Interview: Jungs und Mädchen in der Adoleszenz unter Druck

Jordan Peterson debattierte mit der dreifachen Mutter Megan Kelly über Weiblichkeit und Männlichkeit. Peterson startet das Gespräch mit (statistisch unterlegten) Nachweisen zur zunehmenden Unzufriedenheit junger Frauen, rapide sinkenden Geburtenraten, Zerfall der Institution Ehe und einer problematischen „Feminisierung“ wichtiger Institutionen. Dabei fand ich insbesondere diese Abschnitte interessant:

(2:44) „Empathy is used to indoctrinate your children“

  • Kelly beobachtet, dass Schulen die angeborene Empathie von Mädchen ausnutzen, um politische Positionen (BLM, Trans-Sportdebatte) als moralische Pflicht darzustellen; Widerspruch wird als „böse“ etikettiert.
  • Das Bildungssystem belohnt Opfer-Narrative: Wer Diskriminierungs- oder Leidensgeschichten vorweist, hat Vorteile bei Noten, Anerkennung und College-Zulassung.
  • Diese Dynamik mache junge Frauen unglücklich, weil sie ihre natürlichen Grenzen verteidigen möchten, sich aber schuldig fühlen.
  • Für Jungen entsteht der gegenteilige Druck: Um akzeptiert zu werden, sollen sie sich möglichst „soft“ geben; echte Männlichkeit werde als toxisch dargestellt.
  • Gleichzeitig sehnen viele Studentinnen einen verlässlichen, schützenden Partner mit klassischen männlichen Tugenden (Mut, Initiative) herbei – finden ihn aber immer seltener.

(8:35) „How schools fail boys, the ADHD response“

  • Laut Peterson wird Lebhaftigkeit bei Jungen systematisch pathologisiert; bis zu 95 % der vermeintlich „hyperaktiven“ Jungen seien eigentlich normal.
  • Stimulanzien wie Ritalin dämpfen vor allem spontanes Spiel- und Wettbewerbsverhalten – genau das werde in Schulen unterschlagen oder bestraft.
  • Wettbewerbsdrang und Ambition gelten als „patriarchal“ und zerstörerisch, weshalb Jungen sich zunehmend an weibliche Verhaltensnormen anpassen.
  • Fakultäten mit hohem Frauenanteil und geringer kognitiver Hürde (z. B. Sozialarbeit) gehörten zu den ideologisch „wokesten“ Bereichen der Universitäten.

(17:02) „Maternal malevolence has taken root“

  • Überdehnte Mutterliebe kann laut Peterson in zerstörerische Kontrolle umschlagen („verschlingende Mutter“, Motiv in Märchen wie „Hänsel und Gretel“).
  • Wird diese Dynamik auf Gesellschaften übertragen, entsteht eine Kultur der Überbehütung, die Eigenständigkeit verhindert und Opferhaltungen belohnt.
  • Männer seien mitschuldig, weil sie dem Trend nicht entgegentreten.

Debatte: Mit Atheisten über Moral und Anbetung diskutiert

Jordan Peterson hat sich kürzlich einem Schlagabtausch mit 20 Atheisten gestellt. Seine Aufrichtigkeit ist bewundernswert; gleichzeitig zeigt das Beispiel Peterson die Grenzen zwischen Theismus und dem Glauben an einen persönlich-unendlichen Gott, der sich durch die Bibel offenbart auf. Hier eine Zusammenfassung zweier Blöcke zur Moral und Anbetung:

Block 2 – „Moral und Sinn lassen sich in der Wissenschaft nicht finden“

  • Weist die Evolution nicht schon Altruismus bei Neandertalern und Schimpansen nach?
    Peterson stimmt zu, betont aber, Evolution erkläre höchstens den Ursprung, nicht die normative Gültigkeit von Moral.
  • Brauchen soziale Tiere nicht zwangsläufig moralische Regeln – also doch Wissenschaft?
    Peterson hält dagegen, das „Brauchen“ sei eine vor-wissenschaftliche Wertvorgabe, ohne die Wissenschaft gar nicht beginne.
  • Stützt die Bibel nicht selbst Sklaverei – ist das moralisch?
    Peterson verweist auf die Exodus-Geschichte als Anti-Sklaverei-Narrativ und argumentiert, gerade protestantische Christen hätten historisch die Sklaverei abgeschafft.
  • Leitet sich Frauenwahlrecht nicht aus kulturellem Fortschritt, statt aus Religion, ab?
    Peterson erwidert, die Gleichwertigkeit aller Menschen sei biblisch begründet; Kultur habe nur entfaltet, was im Text schon angelegt war.
  • Ist Gott die einzige Quelle von Sinn und Moral?
    Peterson antwortet definitorisch: Wenn „Gott“ als moralische Quelle verstanden werde, dann ja, andernfalls widerspreche man der eigenen Definition.
  • Würdest du einem göttlichen Gebot folgen, wenn es dir persönlich schadet?
    Peterson sagt, Nutzen müsse umfassend definiert werden; langfristiges, gemeinsames Wohl könne über kurzfristigem Eigenvorteil stehen.

Block 3 – „Jeder betet etwas an, auch Atheisten“

  • Wie definierst du „Anbetung“?
    Peterson: „Anbeten heißt, etwas zu priorisieren, ihm Aufmerksamkeit zu schenken und Opfer zu bringen; das geschieht innerhalb einer Wert-Hierarchie.“
  • Beten Katholiken Maria an?
    Peterson erklärt, Maria stehe hoch, aber nicht an der Spitze der Hierarchie; echte Anbetung gelte dem Höchsten.
  • Bete ich meine Frau an, weil ich sie der Welt vorziehe?
    Peterson antwortet, je näher ein Wert dem Hierarchie-Gipfel komme, desto mehr gleiche er Anbetung; Liebe zur Ehefrau spiele sich in diesem Kontinuum ab.
  • Gibt es „glückliche Nihilisten“, die nichts anbeten?
    Peterson bezweifelt das und verweist auf Studien, wonach langfristig religiöse Menschen psychisch stabiler seien.

Input: Sowell zur Bildungspolitik

Über die Jahre eigne ich mir Denkweise und Argumentation von Denkern an, z. B. von Thomas Sowell – einem sehr hellsichtigen Ökonomen. Dabei sind konkrete Beispiele wie eine Befragung als Sachverständiger vor dem US-Senatsausschuss (1987) hilfreich:

