Rezension: Hysterische Selbstermächtigung eines zu identitären neigenden Protestmilieus

Im Rahmen einer Recherche blieb ich an dieser Rezension von “Generation Beleidigt: Von der Sprachpolizei zur Gedankenpolizei” hängen.

Eine aus den USA herüberschwappende puritanistische identitäre Linke, stark den von dem Orientalisten Edward Said (“Orientalism) geprägten Postcolonial Studies und den von der Genderapologetin Judith Butler beeinflussten Gender Studies nachempfunden, bedroht zunehmend empfindlich Wissenschafts- und Kunstfreiheit sowie den für eine Demokratie notwendigen pluralistischen öffentlichen Diskurs auch in den westeuropäischen Gesellschaften – wobei eine willfährige Bereitschaft auch der bürgerlichen Presse, sich Diktaten eines extremistischen Rands zu unterwerfen und sich deren puritanischtische Ideologie zu eigen zu machen eine nicht unerhebliche Rolle dabei spielen.

Fourest führt eine unermüdliche Menge an Beispielen an, wie aufklärerische und kritische Projekte vermittels eines zur Gewalttätigkeit und hysterischer Selbstermächtigung neigenden identitären Protestmilieus zerstört und sogar die soziale Existenz der beteiligten Kulturschaffenden, Künstlern und Wissenschaftlern vernichtet wird – oder werden soll. Und was sie hierbei offenlegt, ist erschreckend:

Es geht um Theatervorführungen, die des Polizeischutzes bedürfen, weil Aktivisten unter dem Vorwurf der “cultural approbation” Anstoß an der weißen Hautfarbe von Darstellern machen, um die notwendigen institutionellen Schutz von Kulturgütern, z.B. Schriften der geisteswissenschaftlichen Tradition Europas, weil das queere identitätslinke Milieu in einigen Texten als rassistisch gebrandmarkte Passagen ausmachen – und sogar um den Versuch, eine kolonialismuskritische Ausstellung über menschliche Zoos im frühen 20. Jahrhundert, die die tierähnliche Vorführung von Indigenen in den europäischen Hauptstädten anprangert, weil auch die Aufklärung über diese historisch nun einmal wahren Praktiken die Opfer beleidige.

Vor allem aber treibt Fourest auf die Palme, dass die unkritische Allianz der linken Radikalidentitären mit autoritären islamistischen Verbänden, die Selbstmordattentate zu ästhetischen Freiheitsakten hochjubeln, ein übel repressives Klima gegen kritische Muslime selbst im laizistischen Frankreich geschaffen haben – von der Zunahme antisemitischer Gewalt gegen französischen Juden ganz zu schweigen.

Das Unglaubliche ist dabei, dass Teile des wissenschaftlichen und medialen Establishments in Westeuropa diesem Radikalismus nicht nur nichts entgegenzusetzen haben, sondern es sogar noch unterstützten.

Gerade auch in Deutschland davon Kenntnis zu nehmen, ist besonders wichtig, weil hier die Resilienz in Medien und an Hochschulen noch weniger stark ausgeprägt ist als im laizistischen Frankreich, das auf seine republikanische Tradition stolz ist.

Die gewaltsame Selbstermächtigung dieses identitären Milieus, das Minderheiten verabsolutiert, jedoch nicht davor scheut, besonders aggressiv gegen kritische Individuen aus eben diesen Minderheiten vorzugehen, sollten die sich nicht dem Meinungsdiktat der vorherrschenden Chefideologen unterwerfen, erfolgt durch die stete Skandalisierung des eigenen “Verletztseins” durch vermeintliche “Mikroaggressionen”. Diese gelten dann als Vorwand für ein Meinungsdiktat, das allen anderen Bürgern einer Gesellschaft die Folgsamkeit abverlangt.

Ich habe auch von “Schäm dich” und “Fire on the Street” sehr profitiert.