Andacht: Was soll ich nur mit den Geschlechtsregistern anfangen?

Über die Geschlechtsregister der Chronik wollte ich schon länger mal predigen (siehe dieser Eintrag von 2015). Ich erlebte zwei Extreme: Der eine übersetzte alle Namen und formte Sätze aus ihnen; am anderen Ende befinden sich die Stimmen, dass diese Kapitel einfach zu überspringen sind.

Der Schlüssel für das Studium ist die Verabschiedung vom rein leserorientierten Ansatz (“was kann ich damit anfangen?”), der die Bibel auf der Folie seiner inneren Erlebenswelt auf Nutzen abscannt. Es sollte umgekehrt sein, denn die Bibel ist Autor-fokussiert und unverschämt historisch. Es handelt sich um Gottes Ansprache an uns. Wir sollten unser Leben also auf der Folie der göttlich gestalteten Auswahl an uns betrachten lernen.

So ging ich zunächst auf Abstand und betrachtete die Chronik als letzten Teil des hebräischen Testaments, nämlich als theologische Reflektion der Geschichte Israels mit Schwerpunkt Treue & Gottesdienst, gerichtet an das Volk, das aus dem Exil zurückgekehrt war.

Der erste Teil enthält zwei grosse Blöcke, nämlich eine sorgfältige Komposition von Geschlechterfolgen zu allen Stämmen. Überhaupt ist das Thema “ganz Israel” – das wiedervereinigte Volk, das sich unter Seine Herrschaft stellt – ein zentrales Thema (siehe 1Chr 9,1; 11,1; 13,5). So erstaunt es auch nicht, dass direkt nach der Schilderung der Übernahme der Königsherrschaft Davids (1Chr 10,14 JHW wandet David die Königsherrschaft zu) nochmals zwei Namenkataloge erscheinen. Es handelt sich um die Helden Davids und – nur in den Chroniken – diejenigen aus allen Stämmen, die sich dem rechtmässigen Herrscher nach dem Herzen Gottes schon vor der offiziellen Übernahme des Amts unterstellten (1Chr 11+12). Es geht also um die Königsherrschaft Davids mit der Betonung auf dem rechten Tempel- und Gottesdienst. Nicht umsonst widmen sich die meisten Texte (1Chr 13-16 und 22-29) der Heimholung der Bundeslade, der Vorbereitung für den Tempelbau sowie der Organisation des Dienstes.

Auf diesem Hintergrund stellte ich drei Hilfestellungen für das Studium vor:

  1. Der Makroblick
    Wie ist die Abfolge gestaltet? (Adam – Abraham – David; übrige Stämme, abgeschlossen mit Benjamin, woraus der erste König Saul stammte)
    Welche Auswahl wird getroffen? Welche Schwerpunkte gesetzt? (Juda, das Königtum, vgl. 5,2; Leviten – das Priestertum, vgl. 6,16ff)
    Was ist der Anfangs-, was der Zielpunkt? (Adam und Abraham; Exil, vgl. 3,17; 5,41; 5,6+25f)
    Wie hört sich der Gesamtklang (melodische Linie) der Kapitel an?
  2. Der Mikroblick
    Welche bekannten Episoden aus Israels Geschichte werden aufgegriffen? (1,10; 2,3+7; 5,1)
    Welche neuen Begebenheiten werden erwähnt? (4,9f; 4,39-43; 5,10; 7,21-23)
    Welche minimalistischen Bemerkungen werden eingeflochten? (2,21+34; 4,14+21+23; 8,8)
  3. Der Jesus-Fluchtpunkt
    Der erlöste Mensch: Ich schaffe es nicht, er muss es richten (5,20)
    Der gefallene Mensch: Ich schaffe es, weil ich es richte (10,6+13f)

Zur Andacht (39 Minuten); ergänzend empfehle ich das Interview mit Richard Pratt.