Input: Zurück zu den goldenen Anfängen des Christentums?

Ab und an höre ich das Argument des «goldenen Anfangs». Im «primitiven» (sprich ursprünglichen) Zustand der Christenheit sei das Neue Testament noch «unverdorben» rezipiert und danach gelebt worden. Daraus entsteht die Legitimation für das Bedürfnis nach einer Rückkehr zur ursprünglichen Form des Christentums (um nicht zu sagen manche Projektion, wie es damals gewesen sein sollte). Hier erscheint mir die Haltung der Reformatoren gesünder:

Eine positive Aufnahme der altchristlichen Theologie ist einerseits seit der Reformation fester Bestandteil reformierter Konfessionen und Theologie. Diese positive Rezeption wurde andererseits von einer kritischen Haltung gegenüber den Kirchenvätern oder zumindest von einem ausgeprägten Bewusstsein ihrer Grenzen begleitet, die durch verschiedene Erwägungen motiviert sein konnte, aber angesichts des reformierten Grundsatzes, dass allein die Bibel in Fragen des Glaubens und des Verhaltens maßgebend ist, in jedem Fall unvermeidlich war. …

Die theologische Kontinuität zwischen der reformierten Theologie und den Kirchenvätern zeigt sich am deutlichsten in der Übernahme frühchristlicher Glaubensbekenntnisse … und in der Tatsache, dass reformierte Theologen ihre eigenen Bekenntnisse mit Hilfe von Zusammenstellungen patristischer Zeugnisse kommentierten und erläuterten … Das Streben nach Katholizität, das sich in zahlreichen anderen Publikationen … und in der entsprechenden Berücksichtigung der patristischen Irrlehren äusserte .., hatte jedoch offensichtliche Grenzen und wurde von Vorbehalten und Kritiken begleitet, die seit dem 16. Jahrhundert formuliert wurden. (Aus: Reformed Theology and the Church Fathers, enthalten in The Oxford Handbook of Reformed Theology, S. 9f)