Über den grössten Unterschied zwischen Christentum und Judentum/Islam

Hier noch ein Zitat von “Life in the Trinity” von Donald Fairbairn. Er erklärt, was der grösste Unterschied zu unseren monotheistischen Nachbarn, Islam und Judentum, ist (S. 31):

How can there really be only one God, if in fact the Son sees himself as being so distinct from the Father, and from the Holy Spirit as well? This is a good question, and this is the point at which Christianity departs most fundamentally from its monotheistic cousins. In fact, this is perhaps the biggest sticking point about Christianity in the minds of Jews and Muslims. They say that Christians cannot be monotheistic, or the Christians would not affirm the Trinity. In fact, Jesus’ claim to be God infuriated the Jewish religious leaders of his day more than anything else he said,12 and the Qur’an as well rails unrelentingly against the Christian doctrine of the Trinity. Christians owe the religious world some kind of explanation for how we can speak of God as Father, Son and Spirit while still claiming to be monotheistic.

Warum der östliche Mystizismus im Westen so gut ankommt

Das Buch “Life in the Trinity” von Donald Fairbairn ist nicht nur kurz und verständlich geschrieben, es führt uns auch in das meines Erachtens am meisten vernachlässigte Thema des christlichen Glaubens ein: Die Trinität. Am Ende des dritten Kapitels (S. 41) beschreibt Fairbairn den Reiz des östlichen Mystizismus:

When Eastern mysticism (which is increasingly popular in the West today as well) speaks of oneness or unity, this is what it has in mind. People’s problem is not that they are disunited from the universe or from what can be called “god.” (I place the word god in quotation marks because Eastern mystical thought does not generally think of God in anything like the monotheistic sense. “God” is not a being distinct from the universe but an all-pervading, impersonal spirit within the universe.) Rather, the problem is that people simply do not realize their fundamental oneness with the universe. So the religious task is to recognize that we are one with the cosmos, to get in touch with the living divinity within ourselves, to actualize the “self” which is “god.” This kind of unity tends to blur the distinction between people and “god,” and it turns the spiritual quest into an attempt to get in touch with ourselves, rather than an attempt to know a God who is different from us. Thus there is a kind of self-focus in Eastern mysticism that makes it especially attractive to contemporary Westerners.This kind of spirituality appeals to our belief that we are the most important beings in the universe by affirming that we are, in fact, at one with the very spirit of the universe.

 

Vorsicht mit Männerclichés!

Kevin DeYoung spricht mir einmal mehr aus dem Herzen. Er warnt vor einseitigen Männerclichés, die angesichts gewisser Verweiblichungstendenzen der westlichen Gesellschaft nur zu gerne als absolutes (biblisches) Ideal hingestellt werden:

We need to be careful we don’t equate our preferred type of masculinity with biblical manhood. I know conservatives want to push back the tide of feminism and fight against the emasculation of men in our culture, but offering stereotypes is not the way to do it. It’s not fair to say, without qualification, that “Real men hunt and fish. Real men like football. Real men watch ultimate fighting. Real men love Braveheart. Real men change the oil and chop firewood.” It’s one thing for pastors to give men permission to be like this. It’s another to prescribethat they must. You simply can’t prove from the Bible that manliness must look like William Wallace. If you insist on one way to be a man, you’re in danger of two things: 1) Hurting godly men who are manly but don’t do things with sports, cars, or the outdoors. 2) Making your particular expression manhood the standard for everyone else. And when complementarians overreach with their definition of manhood they play into the hands of those who say there is no definition of manhood at all.

On the other hand, a different set of Christians needs to be careful they don’t make Jesus—as the quintessential man—into a progressive beatnik. Some Christians reject the stereotype in the previous paragraph, only to replace it with another. So Jesus—and therefore, every real man—hates all violence, protests social inequality, and probably painted with watercolors. Not only does this ignore Jesus the avenger (Revelation 6 and 19) or Jesus the friend of rich people (Zacchaeus), it flattens the biblical narrative into another predictably anachronistic tale of how Jesus was a man exactly like me. So yes, Ted Nugent is not the only way to be a man. But that doesn’t mean Sting is the alternative.