EbeneWas man wissen muss
1. Politische Bühne 1987• Republikanischer Präsident Ronald Reagan nominierte am 1. Juli 1987 den konservativen Rechtswissenschaftler Robert H. Bork für den frei werdenden Sitz von Justice Lewis Powell. • Der Senat war jedoch demokratisch kontrolliert (55 : 45). • Joe Biden (D-Delaware) war seit Januar Vorsitzender des Senats-Justizausschusses und deshalb Hauptdirigent der Anhörungen.
2. Hauptkonfliktlinien• „Gerichtliche Aktivität vs. Zurückhaltung“: Konservative wie Bork lehnten eine fortschreitende, „schöpferische“ Verfassungsinterpretation ab. • Bürgerrechte & Frauenrechte: Kritiker warnten, Bork könne zentrale Präzedenzfälle (BrownGriswoldRoeone-man-one-vote) schwächen.
3. Rolle von Thomas Sowell• Ökonom & Publizist, Hoover Institution, ehemaliger Marxist, inzwischen libertär-konservativ. • Gilt als pointierter Kritiker von Quotenregelungen und gerichtlich durchgesetzter Sozialpolitik. • Der republikanische Ausschuss-Flügel lud Sowell als Sachverständigen pro-Bork ein, um speziell aus afro­amerikanischer Perspektive die Angst-Argumente der Bürgerrechtsorganisationen zu entkräften.
4. Zusammentreffen Sowell ↔ Biden• Aussagetag 24. Sept. 1987 (später Teil eines längeren Panel-Blocks). • Biden stellte Sowell Fragen zu: – Ob der Kampf gegen Segregation, Alphabetisierungstests u. ä. nicht gerade gerichtlicher Aktivismus (also das, was Bork ablehnte) gewesen sei. – Sowells These, viele „symbolische“ Urteile hätten Schwarzen wenig messbaren Nutzen gebracht. – Affirmative Action an Elite-Unis (Harvard/MIT) und Sowells Behauptung eines „Mismatch-Problems“.
5. Streitthemen im Wortgefechta) Schuldesegregation – Sowell: Ergebnis richtig, aber Begründung des Urteils Brown v. Board zu schwammig; könne spätere Fehlentwicklungen nähren.b) Alphabetisierungstests – Sowell: Tests an sich okay, entscheidend sei die Gleichanwendung. Biden hielt dagegen, dass solche Tests historisch rassistisch missbraucht wurden.c) Harvard/MIT-Daten – Sowell zitierte Richard Klitgaard (Harvard-Studie) für Leistungsunterschiede; Biden wertete dies als Aussage, „es gebe zu wenige qualifizierte Schwarze“.
6. Warum Biden scharf nachhakte• Als Ausschussvorsitzender musste Biden zeigen, ob Borks Unterstützer „breite Gesellschaftsgruppen“ überzeugten oder eher Randpositionen vertraten. • Biden wollte Zweifel säen, ob Sowells (und damit Borks) Sicht Schwarze, Frauen oder arme Wähler ausreichend schütze.
7. Ergebnis & Nachwirkung• Das Duell illustrierte die zwei entgegengesetzten Narrative: – Konservative Sicht: Gerichte haben zu viel gestaltet, echte Chancengleichheit entsteht eher über Markt & Bildung. – Liberale/Bürgerrechtliche Sicht: Ohne mutige Gerichte wären Jim-Crow-Gesetze, Wahltaxen oder Segregation kaum gefallen. • Der Ausschuss stimmte am 6. Oktober mit 9 : 5 gegen Bork; der Gesamt­senat folgte am 23. Oktober (58 : 42). • Die Anhörungen machten Biden national bekannter und gelten als Mitursache dafür, dass spätere Kandidaten (z. B. Clarence Thomas, 1991) taktisch anders verteidigt wurden. • Sowell publizierte seine Argumente in Büchern/Essays weiter; sie prägen bis heute Debatten über „Mismatch“ und color-blind-Ansätze.

Frage 1: Glauben Sie, dass richterlicher Aktivismus – insbesondere das Streichen restriktiver Klauseln in Grund­buch­einträgen, die Aufhebung der Schul­segregation, die „one man, one vote“-Entscheidung sowie das Verbot von Alphabetisierungstests – den Schwarzen geschadet hat? Halten Sie diese Entscheidungen überhaupt für richterlichen Aktivismus?

Antwort: Bei den restriktiven Klauseln sehe ich keinen Nachweis, dass ihre Abschaffung mehr als einen rein symbolischen Effekt hatte. Die Aufhebung der Schulsegregation hingegen hätte schon viel früher und auf einer solideren Grundlage erfolgen müssen; dazu habe ich ausführlich geschrieben.

Frage 2: Heißt das, der Supreme Court hätte die Rassentrennung an Schulen gar nicht beenden sollen?

Antwort: Nein. Sowohl Richter Bork als auch ich meinen, das Gericht hätte sie beenden müssen – und zwar deutlich früher, weil im Jim-Crow-System nie gleiche Rechte herrschten.

Frage 3: Als der Supreme Court die Schulen in Washington D.C. desegregierte – obwohl der 14. Zusatzartikel dort nicht gilt –: Wie hätte er das Ihrer Ansicht nach begründen sollen? Hätte man die Segregation in D.C. einfach bestehen lassen sollen?

Antwort: Nein. Mein erster veröffentlichter Artikel (13. November 1950 im Washington Star) forderte bereits die Aufhebung der Schulsegregation in D.C.; ich stehe also klar für deren Abschaffung.

Frage 4: Wie beurteilen Sie Alphabetisierungstests für das Wahlrecht? War deren Abschaffung durch Gerichte ein Beispiel für Aktivismus?

Antwort: Grundsätzlich spricht nichts dagegen, dass Wähler lesen können. Das Problem entsteht erst, wenn der Test willkürlich angewandt wird – etwa wenn einem schwarzen Harvard-Absolventen bescheinigt wird, er könne nicht lesen.

Frage 5: Sind Alphabetisierungstests also in Ordnung, solange sie für alle gleich angewandt werden?

Antwort: Ja, selbstverständlich.

Frage 6: Aus Ihren Bemerkungen zu MIT und Harvard entnehme ich, dass es Ihrer Ansicht nach nicht genügend Schwarze gibt, die die für sie vorgesehenen Studienplätze ausfüllen können. Stimmt das?

Antwort: Der Begriff „qualifiziert“ ist irreführend. Entscheidend ist, ob die Bewerber in Vorbereitung und Leistungsfähigkeit mit den übrigen Studenten an Harvard oder MIT vergleichbar sind. Wären genügend solche Bewerber vorhanden, hätte die jahrzehntelange Unterdrückung offenbar keinen Schaden angerichtet. Empirische Daten dazu hat bereits Klitgaard erhoben.

Frage 7: Verstehen Sie das also faktisch so, dass es nicht genug schwarze Frauen und Männer mit denselben Voraussetzungen wie ihre weißen Altersgenossen gibt, um Harvard oder MIT erfolgreich abzuschließen?

Antwort: Ja, das ist eine Frage der Faktenlage; die erwähnte Studie zeigt das deutlich.

Frage 8: Haben Sie alle Urteile und Schriften von Richter Bork gelesen?

Antwort: Nicht alle, aber ich befasse mich seit über zwanzig Jahren mit seinen Arbeiten, da ich auch Kartellrecht unterrichtet habe.

Frage 9: Würden Sie sich der sogenannten „Law-and-Economics-Schule“ zurechnen?

Antwort: Ich interessiere mich sehr für die Anwendung ökonomischer Prinzipien im Recht und umgekehrt; eines meiner Bücher erhielt 1980 den Preis für das beste Werk in Law and Economics. Ein Etikett ist mir dabei jedoch nicht so wichtig.

Vorlesung: Ansätze für die Auslegung der Endzeitrede

In Vorbereitung zu meinen diesjährigen Evangelien-Vorlesungen in Aidlingen recherchiere ich bei D. A. Carsons reichhaltigen Vorlesungen über das Matthäus-Evangelium. Für die Auslegung schwieriger Abschnitte ist es hilfreich, verschiedene Ansätze zu prüfen. Zum Beispiel für die sogenannte Endzeitrede (Mt 24):

1. Klassischer Dispensationalismus (prämillennialistisch & prätribulationistisch)

  • Grundaufbau:
    • V. 4–28 (manchmal erst ab V. 15): Beschreibung der siebenjährigen großen Drangsal nach einer geheimen Vor-Entrückung.
    • V. 29–35: Sichtbare Wiederkunft Christi nach der Drangsal („sofort nach der Bedrängnis jener Tage“ – Mt 24,29).
    • V. 36–40Geheime Vor-Entrückung; „jenen Tag“ (Mt 24,36) versteht man als einen anderen Tag, der unbeobachtet kommt.
    • Mt 24,2 deutet einzig auf die Tempelzerstörung 70 n.Chr.; die Verse 15–28 beziehen sich dagegen auf einen künftigen, wieder aufgebauten Tempel (vgl. Lk 21).
    • Die Jüngerfrage (Mt 24,3) wird in drei Teilfragen zerlegt: (1) Tempelzerstörung, (2) Zeichen der Wiederkunft, (3) Zeichen des Endes.
    • „Diese Generation“ (Mt 24,34) wird erklärt als „diese Rasse“ (Israel) oder als Generation, die am Beginn der Drangsal lebt.
  • Stärke: Zeitangaben („sofort nach …“) werden lückenlos in eine Reihenfolge gebracht.
  • Schwächen:
    • „Diese Generation“ wird textfremd uminterpretiert; natürlich wäre die Zuhörergeneration gemeint.
    • Harmonisierung mit Mk 13 und Lk 21 ist nahezu unmöglich; das Modell stützt sich einseitig auf Matthäus.
    • Jesu Antwort müsste für die Jünger irreführend sein, da sie die Tempelzerstörung erwarteten.
    • Bis ins späte 18. Jh. findet sich keine Spur dieser Deutung; historische Kirchentradition spricht dagegen.
    • Systematische Probleme: scharfe Trennung von Israel und Gemeinde („Kirche als Klammer“).

