Jede Passage der Heiligen Schrift ist entweder Gesetz oder Evangelium oder ist fähig entweder auf das eine oder andere bezogen zu werden. – John Colquhoun
David Jany unternahm den Versuch, den für den christlichen Glauben grundlegenden Unterschied zwischen Gesetz und Evangelium in einer verständlichen Art der Gemeinde näher zu bringen (Teil I; Teil II). Er erzählt von einer Rückmeldung eines suchenden Menschen, der bemerkte: “Wenn ich die Bibel lese, entdecke ich nur das Gesetz.”
Gesetz und Evangelium voneinander zu unterscheiden ist nach Martin Luther “die höchste Kunst in der Christenheit … jeder Christ soll davon wissen”. Das Evangelium gibt und heisst nehmen; das Gesetz fordert und sagt: ‘Das sollst du tun’. Das Gesetz ist das, was Gott von uns fordert und uns schreckt; das Evangelium gibt, tröstet, richtet auf. Im Kreuz kommen Gesetz und Evangelium zusammen.
Das Gesetz
- … schenkt Sündenerkenntnis (Röm 3,20)
- … nicht nach dem Gesetz beurteilt (6,14)
- … dem Gesetz gestorben (7,6)
- … heilig, gerecht und gut (7,12), geistlich (7,14)
- … bringt uns den Tod (7,10)
- … Zuchtmeister auf Christus hin (Gal 3,24)
- … Christus ist das Endziel des Gesetzes (Röm 10,4)
Der dreifache Gebrauch des Gesetzes
- Aufdeckender Gebrauch: Das Gesetz deckt auf, wie es in unserem Leben aussieht. Das Gesetz soll auf Jesus hinweisen, der sich an das Gesetz hält.
- Ziviler Ordnungsgebrauch: Es setzt Menschen und Völkern Grenzen – bis hierhin und nicht weiter.
- Hinweisender Gebrauch: Das Gesetz dient dem erneuerten Menschen als Leitlinie. In der Freiheit des Geistes ist es der Wille Gottes, der uns leitet.
Gesetz und Evangelium unterscheiden
- Unser Tun – was Jesus schon für uns getan hat
- Forderung – Versprechen
- Was wir tun sollten, aber daran scheitern – was Jesus getan hat und nicht gescheitert ist
- Führt zum Tod, weil wir Sünder sind – führt Sünder zum Leben
- Verdammnis – Heil und Frieden
- Gesetz streichen und nur noch von der Liebe reden – Evangelium streichen, Leben und Hoffnung weglassen, nur belastet und beladen
- Nicht: AT = Gesetz, NT = Evangelium
Biblische Beispiele
- Ex 34,6f Schuld über Generationen heimsuchen; gnädig und barmherzig
- Mt 5,21f deutliches Gesetz aus dem Mund von Jesus, auf den Einwand der Selbstgerechten “ich habe keinen umgebracht”; seine Antwort: “ihr seid genauso Menschen verachtend mit euren Worten, mit eurer Sprache nehmt ihr Leben”
- Mt 19,23-25 ein Reicher kann praktisch nicht in Gottes Reich kommen; Geld verstellt den Weg zu Gott; die Jünger verstanden dies.
- Gal 6,7 Worauf du baust, das wirst du ernten. Es wird dich einholen. – Das Evangelium verheisst: Du wirst ernten, was du nicht gesät hast.
Unterscheidung selber anwenden
- Die Bibel im Zusammenhang lesen: Gesetzlich verstehen oder nicht ernstnehmen
- Die Predigt hören: Weder moralistisch noch kraftlos
- In der Seelsorge: Willst du dein Leben schwer machen, vertausche Gesetz und Evangelium; z. B. meinen eigenen Ansprüchen/den Ansprüchen anderer nie genügen vs. Gottes Ansprüchen zumindest äusserlich genügen
Weiterlesen
- “Greta und der neue Moralismus” (Felix Äschlimann)
- Die Rechtfertigungslehre und der amerikanische (deutsche) Traum (Ashley Null)
- Altes Leben unter neuen Vorzeichen weiterführen? Nein, danke! (Ashley Null)
- Moralismus ist nicht das Evangelium (Albert Mohler)