 

Papablog (43): Warum manche gerne pendeln

Ab und zu bringe ich den gefüllten Kehrichtsack nach draussen. Ich atme die Luft ein und geniesse die wenigen Sekunden alleine. Es wird mir bewusst, wie stark ich im Grossfamilienbetrieb eingespannt bin. Vielleicht geht es ja vielen Berufstätigen ähnlich: Sie geniessen die Minuten in ihren vier Wänden (sprich in ihrem Wagen), in denen keine Ansprüche von aussen an sie gestellt werden – mal vom Handy abgesehen.

Papablog (42): Vor dem Standesamt

Eines Nachmittags brachen wir als Familie spontan auf, um im Stadthaus einem Pärchen zu ihrer Trauung gratulieren. Nach etwa 30 Minuten Aufenthalt in den schönen Hallen ging ich mit den Kleineren nach draussen. So hatte ich  Gelegenheit, die Aufmärsche der Paare und ihrer Entourage zu beobachten. Erste Beobachtung: Viele trauen sich im kleinsten Kreis, einzig begleitet von den beiden Trauzeugen. Zweite Beobachtung: Viele kugelrunde Bäuche, also Blitzheirat vor der Niederkunft. Dritte Beobachtung: Viele Frauen rauchten, wahrscheinlich mitunter aus Nervosität. Vierte Beobachtung: Die meisten gaben sich sichtlich (d. h. körpersprachlich ersichtlich) Mühe zu zeigen, dass die Trauung eine blosse Formalie für sie ist. Das gab mir zu denken. Wir tun etwas, weil man es aus wirtschaftlichen oder gesellschaftlichen Gründen tun muss. Die ursprüngliche Absicht des Erfinders ist uns abhanden gekommenl.

Alle Menschen sind religiös

Alle Menschen sind religiös, weil dies zur Natur des Menschen gehört:

As long as religion is integral to the essence of our humanity, so long will human beings be and remain supernaturalists. All believers, regardless of their particular persuasion, though they may be naturalists in their head, are supernaturalists in their heart.

Bavinck, Herman ; Bolt, John ; Vriend, John: Reformed Dogmatics, Volume 1: Prolegomena. Grand Rapids, MI : Baker Academic, 2003, S. 308

Offenbarung + Tradition + Erfahrung?

Rosino Gibellini fasst die hermeneutische Methode des berühmten katholischen Dogmatikers Edward Schillebeeckx so zusammen:

Die nachkonziliare katholische Theologie, die sich mit der weltlichen Kultur auseinanderzusetzen begann, wurde sich bewusst, dass die theologische Reflexion aus zwei Quellen gespeist wird: aus der Offenbarung und der christlichen Tradition auf der einen und aus der menschlichen Erfahrung auf der anderen Seite. Und die Aufgabe der hermeneutischen Bemühung besteht darin, diese beiden Quellen (oder Pole), den christlichen Glauben und die menschliche Erfahrung, in eine ständige Relation zu bringen. Aber der Glaube selbst, als Zustimmung zur Offenbarung (der ersten Quelle der Theologie), hat die Struktur einer Erfahrung; der Glaube ist eine Erfahrung, und zwar ist er eine Erfahrung mit Erfahrungen, und das heisst, er ist eine christliche Erfahrung mit menschlichen Erfahrungen (die Erfahrung mit sich selbst und mit der Welt, wleche die Christen als Menschen machen). Am Anfang steht also nicht eine Lehre, sondern es ‘begann mit einer ganz bestimmten Erfahrung’, die eine ‘Geschichte von Erfahrungen’ in Gang brachte.