2. „Paragraph-für-Paragraph“-Ansatz (z. B. Broadus, Lane)

  • Prinzip: Jeder Absatz wird unabhängig gedeutet; zeitliche Verknüpfungen werden zurückgestellt.
  • Einzelzuordnungen:
    • V. 15–21 (28): Fall Jerusalems 70 n.Chr.
    • V. 29–31: Sichtbare Wiederkunft Christi.
    • Mt 24,34: Tempelzerstörung innerhalb der damaligen Generation.
  • Stärke: Jeder Abschnitt darf seinen offensichtlichen Inhalt behalten.
  • Schwächen:
    • Zeitmarker kollidieren: „sofort nach dieser Bedrängnis“ (V. 29) passt schlecht, wenn Bedrängnis 70 n.Chr. und Wiederkunft noch aussteht.
    • Egal wo man die Parusie ansetzt, entweder widerspricht Vers 34 oder die Abfolge V. 29–31 bricht auseinander.

3. Alexander / Kik / Tasker / R. T. France (häufig amillennial)

  • These: Bis V. 35 geht es ausschließlich um die Tempelzerstörung. Erst ab V. 36 spricht Jesus über seine Wiederkunft.
  • Begründungsschritte:
    • Die Jünger stellen zwei Fragen: (1) Wann der Tempel fällt, (2) Zeichen der Parusie und des Endes. Jesus beantwortet sie nacheinander.
    • V. 9–28: Vorlaufende Spannungen („Wehen“) bis unmittelbar vor 70 n.Chr.
    • V. 29–31Symbolische Beschreibung der Tempelzerstörung:
      • Kosmische Sprache (V. 29; vgl. Jes 13,10; 34,4) ist gängige prophetische Bildrede für nationale Katastrophen.
      • „Kommen des Menschensohnes“ (V. 30) verweist auf Dan 7,13–14: himmlische Inthronisation, nicht Wiederkunft.
      • „Stämme des Landes“ statt „Völker der Erde“ beklagen den Verlust (Übersetzung von phylē).
      • „Engel“ (aggeloi, V. 31) sind Missionare, die nach 70 n.Chr. das Evangelium bis an die „vier Winde“ tragen.
  • Stärken:
    • Alle Zeitangaben („diese Generation“, V. 34) erfüllen sich noch im 1. Jh.
    • Klare Antwort-Reihenfolge auf die beiden Jüngerfragen.
  • Schwächen:
    • V. 21–22 spricht von einer Drangsal „wie es sie nie gab und nie mehr geben wird“ – schwer allein auf die Jahre vor 70 n.Chr. zu beziehen.
    • Die gemeinsame Häufung von Motiven (Menschensohn, Wolken, Engel, Posaune) klingt im NT fast immer nach der sichtbaren Wiederkunft (vgl. Mt 13,40–41; 16,27; 25,31; 1 Thess 4,14–17; 2 Thess 1,7).
    • Gentilmission lief schon drei Jahrzehnte vor 70 n.Chr.; Tempelsturz war kein Missions-Startschuss.
    • Politisch brachte 70 n.Chr. nicht das Ende, sondern die Festigung heidnischer Kaiserherrschaft (Vespasian).
    • „Umgekehrte Typologie“ (Israel = heidnische Mächte) wirkt konstruiert und theologisch hart.

II. Alternative Strukturvorschlag des Referenten

  • Ausgangspunkt: Die Jünger verknüpfen Tempelzerstörung, Parusie und Weltenende gedanklich eng (Mt 24,3).
  • Jesu Hauptanliegen: Es kommt eine Verzögerung (delay) zwischen Tempelzerstörung und endgültigem Ende.
  • Gliederung:
    1. V. 4–28 – „Wehen des Messias“: gesamte Zwischenzeit vom ersten bis zum zweiten Kommen, gekennzeichnet durch Verführung, Verfolgung, weltweite Krisen.
      • Besondere Spitze dieser Wehen: V. 15–21 – Fall Jerusalems 70 n.Chr.
    2. V. 29–31 – Unmittelbar nach dieser Zwischenzeit erscheint der Menschensohn sichtbar in Herrlichkeit.
    3. V. 32–35 – Rückblickende Bewertung der Zeichenphase (V. 4–28).
  • Ziel: Exegese der kommenden Abschnitte soll zeigen, wie diese Struktur sowohl Zeitmarker als auch Textlogik wahrt.

Buchhinweis: Rick Riordans Appollo-Serie

Mit meinem Jüngsten höre ich zur Zeit die Appollo-Serie von Rick Riordan an (siehe mein Beitrag zu Percy Jackson). Dabei helfen mir zum Folgen Kapitelzusammenfassungen (hier, hier und hier). Und ja – es wird in diesen Romanen eine gehörige Portion Weltanschauung bzw. aktuelle Themen eingeschleust. Diese gilt es zu adressieren. Google kreiert folgende (KI-)generierten Überblick:

Rick Riordan’s worldview, particularly evident in his Percy Jackson series and subsequent works, centers on mythology, diversity, and inclusivity, with a focus on making stories accessible and engaging for young readers. He integrates elements of various mythologies (Greek, Roman, Norse, Egyptian) into modern settings, creating a shared universe where different pantheons coexist. His stories often explore themes of family, friendship, courage, and self-discovery, while also addressing issues like dyslexia and ADHD through his characters. 

Für den ersten Band der Appollo-Serie werden folgende Themen gelistet:

