Ron Kubsch schreibt in einer wichtigen Buchbesprechung:
Im protestantischen Raum ist so etwas wie eine „Theologie des Leibes“, die gut begründet hervorhebt, dass Männer und Frauen über intrinsische Charakteristika verfügen, die einander ergänzen, häufig eine Leerstelle. Wer die Zielgerichtetheit alles Seins einschließlich der menschlichen Organe betont, setzt sich potentiell dem Vorwurf aus, Anhänger des Aristotelismus zu sein. In der evangelikalen Literatur wird daher lieber von unterschiedlichen Rollen gesprochen, die Männer und Frauen zu erfüllen haben, fast so, als hätten sie jeweils eine andere Rolle auf der Bühne des Lebens zu spielen. Mannsein oder Frausein ist dann eine reine Frage des Glaubensgehorsams, die sich der argumentativen Durchdringung entzieht. Leider schwächt das die Widerstandskraft gegenüber zeitgeistlichen Fehlentwicklungen und lädt dazu ein, sich für alternative Lesarten der menschlichen Natur zu öffnen oder gar eine anti-essentialistische Haltung einzunehmen.
… (zitiert vom besprochenen Buch, S. 214f) „Das Modell der Gender-Bestätigung kann keine echte Selbstakzeptanz bieten, wenn der Körper nicht mehr als Teil des Ich betrachtet wird. Sich für eine lebenslange Medikalisierung zu entscheiden, um die Illusion einer gemischtgeschlechtlichen Identität aufrechtzuerhalten, ist nicht ‚sein, wer man wirklich ist‘. Das Bestätigungsmodell ist Selbstverleugnung im Gewand der Selbstakzeptanz. Weil unser Leib wir selbst sind, ist das, was ‚bestätigt‘ wird, nämlich am Ende nur der Selbsthass des betreffenden Patienten.“
… Unser Gebrauch der Wörter ‚Frau‘ und ‚Mann‘ erzeugt laut dieser Theorie die Illusion, dass das Geschlecht binär sei“ (S. 49). Diese konstruktivistische Sicht der Sprache ist „eine völlige Umkehrung der in der Genesis geschilderten Entsprechungs-Beziehung“. Denn in der „göttlich offenbarten Ursprungsgeschichte projiziert unsere Sprache keine Bedeutung auf die Dinge. Vielmehr ist die Bedeutung von Natur aus in dem vorhanden, was Gott erschafft. Außerdem ist die Bedeutung für uns verständlich, und die Sprache, ein Zeichen von Gottes Bild in uns, ermöglicht es den Menschen, diese innewohnende Bedeutung zu verkünden“ (S. 49). Die Gendertheorien arbeiten also mit einem konstruktivistischen und postmodernen Verständnis von Sprache und Wahrheit. Die menschliche Sprache bildet Wirklichkeit nicht ab, sondern erschafft sie.