Wir sind seit über einem Dutzend Jahren überzeugte Selbstlerner. Besonders in den frühen Jahren habe ich intensiv dazu geschrieben und berichtet.
Familie Spichtig aus dem Kanton Luzern, mit der ich persönlich bekannt bin, bringt es auf den Punkt: Durch die Auflösung der künstlichen Trennung zwischen Frei-Zeit und Unterricht wird das selbst gesteuerte Lernen gefördert. Die Kinder lernen Zusammenhänge kennen und entwickeln ihre Begabungen in einem Masse, wie es sonst nicht möglich gewesen wäre. So erstaunt es nicht, dass beide befragten jungen Erwachsenen Preise gewannen und mühelos ihre Berufswünsche umsetzen können.
20minuten hat kürzlich über die steigende Zahlen von Homeschooling in der Schweiz berichtet. “3015 Kinder und Jugendliche werden derzeit zuhause unterrichtet, schreibt die schweizerische Erziehungsdirektorenkonferenz auf ihrer Website. Die Zahl dieser Kinder sei in den letzten Jahren gestiegen. Generell sei Homeschooling häufiger auf Primarstufe als auf Sekundarstufe. Mehr als drei Viertel der 3015 Kinder lebten in vier Kantonen: Zürich, Bern, Waadt und Aargau.”
Konkret für das Schuljahr 22/23: “So zählt der Zürcher Volksschulamt 789 Schülerinnen und Schüler, die ab August 2022 privat unterrichtet werden. Die Zahl ist noch nicht definitiv, die Anmeldefrist läuft am 22. August ab. Zum Vergleich: Im Herbst 2019 waren es 248 Schüler. Ähnlich sprunghaft ist der Anstieg im Kanton Aargau: Von 287 im Schuljahr 2018/2019 auf 606 im jetzt beginnenden Herbst. Im Kanton Luzern ist die Zahl der Homeschooling-Kinder von 110 auf 150 gestiegen.”
Interessant sind die Kommentare (Rechtschreibung nur teilweise zur besseren Verständlichkeit korrigiert):
Schulgläubigkeit: Die Schule gehört unter die staatliche Verantwortung, Privatschulen sollten nicht erlaubt sein, stattdessen die normalen Schulen entsprechend finanziell und materiel ausrüsten damit wir den Kindern die bestmöglichste Ausbildung zur Verfügung stellen können.
Lernertrag: Zuhause lernen die Göfis höchstens, wie man alles am besten gleich durch Google lösen lässt. Bin dann auch gespannt, was künftige Lehrbetriebe zu den nicht annähernd vergleichbaren Noten sagen. Tönt noch schlimmer als Montessori oder Steiner-Schulen.
Rollen: liebe Eltern, lasst doch einfach die Lehrer ihren job machen und ihr macht euren. nämlich den Kindern Manieren und Respekt beibringen und damit meine ich nicht sie mit Handys mit 7 Jahren ruhig zu stellen. sondern kümmert euch mal um sie, statt immer auf den Lehrern rumzuhacken.
Effektivität: Wenn man genau hinschaut, sieht man oft wie sich die Freude und Elan der Erstklässler schon sehr bald in vielen Fällen in Frust und Resignation umwandelt. Sicher braucht es Disziplin (die oft fehlt) und Durchhaltewillen. Ich glaube aber, dass ein Grossteil des Schulsystem nicht gut funktioniert.
Schulwirklichkeit: Die Gründe des heutigen Lehrpersonenmangels sind mannigfaltig. Jeder Schüler ist heute ein König und muss mit Samthandschuhen angefasst werden. Wenn die Lehrpersonen einmal etwas durchsetzen möchten, reklamieren die Eltern, die oft ihre Erziehungsaufgaben vernachlässigen, aufs heftigste. Hausaufgaben sind an vielen Primarschulen tabu und viele Schülerinnen und Schüler sind total demotiviert, obwohl in der Theorie der pädagogischen Hochschulen alle Schüler immer top motiviert sind.
Schüler als Prinzen: Ich (Lehrperson) bin mir am überlegen den Job zu wechseln, weil das Unterrichten nicht mehr das ist, was es mal war. Die Kids haben weniger Respekt vor Lehrpersonen und sehen diese als “Kolleg” an – die Eltern ebenso. Das erschwert das Unterrichten und vor allem das “Erziehen” extrem. Man darf kaum noch ein Kind über sein Fehlverhalten aufmerksam machen – da kommen schon die Eltern mit Drohungen.
Strukturelle Konsequenzen: Woher kommt dieser Lehrermangel? 1. Von der zunehmenden Verakademisierung des Lehrerberufes. CH hatte immer gute Lehrer-Seminare. 2. Von einer überbordenden Bildungsbürokratie mit ihren Integrationsvorstellungen, welche die Lehrer zusätzlich belasten. 3. Nun sieht man die Folgen, von diesem ideologischen “Marsch durch die Institutionen”.