  • Apollos Erniedrigung zum Menschen erinnert an seine mythische Sklavenzeit bei König Admetos; sie spiegelt heute die Identitäts- und Körperbildkrisen vieler Teenager, die sich plötzlich in einem „unperfekten“ Körper wiederfinden.
  • Der erneute Kampf gegen Python knüpft direkt an die Gründungssage des Orakels von Delphi an und wird mit der modernen Angst vor Desinformation kombiniert: Ohne funktionierende Prophezeiungen bricht das gesamte Kommunikations- und Reisesystem der Halbblute zusammen wie unsere digitale Infrastruktur bei Netzausfällen.
  • Die Nosoi, antike Pestgeister, bringen Seuchenfurcht aus den Mythen ein; ihre Krankheitsschläge erinnern an globale Pandemien des 21. Jahrhunderts und zeigen, wie rasch Gesellschaften – oder Camps – durch Infektionen lahmgelegt werden.
  • Dodona, das älteste Zeus-Orakel, verkörpert uralte Naturmystik, während sein drohendes Abbrennen das heutige Thema von Waldbränden, Klimakrise und Ressourcenausbeutung aufgreift.
  • Die Dryaden, Karpoi und Palikoi entspringen der klassischen Vorstellung beseelter Natur; ihr Überleben hängt jedoch von Umweltschutz ab – ein klarer Kommentar zur ökologischen Bewegung unserer Zeit.
  • Triumvirate Holdings verknüpft vergöttlichte römische Kaiser mit dem Bild multinationaler Konzerne, die politische Konflikte anheizen und Märkte beherrschen – ein Spiegel moderner Debatten über Corporate Power und Lobbyismus.
  • Neros Rolle als grausamer „Stiefvater“ aktualisiert den Mythos vom tyrannischen Imperator zu einem Narrativ über häusliche Gewalt, Grooming und toxische Erziehungsstrukturen.
  • Rhea, die Titanenmutter, tritt als Hippie-Heilerin auf und verbindet archaische Muttergottheit mit New-Age-Selbstfindungskultur und alternativen Therapien.
  • Die Colossus-Statue spielt auf den antiken Koloss von Rhodos an; ihr Kampf in New York erinnert an moderne Katastrophenszenarien aus Superhelden-Filmen und stellt Fragen nach urbaner Sicherheit und Infrastruktur-Resilienz.
  • Das Drei-Bein-Todesrennen parodiert heroische Prüfungen der Mythologie, während es zugleich den Nerv von Reality-TV-Shows, Extremsport-Challenges und Gamification-Trends trifft.
  • Camp Half-Bloods vielfältige Satyrn, Nymphen und Demigods aktualisieren das antike Götter-Panorama zu einer inklusiven Community, Multikulturalität und neurodiverse Figuren selbstverständlich integriert.
  • Apollos Schwur, keine Musik mehr zu spielen, spiegelt die mythische Macht der Künste, wird aber als künstlerische Blockade erzählt – ein Motiv, das heutige Kreative zwischen Leistungsdruck und Selbstzweifel gut kennen.

Biografie: Thomas Sowells intellektuelle Odyssee

Fasziniert vertiefte ich mich mit dem biografischen Hintergrund des US-Ökonomen Thomas Sowell (* 1930). Hier sind einige Lebensereignisse und intellektuelle Wendestellen:

·  1929: Geboren in North Carolina, sein leiblicher Vater Henry starb vor seiner Geburt. 

·  Frühe Kindheit: Von seiner Tante Molly (Mamie Sowell) adoptiert, da seine leibliche Mutter als Alleinerziehende mit vier weiteren Kindern nicht für ihn sorgen konnte. 

·  Vor 1933: Seine Adoptiv-Cousine Bertie brachte ihm vor seinem vierten Lebensjahr das Lesen bei. 

·  1936: Begann die Schule mit 7 Jahren (ein Jahr später als üblich wegen einer Krankheit). 

·  1939: Umzug mit der Adoptivfamilie nach Harlem, New York, im Alter von fast 9 Jahren. 

·  Frühe New Yorker Jahre: Wurde einem Jungen namens Eddie Mapp vorgestellt, der ihn in die öffentliche Bibliothek einführte – ein entscheidender Wendepunkt in seinem Leben. 

·  Schulzeit in New York: Wurde trotz anfänglicher Anpassungsschwierigkeiten in eine spezielle Klasse für fortgeschrittene Schüler (die “r-Klasse”) eingestuft. 

·  Jugend: Erhielt die Genehmigung, die besser angesehene Junior High School 43 zu besuchen, die in einer besseren Gegend lag. 

·  Schulkonflikt: Hatte in der 8. Klasse einen Konflikt mit einem Lehrer (Mr. Leonard), der zu seiner Versetzung in eine normale Klasse führte. 

·  Highschool: Bestand die Aufnahmeprüfung für die elitäre Stuyvesant High School. 

·  Studienabbruch: Nach einer Krankheit konnte er den verpassten Stoff nicht aufholen und begann, die Schule zu schwänzen. 

·  1946: Mit 16 Jahren verließ er die Schule und nahm eine Vollzeitstelle als Western Union-Bote an. 

·  Januar 1948: Mit 17 Jahren verließ er das Haus seiner Adoptivmutter mit einem kleinen Koffer, der alles enthielt, was er besaß. 

·  1948-1949: Erlebte wiederholte Arbeitslosigkeit und musste unermüdlich nach Arbeit suchen; in einer besonders schwierigen Zeit verpfändete er seinen einzigen Anzug, um Essen kaufen zu können. 

·  Bildungswillen: Besuchte trotz finanzieller Not die Abendschule an der Washington Irving High School. 

·  Intellektuelle Neugier: Kaufte trotz extremer Armut eine alte Enzyklopädie für 1,17 Dollar und las regelmäßig die New York Times. 

·  Ideologische Prägung: Kam erstmals mit den Ideen von Karl Marx in Berührung, die ihn für das nächste Jahrzehnt beeinflussen sollten. 

·  1950: Zog nach Washington, D.C. und nahm Kontakt zu seiner leiblichen Familie auf. 

·  30. Oktober 1951: Wurde zum Militärdienst einberufen und dem Marine Corps zugeteilt. 

·  Militärzeit: Wurde nach guten Testergebnissen zur Fotografenschule an der Naval Air Station in Pensacola, Florida, geschickt. 

·  Nach dem Militär: Kehrte zum Studium zurück und begann an der Howard University zu studieren, während er gleichzeitig Vollzeit arbeitete. 

·  Studienfokus: Reduzierte seine Kurslast von 15 auf 9 Stunden, als er erkannte, dass sein ursprünglicher Plan zu anspruchsvoll war. 

·  Kritisches Denken: Empfand die Howard University als intellektuell nicht anspruchsvoll genug und schrieb einen kritischen Brief an den Dekan über die niedrigen akademischen Standards. 

·  Aufstiegswille: Bewarb sich an Harvard, Yale, Wisconsin und Columbia, wobei Harvard ihm schließlich ein kleines Darlehen anbot. 

·  Harvard-Anfang: Seine akademische Situation war zunächst äußerst prekär; bei den Zwischenprüfungen erhielt er zwei Ds und zwei Fs. 

·  Studienmethodik: Änderte radikal seine Studienmethoden, schlief nach dem Abendessen ein und wachte mitten in der Nacht auf, um zu studieren. 

·  Harvard-Erfolg: Schloss sein Studium mit magna cum laude ab, wobei sein Interesse an der marxistischen Wirtschaftstheorie zu einer hervorragenden Abschlussarbeit führte. 

·  Weiterbildung: Nahm ein Angebot der Columbia University für ein Graduiertenstudium an. 

·  University of Chicago: Dank einer starken Empfehlung erhielt er ein Stipendium und wurde von Milton Friedman betreut. 

·  Ideologische Wende: Während eines Sommerpraktikums im Arbeitsministerium begann er, seine marxistischen Überzeugungen zu überdenken, nachdem er empirische Hinweise darauf entdeckte, dass der Mindestlohn in Puerto Rico Arbeitsplätze vernichtete. 

·  Lehrtätigkeit: Begann als Dozent am Douglas College in New Jersey und stellte hohe akademische Anforderungen an seine Studentinnen. 

·  Howard-Rückkehr: Kehrte als Dozent an die Howard University zurück, wo er strenge Maßnahmen gegen Betrug einführte. 

·  Wirtschaftserfahrung: Nahm eine Stelle bei AT&T an, dem damals weltgrößten Unternehmen. 

·  Cornell-Zeit: Nahm ein Angebot der Cornell University an, obwohl dies einen Gehaltsrückgang von fast 25% bedeutete. 

·  1966-68: Sorge um Sohn John, der bis fast vier Jahre kaum sprach, trotz erstaunlicher kognitiver Fähigkeiten. 

·  1968: Organisierte eine Rockefeller-finanzierte Sommerschule für Top-Studierende historisch schwarzer Colleges und erzielte beeindruckende Leistungssteigerungen. 

