Wenn klares Denken nicht mehr gefragt ist

Theologen schreiben oft ausladend und unpräzise. Diese Kritik nehme auch ich mir zu Herzen. Richard Swinburne (*1934), englischer Religionsphilosophe aus Oxford, schreibt:

It is one of the intellectual tragedies of our age that when philosophy in English-speaking countries has developed high standards of argument and clear thinking, the style of theological wirting has been largely influenced by the continental philosophy of Existentialism, which, despite its considerable other merits, has been distinguished by a very loose and sloppy style of argument.

Aus: Richard Swinburne. The Coherence of Theism. Oxford University Press: Oxford 1993.

Vier Grundauffassungen über die Moral

Mackie unterscheidet vier Auffassungen, wobei er selbst der vierten Auffassung zuneigt.

  1. Befehle oder Forderungen von Gott, deren Geltung durch die Aussicht auf Belohnung bzw. Bestrafung entweder im irdischen oder im jenseitigen Leben sichergestellt wird.
  2. Moralische Prinzipien sind objektiv geltende Vorschriften, die von der menschlichen Vernunft aufgestellt oder entdeckt werden und, unabhängig von jedem göttlichen Willen, eine autonome Verpflichtung erzeugen.
  3. Objektive geltende Prinzipien (wie 2), die in irgendeiner Weise von Gott geschaffen und aufrecht erhalten werden
  4. Moralische Begriffe, Prinzipien und Verhaltensweisen sind Resultat eines biologischen und gesellschaftlichen Entwicklungsprozesses.

Aus: John Leslie Mackie, Das Wunder des Theismus, Reclam: Stuttgart 1985.

Lernerlebnis Nr. 61: Die Natur hat immer Recht.

Mit diesem Slogan wirbt zur Zeit der Schweizer Detailhändler Migros. Ein Flyer lag auf unserem Küchentisch; die Gelegenheit zu einer kleinen Analyse mit meinen Kindern. Wir stellten fest, dass die Natur personifiziert und zudem als normative Kraft angesehen wird.

Wie Calvin treffend schreibt, wird die Natur nur mit der Brille der Schrift wieder zur Offenbarung. In der Bibel wird uns nämlich dargelegt

was man von ihm zu denken hat, damit wir nicht auf unseren Irrwegen irgendeine Gottheit suchen. (Johannes Calvin, Institutio I,6,1)

Ohne die Schrift würde sich

der Sinn für das Göttliche vom rechten Weg in den Götzendienst verirren (Johannes Calvin, zitiert nach Susan E. Schreiner in J. Selderhuis. Calvin Handbuch.)

AHDS – eine fiktive Epidemie?

Ken Robinson zeigt anschaulich (im wahrsten Sinne des Wortes) auf, dass unser Schulsystem auf den Paradigmen der Aufklärung bzw. der Industrialisierung aufbaut. Doch – so seine These – die Paradigmen haben sich gewandelt.

Hier geht es zum Film.

AB: Vielen Dank für den Link!

Die Rolle des Staates

Ron hat einen Auszug aus Brunners Ethik zitiert, in dem dieser die Rolle des Staates aus theologischer Warte beschreibt und sich auch kritisch mit einem Zuviel-Staat auseinandersetzt.

Ehe, Wirtschaft und Kultur sind »ursprünglicher« als der Staat, und in dieser — nicht geschichtlich zu verstehenden — Ursprünglichkeit liegt die Begründung ihrer Unabhängigkeit. Keines dieser Gebiete ist von des Staates Gnaden; in allen kann der Staat nicht mehr als eine Hilfsfunktion ausüben. Es gibt legitime — obschon nicht vollständige — Ehe auch ohne den Staat, desgleichen Wirtschaft und erst recht geistige Kultur. Eine zu enge Bindung oder gar eine grundsätzliche Unterordnung dieser Lebensgebiete unter den Staat muß sie ihrem Sinn entfremden und ihre Lebendigkeit zerstören; und — das ist wohl zu beachten: wie muß auch den Sinn des Staates und seine Kraft zerstören. Der Staat sollte, an sich, weder wirtschaften, noch Ehe begründen, noch Wissenschaft treiben, noch schulmeistern.

