpretiert, denn Biblizismus oder gar Fundamentalismus sind ihm – wie er nicht zu wiederholen müde wird – zuwider.

Als moderner Theologe übt er souverän die Deutungshoheit über die Schrift aus – auch wenn er für sich in Anspruch nimmt, „unter der Schrift“ zu stehen. Wissenschaft, Aufklärung und modernes Lebensgefühl müssen mit dem ehrwürdigen Buch der Bücher aus dem Alten Orient und der Antike so verknüpft werden, dass Zeitgenossen des 21. Jahrhunderts damit weder intellektuell noch emotional in Konflikt geraten. Damit ist vonseiten des Autors ein Bruch im Sinne des Postevangelikalismus vollzogen und eine Grenze überschritten.

Der von Dietz ausgemachte „garstige Graben“ zwischen gegenwärtiger Kultur und Schriftbindung lässt sich nicht zuschütten. Das Überraschende besteht darin, dass der Autor für sich und seine Freunde bei „Worthaus“ ungeachtet aller Schwierigkeiten Hindernisse zu überwinden beansprucht. Immer wieder bemüht er sich, an der möglichen Einheit von Evangelikalen und Liberalen festzuhalten. Bei aller Trennschärfe im Urteil fordert er dazu auf, Gemeinschaft zu leben, obwohl ihm die Widersprüche in der Hermeneutik, also dem Schriftverständnis, sehr wohl bewusst sind.