·  1969: Nach Konflikten an Cornell wechselte er zur Brandeis University. 

·  1970: Erhielt eine Associate-Professur mit Tenure an der UCLA. 

·  1970: Schrieb in rasantem Tempo ein Einführungslehrbuch (Principles of Economics). 

·  1972-1974: Leitete das Ethnic Minorities Research Project am Urban Institute in Washington. 

·  1974: Kehrte zur UCLA zurück und startete kleinere, unabhängige Forschungsprojekte. 

·  1975: Begann die Arbeit an seinem bedeutendsten Werk Knowledge and Decisions

·  1975: Nahm an einer Debatte über Affirmative Action im Weißen Haus teil und argumentierte mit frischen Forschungsergebnissen gegen die vorherrschenden Annahmen. 

·  1978: Vollendete den ersten Entwurf von Knowledge and Decisions – das längste, anspruchsvollste und aus seiner Sicht beste Buch. 

·  1980: Wurde Senior Fellow am Hoover Institution – seine längste und erfüllendste berufliche Position, die ihm ermöglichte, sich vollständig auf Forschung zu konzentrieren. 

·  1980: Mediale Aufmerksamkeit während des Präsidentschaftswahlkampfs, obwohl seine tatsächliche Beteiligung am Reagan-Wahlkampf minimal war. 

·  1981: Organisierte die “Black Alternatives Conference”, um der medialen Fiktion einer monolithischen schwarzen politischen Meinung entgegenzuwirken. 

·  Ab 1982: Unternahm internationale Reisen (1984 und 1987 Weltumrundungen) für seine geplante Trilogie über Kultur und Migration. 

·  1987: Setzte sich für die Supreme-Court-Nominierung von Robert Bork ein und sagte als Zeuge vor dem Senats-Justizausschuss aus. 

·  1993: Begann sein unerwartetes Forschungsabenteuer zu “Late-Talking Children”, inspiriert durch die Erfahrungen mit seinem Sohn, und veröffentlichte 1997 ein Buch zu diesem Thema.

Umfassend in Sowells “A Personal Odyssey”.

Buchhinweis: Transportierte Moral in der Kinderliteratur von 100 Jahren

Dank KI-Möglichkeiten konnte ich eine Idee umsetzen, nämlich Ida Bindschedlers Heimtroman “Die Leuenhofer”, angelehnt an ihre eigene Lehrtätigkeit im Limmtattal der 1860er. Welche Moral wird im Werk transportiert? Hier eine Auswahl:

Armut

  • Armut wird nicht stigmatisiert, sondern als normale Lebensrealität mancher Familien dargestellt
  • Den kranken Georg Hammerbach, der aus einfachen Verhältnissen stammt, verteidigt Herr Schwarzbeck trotz des Verdachts
  • Nuschka wird trotz ihrer ärmlichen Herkunft (als Waise eines Kunstreiters) in die Gemeinschaft integriert
  • Gegenseitige Unterstützung in finanziellen Notlagen wird als selbstverständlich dargestellt (z.B. die Spende für den alten Mann mit dem Äffchen)

Bildung

  • Bildung wird als Weg zu persönlicher Entfaltung und besseren Lebenschancen hochgeschätzt
  • Lernschwierigkeiten (wie bei Nuschka oder Alwine) werden nicht verurteilt, sondern mit Geduld begegnet
  • Praktische Fähigkeiten werden ebenso wertgeschätzt wie schulisches Wissen (Nuschkas artistische Fähigkeiten)
  • Herr Schwarzbeck fördert kritisches Denken und moralische Reflexion neben Faktenwissen

Familie

  • Die Familie wird als primärer Ort der Geborgenheit und emotionalen Sicherheit dargestellt
  • Trennung von der Familie (Annelis Mutter arbeitet in der Stadt) wird als schmerzhafte Belastung für Kinder gezeigt
  • Großeltern übernehmen wichtige Erziehungs- und Betreuungsaufgaben (Annelis Großmutter)
  • Familiäre Bindungen werden über materielle Werte gestellt
  • Der Verlust von Familienmitgliedern (Georgs Tod, Annelis verstorbener Vater) wird als tiefgreifende emotionale Erschütterung dargestellt
  • Die Schulgemeinschaft übernimmt teilweise familiäre Funktionen

Umweltkatastrophe

  • Naturkatastrophen wie Hochwasser werden als ernsthafte Bedrohung, aber auch als Teil des Naturzyklus gesehen
  • Gemeinschaftliche Anstrengungen zur Bewältigung von Naturkatastrophen werden positiv bewertet
  • Mut und Selbstaufopferung in Notsituationen werden als vorbildlich dargestellt (Johanna Sebus, Ottilies Rettung)
  • Respekt vor den Naturgewalten wird vermittelt
  • Praktisches Wissen über die lokale Umgebung und ihre natürlichen Gefahrenstellen ist wichtig

Solidarität im Dorf

  • Starker Zusammenhalt innerhalb der Dorfgemeinschaft in Krisensituationen (Hochwasser, Krankheit)
  • Gegenseitige Hilfe und Unterstützung werden als selbstverständlich betrachtet
  • Gemeinsames Erleben stärkt den Zusammenhalt (Schulausflug, Examenfeier, Theateraufführung)
  • Die “Leuenhofer” entwickeln eine starke Gruppenidentität über ihre Schulzugehörigkeit
  • Reintegration von Ausgegrenzten wird als gemeinschaftliche Aufgabe gesehen (Georgs “Ehrenrettung”)

Rücksicht für Benachteiligte

  • Besondere Fürsorge für körperlich oder seelisch Schwächere wird als ethische Pflicht betrachtet
  • Herr Schwarzbeck fördert aktiv die Integration von Außenseitern (Nuschka, Georg)
  • Die Kinder lernen, über anfängliche Vorurteile hinauszuwachsen (gegenüber Nuschka, den Ferlikonern)
  • Mitgefühl für das Leid anderer wird den Kindern vermittelt (Anneli, Georg, der alte Mann mit dem Äffchen)
  • Die Gemeinschaft nimmt Rücksicht auf individuelle Schwächen (Alwines Prüfungsangst)
  • Besonders verletzliche Menschen verdienen besonderen Schutz (kranke Kinder, alte Menschen)
  • Ungerechte Vorwürfe gegen Benachteiligte werden als besonders schwerwiegend bewertet

Respekt gegenüber älteren Menschen

  • Ältere Menschen werden als Wissensträger und Ratgeber geschätzt (der alte Bezold mit seinen Geschichten)
  • Die Spitalbesuche zeigen, dass ältere Menschen Zuwendung und Unterhaltung brauchen
  • Die Kinder lernen, dass ältere Menschen trotz körperlicher Einschränkungen wertvoll sind
  • Die Bedürfnisse älterer Menschen werden ernst genommen (das Vorlesen für die Spitalleute)
  • Anfängliche Abneigung (gegen Frau Kradolfer) weicht echtem Interesse und Respekt
  • Generationenübergreifende Beziehungen werden als bereichernd für beide Seiten dargestellt

Verhältnis zum Besitz

  • Eigentum sollte respektiert, aber nicht überbewertet werden
  • Diebstahl wird eindeutig als moralisch falsch bewertet
  • Teilen wird als wichtiger Wert vermittelt (die Birnen, die Examenwecken)
  • Bescheidenheit wird positiv bewertet (der “brave Mann” lehnt die Belohnung ab)
  • Materielle Gegenstände haben einen untergeordneten Wert im Vergleich zu Freundschaft und Ehre
  • Großzügigkeit wird gewürdigt (die Kinder verzichten auf Essen und Leiterwagen für den alten Mann)

