Hat sich der Mensch höher entwickelt?

“Wer heute erklärt, dass die Menschennatur sich immer gleich bleibt” – nämlich so, wie sie sich in den ärmlichen Jahrtausenden der Geschichte gezeigt hat -, “verrät dadurch, dass er auf der selben Höhe der Reflexion steht wie z. B. ein Ichthyosaurus der Jura-Periode, der vermutlich auch nicht den Menschen als eine Zukunftsmöglichkeit ahnte!” Wer die heutige Menschheit in ihrer elenden Verfassung als den Endpunkt der Geschichte ansieht, der hat noch keine Ahnung von den Kräften der Natur und von dem, was der Mensch sein könnte. Brechen wir auf in ein neues Jahrhundert, das uns den grossen Möglichkeiten des Menschen näherbringt! Verbünden wir uns mit all denen, “die hoffen, im neuen Jahrhundert den neuen Menschen zu bilden”.

So schrieb vor über 100 Jahren Ellen Keys in ihrem Buch “Das Jahrhundert des Kindes”, dessen Titel zum Schlagwort der Pädagogik des 20. Jahrhunderts wurde. Hinter dieser (utopischen) Vorstellung steckt der evolutionäre Denkansatz, dass sich die Menschen höher entwickeln – hin zu ihrer Vollendung. Dieser Optimismus ist bald erschüttert worden. Der Pädagoge Andreas Flitner kommentiert:

Die Schraube der Weltgeschichte und des Selbstbewusstseins der Menschheit hat seither ein paar Umdrehungen hinter sich. Ich brauche nicht in Erinnerung zu rufen, welche technisch-wissenschaftlichen Veränderungen, aber auch: welche furchtbaren Ereignisse menschlichen Handelns, politischer und moralischer Schuld seither über die Erde hinweggegangen sind, wie sehr der Erdball geschrumpft ist, nicht nur im Verkehr und Handel, sondern auch in der Gefährdung der ganzen Menschheit durch einen einzigen technischen Fehler; wie sehr die Erde bedroht ist durch die Rüstungs- und Verschwendungswirtschaft, durch die Verwüstung der Naturgrundlagen unseres Lebens. Die Hoffnung und das Selbstbewusstsein am Anfang unseres (sprich des letzten) Jahrhunderts erscheinen uns Heutigen unglaublich naiv.

Aus: Andreas Flitner. Reform der Erziehung. Beltz: Weinheim/Basel 2010 (4. Auflage). (13-14)

Was Christen noch glauben

Die Oster-Titelstory von “Die Zeit” beschäftigt sich mit dem Thema: Was Christen noch glauben.

Das Evangelium ist für die Ewigkeit, der moderne Mensch lebt aber jetzt. Wie halten wir es heute mit dem Heiland, mit seiner Auferstehung? Und was ist heute Sünde? Ein Spezial zu Ostern.

Danke, Ron, für den Hinweis. Ein Gang zum Kiosk lohnt sich.

Der fünfte Bub (60): Ich habe keine Lust.

Ich telefoniere mit meinem Ältesten: “Warum willst du diese zwei Sätze nicht schreiben?” – “Es hat viele schwierige Wörter.” – Ich schweige. Dann, einige Sekunden später: “Ich habe keine Lust.” Genau so geht es uns Erwachsenen auf. Meine Antwort: “Ich habe eben 45 Minuten mit einer Arbeit verbracht, die mir nicht behagte.” – Am Abend sehe ich mir die beiden Sätze an.  Schön begonnen, nachlässig geendet. Gleich daneben hat er viele Smileys mit Lätsch gezeichnet.

Der fünfte Bub (59): Warum hörst du mir nicht zu?

Oft habe ich die Tendenz, demjenigen, der am besten zuhört, meine Aufmerksamkeit zu schenken. Seit einer Weile habe ich umgestellt: Ich achte mich mehr darauf, wer mit den Gedanken nicht dabei ist. Ich frage in einer ruhigen Minute nach. Vielleicht hängt er gerade anderen (wichtigen) Gedanken nach. Oder es interessiert ihn nicht (dann ist es interessant zu erkennen, was ihn dann interessiert). Oder es hat sich die Gewohnheit des Weg-Hörens eingeschlichen. Diese Gewohnheit beobachte ich übrigens nicht nur bei Kindern…

Das geschah in der Karwoche

Justin Taylor hat die Ereignisse der Karwoche pro Tag zusammengefasst und die entsprechenden Passagen aus den Evangelien zusammengestellt.

BibleGateway hat eine grafische Übersicht erstellt.

Johann Sebastian Bach (1685-1750) hat die Kreuzigungsgeschichte ergreifend und zeitlos vertont. Hier geht es zum Text der Matthäus-Passion und der Johannes-Passion.

Ich gehe die Geschichte in meiner Familie durch. Anregung: Lies den letzten Teil aus einem der vier Evangelien, z. B. Matthäus 21-28; Markus 12-16; Lukas 20-24; Johannes 18-21.

Dazu passend: BACH AMONG THE THEOLOGIANS.

