Literaturhinweis: 85 Empfehlungen für die nächste Therapeutengeneration

Ich höre mir das Vermächtnis des israelischen Therapeuten Irvin Yalom (* 1931), in “The Gift of Therapy” als offener Brief an die nächsten Therapeuten-Generationen abgefasst an. Dies sind seine 85 aus ursprünglich über 200 Empfehlungen:

Grundprinzipien der Therapie
  1. Erschaffe für jeden Patienten eine neue Therapie.
  2. Sei offen und engagiert.
  3. Vermeide Diagnosen, wenn nicht unbedingt notwendig.
  4. Betrachte Therapie als gemeinsamen Wachstumsprozess.
  5. Nutze das Hier und Jetzt.
  6. Thematisiere Übertragungen (Transference).
  7. Sei als Therapeut transparent.
  8. Fördere die Selbstoffenbarung des Patienten.
  9. Hilf Patienten, Verantwortung für ihr Leben zu übernehmen.
  10. Sei bereit, auch deine eigene Verletzlichkeit zu zeigen.

Über den Umgang mit Patienten
  1. Vertraue auf den Prozess der Therapie.
  2. Stelle die therapeutische Beziehung in den Mittelpunkt.
  3. Thematisiere Beziehungsprobleme direkt.
  4. Fördere Ehrlichkeit in der Beziehung.
  5. Setze realistische Erwartungen an Therapieziele.
  6. Thematisiere die Angst vor Tod und Vergänglichkeit.
  7. Arbeite an der Sinnsuche des Patienten.
  8. Unterstütze die Entwicklung eines positiven Selbstbildes.
  9. Ermutige Geduld und Ausdauer in der Arbeit an Problemen.
  10. Halte gesunde Grenzen.

Praktische Ansätze
  1. Arbeite mit Träumen als Zugang zum Unbewussten.
  2. Nutze Humor, wo es passend ist.
  3. Stelle sicher, dass Therapie keine Einbahnstraße ist.
  4. Lerne aus Gruppenprozessen.
  5. Unterstütze Patienten in der Gestaltung ihrer Beziehungen.
  6. Sei flexibel in deinen Methoden.
  7. Akzeptiere Unsicherheiten in der Therapie.
  8. Halte die Balance zwischen Nähe und professioneller Distanz.
  9. Fördere kritisches Denken bei Patienten.
  10. Verstehe kulturelle Unterschiede.

Existenzielle Ansätze
  1. Thematisiere Freiheit und Verantwortung.
  2. Besprich die Bedeutung von Isolation.
  3. Untersuche die Angst vor dem Tod als Grundthema.
  4. Hilf Patienten, persönliche Werte zu definieren.
  5. Arbeite an einem Bewusstsein für Endlichkeit.
  6. Thematisiere die Angst vor Bedeutungsverlust.
  7. Erkenne die Bedeutung des Moments.
  8. Unterstütze das Loslassen von alten Mustern.
  9. Betone die Wichtigkeit von Beziehungen.
  10. Diskutiere die Rolle von Zufällen im Leben.

Der Therapeut als Mensch
  1. Sei authentisch.
  2. Teile gelegentlich eigene Erfahrungen.
  3. Sei geduldig mit dir selbst.
  4. Vermeide Überforderung durch unrealistische Ansprüche.
  5. Kümmere dich um deine eigene psychische Gesundheit.
  6. Bleib neugierig und lernbereit.
  7. Akzeptiere deine eigenen Grenzen.
  8. Reflektiere deine Arbeit regelmäßig.
  9. Suche Supervision oder Austausch mit Kollegen.
  10. Bleib flexibel und kreativ.

Der Patient im Mittelpunkt
  1. Fördere Eigenständigkeit.
  2. Thematisiere Abhängigkeiten.
  3. Hilf Patienten, eigene Stärken zu erkennen.
  4. Ermutige zum Loslassen von Schuld.
  5. Stelle die Selbstfürsorge in den Vordergrund.
  6. Arbeite mit Widerständen konstruktiv.
  7. Betone die Wichtigkeit von Eigeninitiative.
  8. Thematisiere realistische Ziele.
  9. Fördere Selbstbewusstsein und Resilienz.
  10. Unterstütze Entscheidungen.

Therapeutische Werkzeuge
  1. Nutze Metaphern und Geschichten.
  2. Achte auf Körpersprache.
  3. Vermeide vorschnelle Interpretationen.
  4. Entwickle eine gemeinsame Sprache mit dem Patienten.
  5. Lass Stille zu.
  6. Nutze Visualisierungen.
  7. Arbeite mit Ritualen und Symbolik.
  8. Vermeide Überanalysen.
  9. Schaffe Raum für Spontaneität.
  10. Betone die Bedeutung von Hoffnung.

Reflexion und Langzeittherapie
  1. Ermutige Patienten, Fortschritte zu erkennen.
  2. Sei sensibel für Rückschritte.
  3. Besprich den Wert von Therapie.
  4. Erkenne den Zeitpunkt des Abschieds.
  5. Thematisiere die Endlichkeit der Therapie.
  6. Reflektiere mit dem Patienten den Therapieprozess.
  7. Sei bereit, Abschiede zu akzeptieren.
  8. Unterstütze die Eigenständigkeit nach der Therapie.
  9. Feiere Erfolge, auch kleine Fortschritte.
  10. Lass Raum für Ungewissheiten.

Philosophische Überlegungen
  1. Therapie ist Kunst, nicht nur Wissenschaft.
  2. Vermeide Perfektionismus.
  3. Lerne aus deinen Fehlern.
  4. Sei offen für neue Perspektiven.
  5. Pflege deine Leidenschaft für die Arbeit.

Zwecks Überblick kann ich das “Wiley Handbook of Existential Therapy” (2019) sehr empfehlen. Hier habe ich 8 Dimensionen jeder Therapie zusammengefasst.