Autoritätsfiguren

  • Herr Schwarzbeck wird als gerechte, verständnisvolle, aber auch fordernde Autorität dargestellt
  • Der Pfarrer ist eine respektierte, aber zugängliche und manchmal humorvolle Figur
  • Eltern haben natürliche Autorität, die auf Liebe und Fürsorge basiert
  • Autoritätspersonen dürfen Fehler machen und Schwächen zeigen
  • Autoritätspersonen haben eine besondere Verantwortung für Schwächere
  • Autoritäten verdienen Respekt durch ihr Verhalten, nicht nur durch ihre Position

Konflikte lösen

  • Dialogbereitschaft wird als Grundlage für erfolgreiche Konfliktlösung dargestellt
  • Vermittlung durch Dritte (Herr Schwarzbeck, der Pfarrer) hilft bei verfahrenen Situationen
  • Gemeinsame Erlebnisse führen zur Überwindung von Feindschaften (Ferlikoner und Heimstetter)
  • Persönlicher Kontakt entschärft Konflikte, die auf Vorurteilen beruhen (beim Treffen an der Ferlikoner Brücke)
  • Die Übernahme von Verantwortung für eigene Fehler wird als wichtig für die Konfliktlösung betrachtet
  • Gegenseitiges Verständnis entwickelt sich durch das Erkennen gemeinsamer Interessen (Rettung des Kasperli)
  • Kompromissbereitschaft wird als Stärke, nicht als Schwäche bewertet
  • Statt Vergeltung zu üben, sollen Kinder nach konstruktiven Lösungen suchen (statt der Katzenmusik für Herrn Heuerlein)
  • Vorschnelle Urteile führen zu unnötigen Konflikten (Georgs Fall zeigt dies deutlich)

Rituale in der Jahreszeit/Brauchtum

  • Jahreszeitliche Rituale strukturieren das Gemeinschaftsleben und schaffen Identität
  • Das Fastnachtsfeuer auf dem Hügel verbindet die Generationen und schafft lokale Identität
  • Nikolaustag mit dem Duft von Tannenzweigen und den ersten Tirgel (Honigküchlein) leitet die Weihnachtszeit ein
  • Weihnachten mit Christbaum, Lichtern und Geschenken als wichtigstes Familienfest
  • Die besonderen Examentage mit ihren Traditionen (Examenwecken, Kaffeetrinken im Schulzimmer)
  • Das Sammeln von Frühlingsblumen markiert den Beginn des neuen Jahreszyklus
  • Die Theateraufführung im Spital als gemeinschaftsbildendes Ritual
  • Saisonale Spiele der Kinder folgen traditionellen Mustern (Marbel- und Kreiselspiel im Frühling)

Verhältnis zum Staat/Behörden

  • Autoritäten werden respektiert, aber nicht unkritisch hingenommen
  • Der Schulvorstand und die Schulpflege werden als wohlwollende, aber distanzierte Institutionen dargestellt
  • Der Gemeindepräsident wird als respektierte, aber zugängliche Amtsperson gezeigt
  • Lokale Behörden sind im Alltag präsenter und wichtiger als entfernte staatliche Institutionen
  • Behörden werden durch konkrete Personen repräsentiert, nicht als abstrakte Entitäten wahrgenommen
  • Die Städtchen-Verwaltung kümmert sich um praktische Belange (Straßen, Brücken, Hochwasserschutz)
  • Der Polizeidiener Freudweiler ist Teil der Gemeinschaft, nicht bloß Vertreter staatlicher Gewalt
  • Staatsbürgerliche Bildung wird durch patriotische Lieder und Geschichten über die Schweiz vermittelt

Umgang mit Fremden

  • Anfängliches Misstrauen gegenüber Fremden (Nuschka) kann durch Kennenlernen überwunden werden
  • Die Integration von Nuschka zeigt, dass Fremdheit nicht dauerhaft sein muss
  • Vorurteile gegenüber “Fremden” (Kunstreiter, Seiltänzer) werden kritisch reflektiert
  • Fremdes weckt sowohl Neugier als auch Unbehagen (die Kinder sind fasziniert und verunsichert von Nuschka)
  • Das Kennenlernen fremder Lebensweisen (Nuschkas Artistenleben) erweitert den Horizont der Kinder
  • Die Feindschaft zwischen Heimstetter und Ferlikoner Kindern basiert auf Unkenntnis des “Fremden”
  • Der alte Mann mit dem Äffchen wird trotz seiner Fremdheit mit Mitgefühl behandelt
  • Hans Mössmer, der aus der Ferne zurückkehrende ehemalige Schüler, wird herzlich willkommen geheißen
  • Die fremde Frau Breitenstein zeigt durch ihren Brief, dass Fremde nicht notwendigerweise kalt oder abweisend sind

Predigt: Gottes Wort in der Post-Truth-Gesellschaft

John Stotts Auslegung (1967) zu 2Tim 3,15-17:

VersWortlautHauptbeobachtungen Stotts
15a
«und weil du von Kindheit an die heiligen Schriften kennst …»
– Hēra brephous → „seit dem Säuglingsalter“: Der Glaube beginnt im Elternhaus (Lois & Eunike).
– Hierá grám­mata betont die Heiligkeit des AT als göttliche Offenbarung.
Familiäre Katechese: Frühkindliche Schriftprägung ist Gottes gewöhnlicher Weg, Leiter hervorzubringen.
15b
«… die Kraft haben, dich weise zu machen zur Rettung …»
– Schrift besitzt dynamis: innere Wirksamkeit.
– sophisai (Aorist‑Inf.): Ziel ist Heilsweisheit, nicht akademisches Wissen.
– Rettung = ganze Heilsordnung (Rechtfertigung – Heiligung – Verherrlichung).
Zielrichtung der Bibel: soteriologisch, nicht primär naturwissenschaftlich; sie zeigt Gottes Weg zum Heil.
15c
«… durch den Glauben an Christus Jesus.»
– Schrift alleine rettet nicht; sie führt zu Christus.
– AT und apostolische Botschaft bilden eine Einheit, weil beide auf den Messias verweisen.
Christozentrik: Die Bibel ist kein Selbstzweck (keine „Bibliolatrie“), sondern Zeuge für den einen Retter.
16a
«Alle Schrift ist von Gott gehaucht(theopneustos)…»
– Ein einziges Wort: theo‑pneustos = „gottgehaucht“, besser «ausgehaucht» als «einge­haucht».
– Umfasst mind. das ganze AT; wohl auch die apostolische Lehre («was du von mir gelernt hast»).
Inspiration: Ursprung bei Gott, Vermittlung durch Menschen ohne Aufhebung ihrer Persönlichkeit → höchste Autorität.
16b
«… und nützlich(ōphelimos)…»
– Göttlicher Ursprung begründet menschlichen Nutzen.
– Nutzen wird vierfach entfaltet.
Korrelation: Weil schriftgöttlich, darum praktisch verwertbar.
16c
1. «zur Lehre(didaskalia)»
Vermittelt positive Glaubens­inhalte; baut christliche Dogmatik auf.Orthodoxie sichern
16d
2. «zur Überführung(elegchos)»
Entlarvt Irrtum, korrigiert falsche Weltanschauungen.Apologetik/Pole­mik gegen Häresien
16e
3. «zur Zurechtweisung / Wieder­herstellung (epanorthōsis)»
Richtet fehlgeleitetes Verhalten wieder auf; moralische Rehabilitation.Ethik – Umkehr ermöglichen
16f
4. «zur Erziehung in Gerechtigkeit (paideia)»
Kontinuierlicher Trainings­prozess – Formung des Charakters gemäß Gottes Maßstab.Spiritual Formation
17
«damit der Mensch Gottesvollkommen sei, ausgerüstet zu jedem guten Werk.»
– Anthrōpos theou: ursprünglich Propheten­titel → heute jeder, der Gott gehört; besonders Leiter.
– artios = vollkommen, ganz; exērtismenos = vollständig ausgerüstet (Militär‑/Sport­bild).
Endziel: Ganzheitliche Reife (Glaube + Verhalten) → praktische Dienstbefähigung in Gemeinde & Welt.

