Input: “Gebt des Kaisers…” und die Bedeutung für die politische Theologie

Manchmal bin ich enttäuscht, noch öfter jedoch verblüfft über die Unterstützung durch KI. Im Zusammenhang mit meiner Bibellektüre habe ich über Mt 22,21 recherchiert. Was bedeutet die Aussage Jesu bezogen auf die politische Theologie?

Die Kirchenväter

Die frühen Kirchenväter betonten den Vorrang der göttlichen Autorität und interpretierten den Ausspruch im Licht der christlichen Pflicht zur Loyalität gegenüber Gott. Hier einige wichtige Ansätze:

  • Tertullian: Tertullian sah in dem Spruch eine klare Grenze zwischen der weltlichen und der göttlichen Sphäre. Er argumentierte, dass Christen dem Kaiser nur das schulden, was rechtmäßig ist, wie Steuern oder Respekt, während ihre eigentliche Loyalität Gott gehört.
  • Origenes: Origenes betrachtete die Aussage allegorisch. Der Kaiser steht für die weltliche Ordnung, während Gott das gesamte Leben umfasst. Für Origenes gehört alles Geistige Gott, und das Materielle ist der Welt untergeordnet.
  • Augustinus: Augustinus sah die Aussage Jesu im Kontext seiner „Zwei-Staaten-Lehre“ (civitas Dei und civitas terrena). Der Kaiser hat eine legitime Rolle, aber seine Autorität ist begrenzt. Der Mensch gehört letztlich der civitas Dei an, und Gott steht über allen menschlichen Herrschern.

Augustinus behandelt den Ausspruch Jesu in mehreren Werken, insbesondere in der „De Civitate Dei“ (Vom Gottesstaat). Er benutzt ihn, um die Unterscheidung zwischen der civitas terrena (der irdischen Stadt) und der civitas Dei(der Stadt Gottes) zu erläutern.

  1. „De Civitate Dei“, Buch XIX, Kapitel 17: Hier geht Augustinus auf die Verpflichtungen gegenüber der weltlichen und der göttlichen Ordnung ein. Er schreibt:
    „Daher hat der Mensch zwei Verpflichtungen: gegen den Menschen, weil er im Hinblick auf das irdische Wohl geordnet lebt, und gegen Gott, dessen Ebenbild er trägt. Dem Kaiser das zu geben, was des Kaisers ist, bedeutet also, ihm in irdischen Angelegenheiten zu gehorchen, soweit dies rechtmäßig ist; Gott das zu geben, was Gottes ist, bedeutet, ihm das gesamte Leben zu widmen.“
    Augustinus stellt klar, dass die Verpflichtung gegenüber Gott umfassender ist als die gegenüber dem Kaiser.
  2. „Enarrationes in Psalmos“ (Auslegungen der Psalmen), Psalm 62 (61), Vers 11: Augustinus interpretiert den Spruch Jesu allegorisch und betont, dass alles letztlich Gott gehört:
    „Denn dem Kaiser gehört das Bild auf der Münze, aber Gott gehört das Bild im Menschen. Daher ist der Kaiser ein Teil der Weltordnung, und Gott ist der Schöpfer aller Dinge.“
  3. „Sermo 113“ (Predigt 113): Augustinus spricht explizit darüber, dass die Münze mit dem Bild des Kaisers nur ein begrenztes Recht des Kaisers symbolisiert, während der Mensch, der im Ebenbild Gottes geschaffen ist, vollständig Gott gehört:
    „So wie die Münze den Kaiser trägt, so trägst du, o Mensch, das Bild Gottes. Gib dem Kaiser sein Geld, aber Gott dein Herz.“

Mittelalter (Thomas von Aquin)

1. Summa Theologiae, II-II, Quaestio 104, Artikel 1: Über den Gehorsam

In dieser Quaestio behandelt Aquin die Frage, wem Gehorsam geschuldet wird, und verweist dabei indirekt auf den Ausspruch Jesu:

„Es ist notwendig, dem rechtmäßigen Oberhaupt in Dingen zu gehorchen, die zur Ordnung der menschlichen Gesellschaft gehören. Aber in göttlichen Dingen steht der Mensch allein unter Gottes Autorität. Daher müssen wir dem Kaiser das geben, was des Kaisers ist, und Gott das, was Gottes ist.“

Hier unterscheidet Aquin zwischen der Verpflichtung gegenüber der weltlichen Obrigkeit (etwa in rechtlichen oder steuerlichen Angelegenheiten) und der höheren Verpflichtung gegenüber Gott, die das ganze Leben umfasst.