Am Ursprung des Neuen Testaments steht in der Tat eine Begegnung, nämlich zwischen Jesus und seinen Jüngern. In dieser ‘überraschenden und überwältigenden’ Begegnung haben die Jünger eine Heils-Erfahrung gemacht, die sie dann interpretiert und schriftlich festgehalten haben. Auch die Interpretation ist Teil der Erfahrung, insofern jede Erfahrung interpretative Elemente enthält, ein interpretierendes Wahrnehmen ist. Das gesamte Neue Testament ist der Rechenschaftsbericht über eine interpretierte Heils-Erfahrung: Die Erfahrung formt sich zu einer Botschaft, und die Botschaft verwandelt sich im Hörer zu einer Lebens-Erfahrung. Die Botschaft verweist zurück auf eine Erfahrung als Ursprung und bewirkt als Ergebnis wiederum eine Erfahrung. Die göttliche Offenbarung ist in ihrem Ursprung nicht eine Lehre, sondern die freie Inititative Gottes, der sich in Taten zeigt und mitteilt. Diese bewirken eine Heils-Erfahrung, die interpretiert und in einer schriftlichen Botschaft festgehalten wird. Die Botschaft enthält eine Lehre, aber nicht diese Lehre ist das vorrangige Element, sondern die Erfahrung. Die Lehre ist eine Art Systematisierung der Erfahrungs-Inhalte auf der Ebene der Reflextion und der Vertiefung. Sie dient der Weitergabe und der erneuten Wirksamkeit einer solchen Heils-Erfahrung. Und indem sie Erfahrung in Gang bringt, fügt sie sich ein in die lebendige christliche Tradition. ‘Alles in allem handelt es sich um eine sich fortsetzende Geschichte der christlichen Erfahrung’.

Aus: Edward Schillebeeckx im Gespräch. Edition Exodus: Luzern 1994.

P. S. Diese Sicht weist m. E. der Erfahrung einen überhöhten Stellenwert zu.

Papablog (41): Du bist mein Freund.

Zur Zeit lerne ich mit den Kindern Verse aus den Sprüchen auswendig. In Sprüche 17 steht, dass man einen echten Freund daran erkennt, dass er in der Not anwesend ist. Mein Dritter gerät ins Nachdenken: “Ich habe gar keinen Freund.” Mein Zweiter strahlt ihn über den Tisch an: “Doch, ich bin dein Freund.” – Tatsächlich spannen die beiden auch in Not zusammen. Als der Dritte mit dem Traktor bergauf in Atemnot gerät, schleppt ihn sein älterer Bruder mit einem Seil ab.

Die Suche nach dem Spannungspunkt

Francis Schaeffer beschreibt im letzten Teil seines Buches “Gott ist keine Illusion”, wie er in der Diskussion mit Nichtchristen zuerst nach dem Spannungspunkt sucht.

Nun kann aber in Wirklichkeit kein Nichtchrist seine Denkvoraussetzungen konsequent ausleben. Dafür gibt es einen einfachen Grund: Ein Mensch muss in der Wirklichkeit leben, und diese Wirklichkeit besteht aus zwei Teilen: der objektiven Welt mit ihrer Form und dem ‚Menschsein‘ des Menschen, einschliesslich seines eigenen ‚Menschseins‘. Der Glaube eines Menschen ändert nichts an dieser Wirklichkeit. Da nun das Christentum die Wahrheit verkündet über das, was wirklich da ist, bedeutet seine Ablehnung aufgrund eines anderen philosophischen Systems eine Entfernung von der wirklichen Welt. Infolgedessen befindet sich jeder Mensch, welches System er auch vertreten mag, in einer Zwickmühle: Versucht er seine Prämissen mit intellektueller Redlichkeit zu Ende zu denken und auszuleben, gerät er unweigerlich in diese Zwickmühle.

Francis Schaeffer. Gott ist keine Illusion. Haus der Bibel/R. Brockhaus Verlag: Zürich/Genf/Wuppertal 1974. (135)

Zum Tod der Mutter und zur Realität des Schulalltags

Meine Frau liest zur Zeit die Autobiografie von C. S. Lewis. Es ist spannend zu vergleichen, wer welche Stellen anstreicht. Lewis schrieb über den frühen Tod seiner Mutter:

Mit dem Tod meiner Mutter verschwand alles gefestigte Glück, alles Ruhige und Verlässliche aus meinem Leben. Spass, Vergnügen und viele Stiche der Freude sollte noch kommen; aber die alte Geborgenheit war dahin.

Und zur Realität seines Schulalltags, von der sein Vater keinen blassen Schimmer hatte:

Wenn die Eltern einer jeden Generation immer oder auch nur oft wüssten, was tatsächlich in den Schulen ihrer Söhne vor sich geht, sähe die Geschichte der Schulbildung anders aus.

Aus: C. S. Lewis. Überrascht von Freude. R. Brockhaus Verlag: Wuppertal und Zürich 2007. (32+42)