Zusammenfassung der Auslegung

  1. Historischer Kontext
    • Timotheus’ lebenslange Schriftprägung steht als positives Gegenbild zur kultischen Scheinfrömmigkeit (3,5) und zur Irrlehre (3,13).
    • Paulus betont Kontinuität: Seine apostolische Lehre ent-spricht den alttestamentlichen Schriften, ist also keine Neuerfindung.
  2. Natur der Schrift
    • Sie ist theopneustos: Ursprung bei Gott, vermittelt durch Menschen – Autorität und Irrtums­losigkeit in allem, was sie lehrt über Glauben und Leben.
    • „Inspiration“ wird besser als Exspiration (Gottes Aushauchen) verstanden.
  3. Zweck der Schrift
    • Soteriologisch: führt zu „Weisheit, die rettet“ – Zentrum ist Jesus Christus.
    • Didaktisch & pädagogisch: vierfache Nützlichkeit (Dogmatik, Apologetik, Ethik, Formung).
    • Teleologisch: Ziel ist der vollständig zugerüstete Mensch Gottes, fähig zu jedem guten Werk – also Dienst‑ und Kulturverantwortung.
  4. Praktische Impulse nach Stott
    • Kirchliche Leiterschaft: Dienst ohne solide Schriftbasis ist illegitim.
    • Erziehung & Familie: Eltern tragen Hauptverantwortung, Kindern früh die Bibel nahezubringen.
    • Gemeindliche Jüngerschaft: Predigt und Unterricht müssen gleichermaßen lehrhaft, korrigierend, aufbauend und formend sein.
    • Mission & Gesellschaft: In einer „post‑truth culture“ bleibt die gottgehauchte Schrift das verlässliche Fundament für Wahrheit, Menschenwürde und verantwortliches Handeln.

Vortrag: Gesamteinschätzung von Karl Barths Theologie

Wie ist Karl Barths Theologie einzuordnen? Hier der Abriss einer stark eher an Cornelius van Tils radikaler Kritik anschliessender, jedoch eigenständiger Vorlesungsreihe von Jim Cassidy und Lane Tipton.

I. Barths theologische Ontologie und Offenbarungsverständnis

A. Offenbarungslehre: direkt oder indirekt?

  • Van Til kritisiert bei Barth, dass Offenbarung für ihn nur indirekt zugänglich sei, obwohl sie in “Gottes Zeit” direkt stattfindet.
  • Barth entwickelt eine dialektische Zwei-Sphären-Struktur:
    • “Historie” (unsere gewöhnliche Zeit): Hier ist Gott völlig verborgen
    • “Geschicht(e)” (Gottes Zeit für uns): Hier ist Gott völlig offenbart
  • Die beiden Sphären sind dialektisch aufeinander bezogen, können jedoch nie identisch werden.
  • Für Barth findet wahre Offenbarung nur in Jesus Christus statt, nicht in der Schrift oder Natur.
  • Die Bibel ist für Barth nicht selbst Offenbarung, sondern nur Zeugnis der Offenbarung.

B. Barths aktualistisches Gottesverständnis

  • Gott hat sein Sein in seiner Tat der Gnade in Jesus Christus.
  • Es gibt keinen Gott “hinter” dem Gott, der sich in Jesus Christus offenbart.
  • Gottes Sein ist mit seiner Offenbarungstat identisch.
  • Van Til nennt dies “Aktivismus”: Für Barth konstituiert die Tat Gottes sein Wesen.
  • Barth lehnt die traditionelle metaphysische Gotteslehre ab, nach der Gott ein unveränderliches, selbstgenügsames Wesen besitzt.

C. Korrelativismus

  • Van Til kritisiert bei Barth einen “Korrelativismus”: Gott und Mensch bestimmen sich gegenseitig in Jesus Christus.
  • Gott und Mensch haben eine wechselseitige Beziehung, in der beide aufeinander angewiesen sind.
  • In Jesus Christus sind Gott und Mensch vollständig identifiziert – in “Gottes Zeit für uns”.
  • Die Beziehung zwischen Gott und Mensch in Jesus Christus ist christologisch qualifiziert.
  • Für Barth gibt es keinen Gott “in sich selbst” unabhängig von seiner Beziehung zum Menschen.

II. Barths Christologie und Soteriologie

A. Kein Übergang von Zorn zu Gnade

  • Van Til kritisiert, dass es in Barths Theologie keinen historischen Übergang vom Zorn Gottes zur Gnade gibt.
  • Bei Barth findet der Sühneopfertod Christi nicht in unserer Zeit, sondern in Gottes Zeit für uns statt.
  • Die Kreuzigung und Auferstehung sind keine sequentiellen historischen Ereignisse, sondern ein einziges Ereignis in “Gottes Zeit”.
  • Für Barth ist die Rechtfertigung nicht etwas, das in der Zeit geschieht, sondern etwas, das in Gottes Zeit für uns bereits geschehen ist.
  • Der Mensch begegnet Gott nicht in unserer Zeit, sondern nur in der besonderen Geschichte Gottes.

B. Barths angeblicher Universalismus

  • Van Til argumentiert, dass Barths Gnadenlehre zu einem Universalismus führt.
  • In Jesus Christus versöhnt Gott sich mit der Menschheit in der Menschheit Christi.
  • Christi Menschheit ist nicht nur seine eigene, sondern die Menschheit aller Menschen.
  • Christus ist sowohl der Erwählte als auch der Verworfene, wodurch die doppelte Prädestination aufgehoben wird.
  • Barth qualifiziert seinen Universalismus: Man könne nicht behaupten, dass alle Menschen gerettet werden, aber auch nicht das Gegenteil.
  • Van Til sieht diese Qualifizierung als konsistent mit Barths dialektischem Denkansatz.

C. Barths Ablehnung des Werkbundes

  • Barth lehnt die reformierte Lehre vom Werkbund (Bund der Werke) ab.
  • Für Barth gibt es keine Zeit der Unschuld Adams vor dem Fall – der erste Mensch war sofort der erste Sünder.
  • Barth versteht Adam als Symbol für jeden Menschen, nicht als historische Person mit ursprünglicher Gerechtigkeit.
  • Der Gnadenbund ist für Barth der einzige Bund, der existiert hat und existieren kann.
  • Jesus Christus ist der wahre Mensch, der in unmittelbarer Beziehung zum Sein Gottes steht.

III. Barths Schöpfungslehre

A. Genesis 1,1 und das Problem der mythischen Kosmologie

  • Für Barth ist Genesis 1,1 von heidnischer Mythologie beeinflusst und daher kein verlässliches Zeugnis.
  • Barth wendet sich stattdessen dem “Wort Gottes” zu, das Jesus Christus selbst ist.
  • Für Barth entspricht “Himmel” dem Sein und Handeln Gottes, “Erde” dem Sein und Handeln des Menschen.
  • Die Verbindung von Himmel und Erde entspricht dem Bund, in dem göttliches und menschliches Sein und Handeln zusammentreffen.

B. Das “Wort Gottes” bei Barth

  • Das Wort Gottes in seiner grundlegenden Form ist für Barth nicht die Schrift, sondern Jesus Christus selbst.
  • Die Schrift und die Predigt sind nur Zeugnisse des Wortes Gottes, nicht das Wort Gottes selbst.
  • Das Wort Gottes befasst sich mit Gott und dem Menschen, nicht mit einer Kosmologie von Himmel und Erde.
  • Es vermittelt eine Ontologie des Menschen, der unter dem Himmel und auf der Erde lebt.