2. Summa Theologiae, II-II, Quaestio 57, Artikel 2: Über das Recht

Thomas interpretiert den Ausspruch Jesu im Zusammenhang mit der Frage nach der Gerechtigkeit:

„Die Münze des Kaisers zeigt, dass es eine Pflicht der Gerechtigkeit ist, ihm das zu geben, was ihm gebührt. Doch da der Mensch nach Gottes Ebenbild geschaffen ist, gehört er in seinem Innersten allein Gott. Die Worte Christi zeigen, dass die menschliche Gerechtigkeit in der geordneten Hingabe besteht: Materielles dem Kaiser, Geistliches Gott.“ Thomas verwendet den Ausspruch hier als Grundlage für seine Lehre von der Gerechtigkeit und der richtigen Verteilung der Pflichten.

3. Kommentar zum Matthäusevangelium (Super Evangelium Matthaei), Kap. 22, Vers 21

In seinem Evangelienkommentar kommentiert Thomas den Ausspruch direkt. Er schreibt:

„Wenn Christus sagt: ‚Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist,‘ so zeigt er, dass weltliche Dinge wie Steuern dem Kaiser rechtmäßig zustehen, weil sie zur Ordnung der Gesellschaft gehören. Doch ‚Gott das, was Gottes ist‘ zeigt, dass der Mensch seine Seele, seine Liebe und seinen Glauben allein Gott schuldet.“ Thomas hebt hervor, dass die Aussage Jesu sowohl die Legitimität der weltlichen Autorität als auch deren Grenzen betont. Der Kaiser hat Rechte in weltlichen Angelegenheiten, aber die geistliche Dimension bleibt Gott vorbehalten.

4. De Regno (Über die Herrschaft), Buch I, Kapitel 15

In seinem Werk De Regno, das sich mit der politischen Theologie beschäftigt, nimmt Aquin ebenfalls Bezug auf den Spruch Jesu:

„Die weltliche Macht hat eine göttliche Ordnung und dient dem Gemeinwohl. Doch diese Macht ist nicht absolut, sondern unterliegt Gottes höchster Autorität. Christus selbst zeigte dies, als er sagte, dass der Kaiser das Seine erhalten soll, jedoch innerhalb der Grenzen, die Gott gesetzt hat.“ Hier argumentiert Thomas, dass die weltliche Herrschaft eine von Gott eingesetzte Institution ist, die jedoch ihrer Bestimmung treu bleiben muss, um gerecht zu sein.

5. Summa Contra Gentiles, Buch III, Kapitel 128: Über die Herrschaft der göttlichen Vorsehung

In diesem Werk spricht Aquin über die göttliche Vorsehung und die Rolle weltlicher Obrigkeit:

„Die Worte Christi offenbaren, dass es zwei Ordnungen gibt: die weltliche und die göttliche. Beide sind von Gott geordnet, aber die göttliche steht über der weltlichen. Darum soll man dem Kaiser gehorchen, aber nur in Dingen, die sich nicht gegen Gott richten.“

Die Reformatoren und die Reformierte Orthodoxie

Die Reformatoren wie Luther und Calvin nahmen den Ausspruch in den Kontext ihrer Lehren über das Verhältnis von Kirche und Staat auf:

  • Martin Luther: Luther interpretierte die Aussage im Rahmen seiner Lehre von den „zwei Reichen“. Das „Reich des Kaisers“ steht für die weltliche Obrigkeit und das „Reich Gottes“ für das geistliche Leben. Christen sollen der weltlichen Obrigkeit gehorsam sein, solange dies nicht im Widerspruch zu Gottes Geboten steht.
  • Johannes Calvin: Calvin betonte, dass alle Autorität letztlich von Gott kommt. Der Kaiser hat ein legitimes Recht auf Gehorsam, aber dieses ist beschränkt. Calvin sah den Spruch als eine Betonung der göttlichen Souveränität über die gesamte Schöpfung, einschließlich der weltlichen Macht.

Turretin thematisiert den Ausspruch Jesu in seinen systematischen theologischen Werken, insbesondere in der „Institutio Theologiae Elencticae“ (Institut der polemischen Theologie), Band III, in seinen Erörterungen über die Rolle der Obrigkeit und das Verhältnis von Kirche und Staat.

  1. Institutio Theologiae Elencticae, Band III, Frage 24, Abschnitt XV: Hier behandelt Turretin die Legitimität der weltlichen Obrigkeit und ihre göttliche Einsetzung. Er zitiert indirekt den Ausspruch Jesu:
    „Christus befiehlt, dem Kaiser das zu geben, was des Kaisers ist, um zu zeigen, dass die Obrigkeit in weltlichen Angelegenheiten von Gott eingesetzt ist, jedoch begrenzt ist durch die höheren Ansprüche Gottes.“ Turretin interpretiert den Text so, dass weltliche Autorität nur in ihrem legitimen Rahmen beansprucht werden kann.
  2. Institutio Theologiae Elencticae, Band III, Frage 25, Abschnitt III: In seiner Diskussion über die Pflichten der Christen gegenüber der Obrigkeit erwähnt er explizit:
    „Die Worte Christi lehren eine zweifache Verpflichtung: gegenüber der Obrigkeit in allen irdischen Dingen, wie Steuern und Gehorsam, aber niemals in geistlichen Dingen, die allein Gott gehören.“ Turretin betont die Grenze zwischen weltlicher und göttlicher Autorität und argumentiert, dass die beiden Sphären nicht vermischt werden dürfen.
  3. Institutio Theologiae Elencticae, Band IV, Frage 11, Abschnitt VIII: In der Diskussion über die zwei Reiche (civitas terrena und civitas Dei) zitiert er Augustinus:
    „Wie Augustinus erklärt, so ist die Verpflichtung gegenüber der Obrigkeit eine Pflicht, die auf Ordnung basiert, jedoch niemals die absolute Hingabe beanspruchen kann, die nur Gott gebührt. Darin liegt der tiefere Sinn der Worte Christi.“

