Carl Trueman an der E21-Konferenz (bis Minute 40; dann Q & A); weitere Vortragsnotizen: Wie sich die Bedeutung Mensch zu sein verändert hat
These: Eine prominente Gefahr für die Kirche ist die Celebrity-Kultur, die für jedermann in Griffweite gerückt ist.
Definition: Mit Berühmtheit ist nicht jemand gemeint, der einfach nur gut bekannt ist und im Blickpunkt der Öffentlichkeit steht. Seine Bekanntheit erhält diese Person nicht aufgrund der Aufgabe, sondern wegen Persönlichkeit und entsprechender Plattform
Celebrity-Kultur in Korinth:
Es ist keine neue Problematik. Bereits Paulus erwähnt in 1Kor 1 Fragmentierung innerhalb der Gemeinde wegen der Celebrity-Kultur. Die Hierarchie in Korinth basierte damals auf den finanziellen Möglichkeiten.
Unsere Zeit ist nicht geprägt von inhaltlich guten Reden, sondern von sichtbarer Performance. Damals in Korinth hielt man nach guten Rednern Ausschau, der allerdings auch optisch präpariert wurde. Diesen Ansprüchen genügte Paulus keineswegs.
Die erste Celebrity im deutschsprachigen Raum war Luthers berühmte Rede am Worsmer Reichstag (1521). Daraufhin wurden im Volk Luther-Poster verkauft. Luther war die erste grosse Berühmtheit des Protestantismus. Sein Name floss gar in die Bezeichnung einer Kirche ein (Lutheranische Kirche).
Die Versuchung der Celebrity-Kultur im Zeitalter der Wahlfreiheit: Die Bedeutung des einzelnen Kirchgängers ist gestiegen. Wer vor der Reformation aus der Katholischen Kirche ausgeschlossen wurde, war draussen. Es gab keine andere. Heute ist das völlig anders – die nächste Kirche liegt um die nächste Ecke. Heute muss sich eine Kirche wirksam “anpreisen”. Die fördert die Versuchung, die Attraktionen der Kultur zu imitieren.
Die Kultur der Unterhaltung: Das therapeutische Selbst (Philipp Rieff) beinhaltet den Anspruch glücklich “gemacht” zu werden. Das bedeutet: Familie und Kirche werden geschwächt, weil diese viele Opfer erfordern. Zwei andere Institutionen erstarken, nämlich das Krankenhaus (medizinische Industrie; Gesundheit) und das Theater (Unterhaltungsindustrie; Langeweile).
Zeit der Unsicherheit: Der Wunsch jemanden zu finden, der einfache Antworten auf schwierige Fragen in autoritativer Art geben, ist hoch. Kombiniert mit der individualistischen Lebensweise zieht dies eine grosse Anfälligkeit für starke Leiterpersönlichkeiten nach sich.
Die Rolle des Internets: Die alten Restriktionen bezüglich Zeit und Raum existieren nicht mehr. Man hört Internetpastoren; diese werden zu den einflussreichsten Personen.
Wie begegnen?
Solide Lehre: Paulus malte den Korinthern das Kreuz vor Augen – als theologisches Faktum, das den kulturellen Auswahlkriterien nicht entsprach.
Lehre mit den Erwartungen an die Kirche verbinden: Eine treue Gemeinde kann vorübergehend kleiner und schwächer werden. Wir können nicht mit der Ästhetik einer Kultur Kompromisse eingehen.
Pastoren treffen Vorkehrungen, dass sie nicht zu viel Aufmerksamkeit erhalten: Vorsicht mit sozialen Medien (Gravitationskraft: Aufmerksamkeit auf sich selbst ziehen)
Konzentration auf dem historischen Glauben: Historische Bekenntnisse relativieren die Bedeutung der eigenen Person. Wir stehen auf den Schultern zahlloser Vorfahren.
Gesunde Lehre der Gemeinde: Es gibt eine grosse Aufmerksamkeit auf geistlichem Missbrauch. Ermahnung wegen einer Sünde ist kein Missbrauch! Gemeinden brauchen eine Ältestenschaft, der die Pastoren Rechenschaft ablegen.
Aufmerksame Gemeindebesucher: Vorsicht für Vergötzung von (Internet-)Pastoren; Test: Wer wird an deinem Sterbebett stehen?