C. Teilhabe an Jesus Christus

  • Für Barth nimmt Jesus Christus als “wahrer Mensch” unmittelbar am aktualisierten Wesen Gottes teil.
  • Adam und Eva nehmen indirekt am Sein Jesu Christi teil – sogar bevor sie ihn kennen oder an ihn glauben.
  • Dies führt zu einer ontologischen Bestimmung des Menschen durch Jesus Christus.
  • Wahrer Mensch zu sein bedeutet, an Jesus Christus teilzuhaben.

IV. Vergleich und Kritik

A. Die tiefere protestantische Konzeption vs. Barths modernistische Konzeption

  • Die tiefere protestantische Konzeption (Van Til, Vos, Klein, etc.) betont:
    • Gottes unveränderliches Sein unabhängig von der Schöpfung
    • Die “Indoxation” des Geistes und “Inkoronation” des Sohnes im himmlischen Tempel
    • Gottes Herablassung zu Adam im Werkbund
  • Barths modernistische Konzeption lehnt all dies ab und ersetzt es durch:
    • Gottes Sein als bestimmt durch seine Beziehung zur Schöpfung in Jesus Christus
    • Das “Wort Gottes” als primordiales Ereignis der Gnade
    • Den Gnadenbund als einzigen Bund

B. Van Tils Kritik an Barths Korrelativismus im Christusereignis

  • Van Til erkennt mit bemerkenswerter Klarheit Barths aktualisierte Gotteslehre und die wechselseitige Beziehung zwischen Gott und Mensch in Jesus Christus.
  • Er sieht den Universalismus als inhärent in Barths Gnadenkonzeption.
  • Van Til betont, dass für Barth Jesus Christus sowohl der Grund des Wissens als auch des Seins für den Menschen ist.

C. Van Til über Barth und den nachvatikanischen Katholizismus

  • Van Til sieht Ähnlichkeiten zwischen Barths Theologie und dem nachvatikanischen Katholizismus (Rahner, Küng).
  • Beide betonen die Teilhabe der Menschheit an der ontologischen Selbstmitteilung Gottes in Jesus Christus.
  • Beide lehnen die tiefere protestantische Konzeption des Werkbundes ab.
  • Barths Aktualisierungslehre und Rahners sakramentale Lehre stehen gemeinsam im Gegensatz zur konfessionellen reformierten Theologie.

Theologische Gesamteinschätzung

  1. Barths Theologie ist eine radikale Neuformulierung des christlichen Glaubens, die mit traditionellen reformierten Überzeugungen bricht.
  2. Barth entwickelt eine dialektische Theologie, die versucht, sowohl Gottes Transzendenz als auch seine Immanenz in Jesus Christus zu bewahren.
  3. Van Til und andere reformierte Kritiker sehen in Barths Korrelativismus eine gefährliche Aufweichung des Unterschieds zwischen Schöpfer und Geschöpf.
  4. Barths Ablehnung des Werkbundes und seine Neuinterpretation von Adam untergraben die klassische reformierte Bundestheologie.
  5. Barths Christozentrismus führt zu einem “aktualisierten Anthropozentrismus”, der für Van Til und andere Kritiker problematisch ist.
  6. Trotz Barths Rhetorik gegen den Katholizismus gibt es tiefe Ähnlichkeiten zwischen seiner Theologie und dem transzendentalen Thomismus.
  7. Barths dialektische Methode erlaubt ihm, “Ja” und “Nein” gleichzeitig zu sagen, was für reformierte Kritiker unzulässige logische Widersprüche darstellt.
  8. Die Stärke von Barths Theologie liegt in ihrer christologischen Konsequenz; ihre Schwäche in der Ablehnung direkter Offenbarung in Schrift und Natur.
  9. Barth versucht, die Souveränität Gottes zu bewahren, untergräbt sie aber paradoxerweise durch seinen Korrelativismus.
  10. Die Grundfrage bei der Beurteilung Barths bleibt, ob seine dialektische Methode eine legitime Weiterentwicklung oder eine inakzeptable Verzerrung der reformierten Tradition darstellt.

Vortrag: Aleksandr Solzhenitsyn – Biografie, Werk, Lernfelder

In zwei Einheiten trug ich zu Biografie (52 Minuten), Werk und Lernfeldern (45 Minuten) von Aleksandr Solzhenitsyn (1918 – 2008) vor. Vor einigen Jahren habe ich zudem einen einführenden Text verfasst. Als Einführung in sein umfangreiches Werk kann ich insbesondere “The Solzhenitsyn Reader: New and Essential Writings, 1947-2005” empfehlen.

Dies sind einige Lernpunkte, die ich mitnehme:

Ehe und gemeinsame Ausrichtung

  • Solženičyns erste Ehe scheitert an zehnjähriger Entfremdung, weil Krieg, Lager, Heimlichkeiten und ideologische Gräben den gemeinsamen Boden zerstören.
  • Die zweite Ehe (ab 1973) hatte eine andere Grundlage, weil Alexander und Natalja ihre Verbindung bewusst auf dasselbe Ziel ausrichteten. Als Christen steht uns das stärkste einende Ziel vor Augen. Ausdruck dafür ist das gemeinsame Gebet.

Selbstführung unter äußerstem Druck

  • Im Gulag lernt Solzhenitsyn, dass die „letzte Freiheit des Menschen“ darin besteht, innerlich Stellung zu seinen Umständen zu beziehen, auch wenn alle äußeren Parameter festgelegt sind.
  • Die Formel „Nicht mit der Lüge leben“ bleibt eine Minimalstrategie für Christen in jeder Phase.
  • Besonders eindrücklich sind die fix in den strengen Alltag der Zwangsarbeit eingebauten Memorier-Einheiten.

Reue und Selbstbeschränkung

  • Der Schriftsteller erklärt in der Templeton-Rede, Russlands Tragödien seien entstanden, „weil die Menschen Gott vergessen haben“ und somit die Fähigkeit zur Reue verloren haben.
  • Er fordert sowohl Individuen als auch Staaten zu bewusster Selbstbeschränkung auf, weil dies erst Fokus auf das Wichtigste ermöglicht bzw. Energie freisetzt.

Langzeitprojekte und eiserne Disziplin

  • Das zwanzigjährige Quellen- und Schreib­unternehmen Das Rote Rad zeigt, dass Großziele eine fein getaktete Alltags­routine verlangen – bei Solženičyn begann sie um 5 Uhr morgens und dauerte fast 17 Stunden.

Umgang mit Kritik und Rufmord

Der Schriftsteller beschreibt seine Existenz im Exil „zwischen zwei Mühlsteinen“ von Ost und West. Diese Spannung kann jedoch Kritik als Entscheidungspunkt für die “Triage” lesen: Was gilt es beizubehalten, was muss ich korrigieren?

Rückkehr und Versöhnung

1994 reist er im Regionalzug von Wladiwostok nach Moskau, um sich der Heimat zu stellen und die Stimmen einfacher Leute einzusammeln, obwohl er weiß, dass das Parlament ihn ignorieren wird.

Politische Verantwortung von unten nach oben

Der Besuch der Appenzeller Landsgemeinde inspiriert Solschenizyn lebenslang, direkte Demokratie und Selbstverwaltung als Zukunftsmodell für Russland zu skizzieren.

Warnung vor ideologischer Sattheit

In „A World Split Apart“ ruft er Harvard-Absolventen auf, materielle Sicherheit nicht mit Sinn zu verwechseln. Ebenso betonte er, dass ein Rechtssystem ohne entsprechende Moral zur Aushöhlung und Ausnützung führt.

Konflikt mit der Ukraine

Seine Analyse des drohenden Russland-Ukraine-Konflikts zeigt, wie historisches Tiefenwissen politische Weitsicht ermöglicht.