Einzigartig geschaffen, tief gefallen

Calvins erste grössere theologische Abhandlung, seine Vorrede zur Olivetanbibel (1535), ein Jahr vor der ersten Ausgabe seiner Institutio, enthält einen wunderbaren Abriss der Heilsgeschichte. Hier der erste Ausschnitt zum Thema “Schöpfung” und “Fall”:

Gott, der ganz vollkommene und ausgezeichnete Urheber aller Dinge, hatte noch über alle anderen Werke der Schöpfung, in welchen er sich schon mehr als bewundernswert erzeigt hatte, als ein Meisterwerk den Menschen geschaffen, an welchem man eine einzigartige Auszeichnung betrachten konnte. Denn er hatte ihn nach seinem Bild und ihm ähnlich gestaltet (Gen 1,26), so dass das Licht seiner Herrlichkeit klar in ihm leuchtete. Was ihn nun in diesem Stand erhalten konnte, worin er geschaffen worden war, das hätte darin bestanden, sich in Demut immer vor Gottes Herrschermacht zu erniedrigen, ihn mit Danksagung zu preisen und nicht in sich selbst (den Grund für) seine Herrlichkeit zu suchen, sondern im Blick darauf, dass alles von oben ausgegangen war, auch immer nach oben zu schauen, um damit den einen Gott, dem das Lob dafür zukam, zu ehren.

Aber weil der Unglückselige etwas aus sich selbst sein wollte, begann er sofort zu vergessen und zu verkennen, woher das kam, was gut für ihn war, und mit beleidigender Undankbarkeit unternahm er es, sich gegen seinen Erschaffer und Urheber all seiner (empfangenen) Gnaden in anmassendem Stolz zu erheben. Deswegen stürzte er in den Untergang; er verlor die ganze Würde und Auszeichnung der ursprünglichen Schöpfung; er wurde seiner ganzen Herrlichkeit entkleidet und beraubt; er verscherzte die in ihn gelegten Gaben; (alles,) um ihn in seinem Hochmut zuschanden zu machen und ihn das lernen zu lassen, was er nicht gutwillig hatte hören wollen, nämlich, dass er ein Nichts sei und nie etwas anderes gewesen wäre, wenn nicht der Gott der Stärke ihm beigestanden hätte.

Aus: Calvin-Studienausgabe. Teilband 1/1. Neukirchener: Neukirchen-Vluyn 1994. (35)

Gott rettet Sünder

Was ist die Kernbotschaft der Bibel? So bescheibt es Packer in kräftigen Worten:

God – the Triune Jehovah, Father, Son and Spirit; three Persons working together in sovereign wisdom, power and love to achieve the salvation of a chosen people, the Father electing, the Son fulfilling the Father’s will by redeeming, the Spirit executing the purpose of Fahter and Son by renewing.

Saves – does everything, first to last, that is involved in bringing man from death in sin to life in glory: plans, achieves and communicates redemption, calls and keeps, justifies, sanctifies, glorifies.

Sinners – men as God finds them, guilty, vile, helpless, powerless, blind, unable to lift a finger to do God’s will or better their spiritual lot.

God saves sinners – and the force of this confession may not be weakened by disrupting the unity of the work of the Trinity, or by dividing the achievement of salvation between God and man and making the decisive part man’s own, or by soft-pedalling the sinner’s inability so as to allow him to share the praise of his salvation with his Saviour.

J. I. Packer. A Quest For Godliness. Crossway: Wheaton 1990. (130)

Entwickelt sich der Mensch hin zu übergeordneten Werten?

Es gibt überzeitliche und allgemeingültige Werte, die der Willkür des erlebenden Subjekts entzogen sind und sich als etwas Objektives wenn nicht gar Absolutes erweisen. Unser ganzes Leben ist von solchen Werten überhöht und geleitet. Das Heilige, das Gute, das Wahre, das Schöne, das Gerechte … bilden nach Spranger objektive absolute Massstäbe, an denen unser Leben sich misst. … Der Mensch ist nicht einfach ein Wesen, das sich von seinen Impulsen und von sozialen und biologischen Anregungen leiten lässt. Sein Verhalten wird vielmehr wesentlich bestimmt durch Normen, Werte, die überindividuell und überzeitlich und damit allgemeingültig sind.

Diese Werte werden in der Seele des einzelnen Menschen verwirklicht. … Werte werden ‘aktualisiert’, das heisst im tatsächlichen Erlebnis dieser oder jener Seele realisiert. … Auf diese Weise entsteht durch die Verwirklichung der Werte in Gegenständen eine objektive, dem einzelnen gegenüberstehende geist- und werterfüllende Welt, deren Gesamtheit wir kurz als Kultur zu bezeichnen pflegen. Der Mensch ist … Kultur erzeugnedes und Kultur erlebendes Wesen, das sich dank der in der Kultur enthaltenen absoluten Werte weit über seine natürlich-biologische Natur hinaushebt. … Die Aufgabe des Menschen besteht deshalb nach Spranger in der Aufgabe, sich immer mehr zur Höhe des absoluten Geistes zu erheben, sich zu einer werterfüllten Persönlichkeit zu entwickeln.

Aus: Leonhard Jost. Begegnung mit Eduard Spranger. In: Eduard Spranger. Zur Bildungsphilosophie und Erziehungspraxis. Verlag Schweizerischer Lehrerverein: Zürich 1983. (20-23)

Kommentar: Leider werden die Werte letztlich vom persönlich-unendlichen Schöpfer abgekoppelt. Der Mensch erhält die unerfüllbare Aufgabe, sich aus eigener Kraft höher zu entwickeln. Die Bibel konfrontiert den Menschen mit seinem Unvermögen. Nur die Anmeldung des Bankrotts vor ihm und die Inanspruchnahme der stellvertretenden Sühne schafft die Voraussetzung, seine ursprüngliche Bestimmung – den Schöpfer zu ehren – zurück zu finden.