Hier geht es zum Beitrag.

Selbstbetrug

Wir werden feststellen, dass noch den verwerflichsten Handlungen eine erträgliche Maske gegeben wird. Was andere Habsucht nennen, erscheint dem Handelnden selbst als kluge Vorsorge für seine Familie oder seine Freunde; Betrug als geschicktes Taktieren; Bosheit und Rache als gerechtes Ehrgefühl und als Verteidigung von Eigentumsrechten und des guten Rufs; Feuer und Schwert und die Vernichtung der Feinde als gerechte und gründliche Verteidigung gegen die Feinde; Verfolgung als Eifer für die Wahrheit und für das ewige Heil der Menschen…

Francis Hutcheson (1725), zitiert in: J. L. Mackie. Das Wunder des Theismus, Reclam: Stuttgart 1985.

Religionsfreiheit und die Rolle der Medien

Thomas Schirrmacher war als Sachverständiger im Menschenrechtsausschuss des Deutschen Bundestages. Er hat den Auszug seines Gutachtens über die Rolle der Medien online gestellt (siehe hier). Darin bezieht er sich auf den isolierten Prediger einer kleinen Glaubensgemeinschaft, der androhte den Koran zu verbrennen:

Ein Beispiel ist die Rolle der internationalen (auch der deutschen) Medien im Umgang mit einem verrücken und isolierten Prediger in den USA, der die Verbrennung eines Korans ankündigte, in einer Welt von 2,5 Milliarden Muslimen und Christen aller Schattierungen ein völlig bedeutungsloser Vorgang, wären denn da nicht die Medien. Man wollte unbedingt endlich die friedlichen Evangelikalen im Kulturkrieg mit den Muslimen sehen – Fundamentalisten gegen Fundamentalisten, da waren die Einschaltquoten sicher.

Die weltweite Evangelische Allianz hat die Ankündigung des Pastors übrigens postwendend zurück gewiesen (siehe hier). In der Erklärung heisst es:

Nirgends in unserer christlichen Schrift, noch in unserer Tradition oder den Schriften leitender Theologen der Vergangenheit und Gegenwart, werden Sie ein Gebot oder eine Empfehlung finden, sich durch Protest oder Zerstörung ihrer Schriften gegen andere Religionen zu wenden. In diesem Fall wird die Verbrennung des Korans die Gefühle der Gläubigen des islamischen Glaubens verletzen.

Die Zusammenfassung des Gesetzes

217. Gibt es nun eine kurze Zusammenfassung des ganzen Gesetzes?

Gewiss; wenn wir es in zwei Abschnitte fassen: Der erste lautet: Wir sollen Gott lieben von ganzem Herzen, von ganzer Seele und mit allen Kräften; der zweite: Wir sollen die Nächsten genau so lieben wie uns selbst (Mt 22,37-39).

220. Was ist der Sinn des zweiten Abschnitts?

Wir neigen von Natur aus so sehr zur Selbstliebe, dass diese Regung über alle andern siegreich bleibt. Entsprechend soll nun die Nächstenliebe so in uns regieren, dass sie uns vollständig leitet und die Richtschnur aller Pläne und Taten ist.

Aus: Johannes Calvin. Der Genfer Katechismus (1545).

Lernerlebnis Nr. 59: Material ist in Fülle vorhanden.

Meine Frau hat das Trödler-Gen. Ich bewundere diese Fähigkeit: Sie geht durchs Schuhlager, notiert sich die Nummern, die fehlen. Am Dienstagabend steht sie mit unserem Ältesten vor der Kleiderbörse. Es wird nicht alles angeschaut, nur das Schuhabteil genau unter die Lupe genommen. 25 Paar Schuhe waren am Schluss gekauft, davon sind bereits sechs Paare im Einsatz.