Ich diskutierte mit meinem Sohn über die Frage nach der kollektiven Bekämpfung der Armut nach dem Sündenfall. Thomas Sowells Werk “Wealth, Poverty and Politics” (2016) zeigt die volkswirtschaftliche Komplexität von Armut auf:
Geografische Faktoren (Geographic Factors) – Kapitel 1
- Rolle des Klimas:
- Extreme Temperaturen, unfruchtbare Böden oder mangelnde natürliche Häfen erschweren wirtschaftliche Entwicklung.
- Mäßig gemäßigte Zonen mit fruchtbaren Böden begünstigen die Landwirtschaft und den Handel.
- Verkehrswege und Rohstoffe:
- Flüsse, Küsten und zugängliche Transportwege fördern Austausch und Wachstum.
- Ressourcenreichtum allein garantiert jedoch keinen Wohlstand (Stichwort: „Ressourcenfluch“), wenn Institutionen und andere Faktoren ungünstig sind.
- Beispiele:
- Gegensätze zwischen Binnenstaaten mit schwieriger Anbindung und Küstenregionen mit florierendem Handel.
- Unterschiede innerhalb desselben Kontinents (z. B. Nord- vs. Südsahara).
Kulturelle Faktoren (Cultural Factors) – Kapitel 2
- Arbeitsmoral und Bildungsethos:
- Gruppen, die Fleiß, Disziplin und Bildung hoch bewerten, zeigen oft überdurchschnittliche ökonomische Erfolge.
- Religion und Wertvorstellungen:
- Religiöse Strömungen können sowohl förderlich für Sparsamkeit und Unternehmergeist sein (z. B. Protestantische Ethik) als auch hemmend (z. B. fatalistische Weltbilder).
- Familiäre und soziale Netzwerke:
- Starke Familienstrukturen und Gemeinschaftshilfen wirken stabilisierend und erleichtern es, Krisen zu überstehen und Kapital aufzubauen.
- Bewahrung vs. Offenheit für Neues:
- Kulturen, die offen für Innovation, Handel und Wissenstransfer sind, tendieren zu größerem Wohlstand.
Soziale Faktoren (Social Factors) – Kapitel 3
- Demografische Struktur:
- Anteil junger, arbeitsfähiger Bevölkerung beeinflusst das Wirtschaftswachstum.
- Hohe Geburtenraten ohne entsprechende Bildung und Beschäftigungsmöglichkeiten verstärken oft Armut.
- Bildung und soziale Durchlässigkeit:
- Qualität des Schulsystems, Zugang zu höherer Bildung sowie Chancengleichheit sind entscheidend für den sozialen Aufstieg.
- Rolle von Diskriminierung und Vorurteilen:
- Sowell betont, dass Diskriminierung wirtschaftlichen Erfolg durchaus erschweren kann, aber häufig durch Ausbildung und unternehmerische Initiativen überwunden wird.
- Wohn- und Lebensbedingungen:
- Urbanisierung kann wirtschaftliche Chancen eröffnen, birgt jedoch auch das Risiko von Slumbildung, wenn Infrastruktur fehlt.
Politische Faktoren (Political Factors) – Kapitel 4
- Gesetzgebung und Eigentumsrechte:
- Klare Eigentumsrechte, Vertragsfreiheit und Rechtssicherheit fördern Investitionen und Handel.
- Steuern und Regulierungen:
- Übermäßige Bürokratie und hohe Abgaben können Anreize für wirtschaftliches Handeln mindern.
- Staatliche Eingriffe sind laut Sowell nur in Maßen sinnvoll; zu viel Intervention führt häufig zu Fehlanreizen.
- Korruption und „Rent-Seeking“:
- In Systemen, in denen Bestechung und Vetternwirtschaft weit verbreitet sind, wird Wohlstand konzentriert und Innovation gehemmt.
- Beispiel sozialpolitischer Maßnahmen:
- Manche Sozialprogramme können, wenn sie zu großzügig oder langfristig angelegt sind, die Eigeninitiative untergraben und Armut perpetuieren.
Antwort auf die Fragestellung:
- Rolle kultureller Werte und Einstellungen
- Bildungshunger und Selbstdisziplin: Gruppen oder Gemeinschaften, die in ihrer Kultur einen besonderen Wert auf schulische und berufliche Bildung legen, weisen laut Sowell häufig höhere Aufstiegschancen auf. Er verweist auf Migrantengruppen, die trotz widriger Startbedingungen durch Fleiß, Lernbereitschaft und familiären Zusammenhalt wirtschaftlich vorankämen.
- Arbeits- und Sparethik: Eine Kultur, in der Ausdauer, verantwortungsvolles Handeln und das Setzen längerfristiger Ziele gefördert werden, begünstigt nach Sowell die Überwindung von Armut. Wer hingegen in einem Umfeld lebe, das Konsumdenken, Verschuldung und Kurzzeitplanung stärke, gerate schneller in finanzielle Engpässe.
- Begrenzte Wirkung staatlicher Zuschüsse
- Gefahr einer Abhängigkeitskultur: Sowell warnt, dass großzügige Unterstützungsleistungen dazu verleiten könnten, sich langfristig auf Transferzahlungen zu verlassen, anstatt in eigene Kompetenzen, Bildung und Eigeninitiative zu investieren.
- Hemmung von Eigenverantwortung: Fehlt der Anreiz, durch eigene Anstrengung die Lebenssituation zu verbessern, bleibe ein Teil der Bevölkerung dauerhaft in prekären Verhältnissen. Staatliche Hilfen allein änderten nicht das Denken oder die Verhaltensweisen, die zu anhaltender Armut beitragen.
- Beispiele für erfolgreiche Armutsbekämpfung
- Starker familiärer und sozialer Rückhalt: Dort, wo Gemeinschaften persönliche Verantwortung, familiäre Unterstützung und gemeinsames wirtschaftliches Vorankommen betonen, sinkt häufig das Armutsrisiko.
- Bildungsorientierte Strategien: Sowell macht immer wieder deutlich, dass langfristige, qualitätsorientierte Bildungsreformen mehr bewirken können als kurzfristige Finanzhilfen. Den Menschen müssten echte berufliche und wirtschaftliche Chancen eröffnet werden.
- Zusammenhang zwischen Denkweisen und politischer Kultur
- Selbstverantwortung statt passiver Erwartungshaltung: Eine Kultur, die unternehmerisches Handeln, Kreativität und Leistungsbereitschaft fördert, kann Armut nachhaltiger überwinden.
- Langfristige Perspektive: Sowell verweist darauf, dass es in vielen Fällen Jahre oder sogar Generationen dauerte, bis sich positive kulturelle und soziale Einstellungen in Form eines höheren Lebensstandards niederschlugen.