Dietrich Bonhoeffer, Theologe des Widerstands im 20. Jahrhundert

1. „Ethik“

In seinem Werk Ethik setzt sich Bonhoeffer mit der Spannung zwischen weltlicher und göttlicher Autorität auseinander. Den Ausspruch Jesu interpretiert er als Schlüssel zu einer verantwortungsvollen Unterscheidung und Priorisierung.

  • Kapitel „Die göttlichen Mandate“: Bonhoeffer schreibt:„Die Worte Jesu bedeuten keine dualistische Trennung der Welt in zwei Herrschaftsbereiche, sondern zeigen die klare Unterordnung der weltlichen Macht unter die Herrschaft Gottes. Der Kaiser hat seine Rechte, aber diese enden dort, wo sie Gottes Anspruch auf den Menschen berühren.“
    Hier betont Bonhoeffer, dass die weltliche Obrigkeit ihren Platz hat, dieser jedoch immer von Gottes Herrschaft begrenzt wird. Die Worte Jesu sind ein Aufruf, Gott die absolute Priorität einzuräumen.
  • Kapitel „Kirche und Welt“:„‚Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist‘ ist keine unbedingte Zustimmung zur weltlichen Macht, sondern ein Wort der Grenzziehung. Die Münze gehört dem Kaiser, weil sie sein Bild trägt, doch der Mensch gehört Gott, weil er Gottes Bild trägt.“
2. „Nachfolge“

In Nachfolge deutet Bonhoeffer den Ausspruch Jesu im Licht der radikalen Hingabe an Gott.

  • Kapitel „Die Kirche und die Welt“:„Mit dem Spruch ‚Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist‘ fordert Jesus von seinen Nachfolgern keine Unterwerfung unter die Welt, sondern die klare Unterscheidung: Wo die Ansprüche des Kaisers mit denen Gottes kollidieren, gilt allein Gottes Anspruch. Hier wird deutlich, dass Nachfolge immer Gehorsam gegenüber dem Wort Gottes bedeutet, auch wenn es den Kaiser herausfordert.“
    Bonhoeffer sieht die Aussage Jesu als eine Aufforderung, der weltlichen Autorität nur das zu geben, was rechtmäßig ist, ohne dabei die Hingabe an Gott zu kompromittieren.
3. „Widerstand und Ergebung“

In Widerstand und Ergebung, seinen Briefen und Aufzeichnungen aus der Gefangenschaft, greift Bonhoeffer den Ausspruch Jesu im Hinblick auf die politische Situation im Nationalsozialismus auf.

  • Brief vom 21. August 1944:„‚Gebt dem Kaiser, was des Kaisers ist‘ – diese Worte Jesu verlieren nicht ihre Bedeutung, auch nicht in Zeiten der Tyrannei. Doch sie werden durch das ‚und Gott, was Gottes ist‘ zu einem Protest gegen jede Macht, die sich selbst absolut setzt. Der Kaiser ist nicht Gott; das ist der Kern dieser Worte, und darin liegt der Widerstand, den sie lehren.“
    Bonhoeffer stellt hier heraus, dass der Ausspruch Jesu jede weltliche Macht relativiert und entlarvt, wenn diese göttliche Ansprüche erhebt.
4. „Die Bekennende Kirche und die Herrschaft des Staates“

In dieser Schrift argumentiert Bonhoeffer für die Rolle der Kirche im Widerstand gegen einen Staat, der Gottes Ordnung verletzt.

  • Abschnitt „Gehorsam gegenüber Gott“:„Jesus selbst zeigt, dass der Gehorsam gegenüber dem Kaiser nur dort gilt, wo er nicht den Gehorsam gegenüber Gott gefährdet. Wenn der Staat die Grenzen überschreitet, die ihm durch Gottes Gesetz gesetzt sind, so hat die Kirche nicht nur das Recht, sondern die Pflicht, sich zu widersetzen.“
    Bonhoeffer interpretiert den Spruch als Grundlage für den Widerstand gegen totalitäre Systeme.