Trinität und der Ursprung der Gemeinschaft

The doctrine of the Trinity is the gateway to understanding Christian life. A God who was completely alone would have had nothing relational to offer us in salvation; he could have offered only a right status before him or something of the sort. But because God has eternally existed in a fellowship of three persons, there is fellowship within God in which we can also share.

Donald Fairbairn, Life in the Trinity, IVP: Nottingham 2009.

Das Geheimnis der Sünde

Die Sünde ist allgegenwärtig, und sie bleibt ein Geheimnis. Herman Bavinck in einem seiner typischen Kapitel-Ende-Feuerwerke:

We know neither whence it is nor what it is. It exists, but has no right to existence. It exists, but no one can explain its origin. Sin itself came into the world without motivation, yet it is the motivation for all human thought and action. From an abstract point of view, it is nothing but a privation, yet concretely it is a power that controls everyone and everything. It has no independent principle of its own, yet it is a principle that devastates the whole creation. It lives off the good, yet fights it to the point of destruction. It is nothing, has nothing, and cannot do anything without the entities and forces God has created, yet organizes them all into rebellion against him. With everything that belongs to God, it opposes everything that belongs to God. It is the will of a weak, finite creature in its revolt against the Creator. It is dependence at war with the Independent One and striving for its own independence. It is impermanent becoming in a struggle with him who exists eternally. It is the greatest contradiction tolerated by God in his creation, yet used by him in the way of justice and righteousness as an instrument for his glory.

Bavinck, Herman ; Bolt, John ; Vriend, John: Reformed Dogmatics, Volume 3: Sin and Salvation in Christ. Grand Rapids, MI : Baker Academic, 2006, S. 145.

Warum eine pluralistische Gesellschaft dringend die Gewissensbildung einzelner braucht

Es sind einige lange Theologen-Sätze, doch bedenkenswert:

Ein in allen persönlichen und gesellschaftlichen Situationen prompt und empfindsam reagierendes Gewissen setzt feste gesellschaftliche Normen und eine geschlossene Sozialisation voraus, die zur weitgehenden Identifizierung des einzelnen mit der Gesellschaft führen und sein Gewissen entsprechend prägen. Da wir heute … in einer durch ständigen Institutionenwandeln gekennzeichneten Weltgesellschaft leben, die Institutionen und Organisationen sich immer mehr zweckrational und immer weniger wert- und sinnrational verstehen … und entsprechend gestaltet werden, ist eine geschlossene Sozialisation und eine entsprechend starr normierte Gewissensbildung weder möglich noch wünschenswert.

Die Wertorientierung wird in einer pluralistischen Gesellschaft … mehr und mehr zu einer persönlichen Leistung des einzelnen; Werte müssen den sich rein funktional verstehenden Institutionen personal eingestiftet werden.

… Normenvielfalt führt zu Orientierungslosigkeit; Orientierungslosigkeit führt zu Normenverfall, Normenverfall zur Schwächung des Gewissens. Wir befinden uns hier in einem Teufelskreis, weil die zweckrational ausgerichtete pluralistische Gesellschaft einerseits Menschen mit wachem Gewissen braucht, die in der Lage sind und die Kraft haben, den anonymen Institutionen Sinn und Werte personal einzustiften, sie zu ethisieren. Andererseits klammert die zweckrational ausgerichtete Gesellschaft Sinn- und Wertfragen systematisch aus und verhindert so die Gewissensbildung.

Rainer Mayer in: Dietrich Bonhoeffer, Vollendung im Fragment, Brunnen: Giessen/Basel 1996. (121-122)

Krise der Medizin ist eine Krise der Grundhaltungen

Der Medizinethiker Maio schreibt im Aufsatz “Zur inneren Aushöhlung der Medizin durch das Paradigma der Ökonomie”:

Das Verhältnis zwischen Ethik und Ökonomie wird dann zu einer Gefahr der Medizin, wenn das ökonomische Denken so beherrschend wird, dass die Medizin nicht mehr wiederzuerkennen ist als eine soziale Errungenschaft, der es um den Menschen in Not geht. Damit diese soziale Identität als Grundelement der Medizin wieder erkennbar wird, muss die moderne Medizin nicht nur in die Optimierung der Abläufe in den Kliniken und Praxen investieren, sondern sie muss vor allen Dingen in die Grundhaltungen investieren. Denn die Krise der Medizin ist keine Krise der Ressourcen, sondern eine Krise der Grundhaltungen.

Propheten gegen den Profit?

Die Proteste gegen die Finanzindustrie haben eingesetzt. Bruce Wydick, Berkeley-Absolvent, meint: Die Analyse der Problematik ist vielschichtig und komplex, ebenso die Lösungen.

Like most protests, the Occupy Wall Street folks are better at identifying something that is wrong than identifying a way forward that is right. But even if the protestors don’t understand much about financial economics, they have a clear sense that something is wrong.  That something, however, lies deeper than the behavior of a relative handful of Wall Street moguls. That something, I believe, is a sense of material entitlement that has crept into the American psyche. This sense of material entitlement has infected our personal choices, our politics, and our financial system. … a syncretistic form of Christianity has emerged in our country, a syncretism that mingles genuine New Testament Christianity with the consumer materialism of the American Dream.

Leider können in Demokratien Institutionen zur Stützung dieser Raffgier missbraucht werden:

Good political and economic institutions act as a check against the worst impulses of our fallen nature and foster sustainable economic growth and the common good. In contrast, the institutions Americans asked politicians to build were designed to promote the accumulation of personal material wealth. As constructed, they were incapable of regulating our collective temptation for the fast buck.

Was wäre, wenn…

Auf diesem Blog gebe ich in der Regel Antwortteile und Anregungen wieder, die ich aus der Literatur entnommen habe. Und ich halte Beobachtungen und Erfahrungen aus meinem Alltag mit Kindern rest. Für einmal gehe einen anderen Weg und begebe mich in die Welt das “was wäre, wenn”.

  • Was wäre, wenn unser Ansatz die Kinder selber zu unterrichten, scheitert? (Zwei Anschlussfragen dazu: Wer definiert das Scheitern? Wer trägt welche Erwartungen?)
  • Was wäre, wenn wir früh Grosseltern würden?
  • Was wäre, wenn sich meine Söhne vom „allerheiligsten Glauben“ (aus dem Judas-Brief) abwenden?

Am liebsten unterhalte ich mich über solche Fragen mit Menschen, die in der gleichen Situation stecken. Und manchmal werde ich abgeschreckt durch zynische, nach Resignation klingende Bemerkungen wie: „Ja, ja, kleine Kinder, kleine Sorgen, grosse Kinder, grosse Sorgen.“ – „Warte nur ab, du wirst es auch noch erleben.“ – Ja, ich werde „es“ erleben. Und ich darf mir schon heute Gedanken dazu machen. Ich darf nach Alternativen fragen, darüber forschen, diskutieren, ja, über Phasen meine ganze Schaffenskraft hineinstecken.

Bisher hat unser Gott uns geholfen.

  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich ohne Auto auskommen würde.
  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich einmal fünf Söhne haben würde.
  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich noch ein Zweitstudium überstehen würde.
  • Ich hätte nicht gedacht, dass ich eine Teilzeitanstellung finde.

Und ich darf in die Zukunft planen – und täglich dafür beten. Was wäre, wenn

  • unsere Söhne – nicht mit dem üblichen Etikett „Teenager“ versehen – die Zeit als junge Erwachsene alternativ gestalten?
  • wir einmal Enkelkinder und andere Kinder bei uns beherbergen dürfen?
  • unsere Eltern im Alter versorgen und selber wieder versorgt werden?

Kevin DeYoung hat einmal gesagt, dass wir niemand fürchten sollen – ausser unserem Gott. Dieser Ehrfurcht gebietende Gott ruft uns zu: „Fürchte dich nicht!“

Die Klagelieder (1): Weinen vor Gott

Wir nehmen uns keine Zeit zum Trauern und habe auch kaum Ausdrucksmittel dafür. Ich erinnere mich gut an den Moment, als ich in der Autobiografie von Jehan Sadat (der Frau des ermordeten ägyptischen Präsidenten Sadat) von einer vierzigtätigen Trauerzeit las. So etwas ist uns fremd.

Ein ganzes Buch der Bibel ist mit “Klagelieder” überschrieben. Der Prophet Jeremia, der über Jahrzehnte den demütigenden und traurigen Niedergang seines Volkes miterleben musste, klagt darin über den Zusammenbruch seines Volkes. Der Gipfel war die Zerstörung Jerusalems, der Stadt, der Hauptstadt und dem Zentrum des Gottesdienstes.

Jeremia gibt seinem Schmerz körperlich und mit Worten Ausdruck. Es ist gleichzeitig Gebet:

Darum weine ich, und mein Auge, ja, mein Auge zerfließt in Tränen, weil der Tröster fern von mir ist, der meine Seele erquicken sollte; meine Kinder sind verwüstet, denn der Feind war zu stark. (1,16)

Meine Augen sind ausgeweint, mein Inneres kocht; mein Herz schmilzt in mir wegen des Zusammenbruchs der Tochter meines Volkes, weil Kind und Säugling verschmachten auf den Straßen der Stadt! (2,11)

Mein Auge tränt unaufhörlich und kommt nicht zur Ruhe, bis der Herr vom Himmel herabschauen und dareinsehen wird. (3,48)

Weinen vor Gott – könnte das eine Ausdruckform sein, die uns abhanden gekommen ist?

Trinität: Bereits bekannte Puzzlesteine zusammenfügen

An anderer Stelle habe ich bereits über eine der am meisten vernachlässigten Lehren der Bibel gesprochen: Die der Trinität. Ich habe ein weiteres Buch zum Thema zu lesen begonnen: Fred Sanders, The Deep Things of God: How the Trinity Changes Everything. Sanders macht deutlich, wie stark trinitarisch geprägt das evangelikale Erbe ist. Er regt dazu an, das bereits vorhandene vor-bewusste Wissen über das Thema zu vergegenwärtigen und zu vertiefen. Es gehe darum, die einzelnen Puzzle-Steine, die uns bereits bekannt sind, durch das grosse Bild zusammenzufügen.

What is needed is not a change of emphasis but a restoration of the background, of the big picture from which the emphasized elements have been selected.

Ebenso hebt Sanders hervor, dass das Evangelium und die Trinität untrennbar zusammenhängen. Der dreieine Gott ist nicht auf eine intellektuelle Formel zu reduzieren, sondern er wird als Realität zuerst erlebt.

Reality comes first, and understanding follows it.