Kaum verstanden, was er selbst geschrieben

An einer Stelle seiner Retatractiones schreibt Augustinus über ein Frühwerk:

Überhaupt ist es in seinen gekünstelten Schlussfolgerungen und in seiner Kürze so dunkel, dass seine Lesung ermüdet, und meine Absicht wird kaum von mir selbst verstanden. (Augustinus. Retatractiones. I,5,1)

Das Böse in der Welt (3): Keine erschöpfenden Antworten

Die Bibel gibt keine erschöpfenden Antworten. Sie klärt jedoch den grossen Rahmen:

  • Gott ist gut und heilig und will das Böse nicht (Ps 5,6-7; Joh 1,5). Infolge dieser Güte hat uns Gott die Gebote gegeben. Es sind Gebote zum Leben (Deut 6,25), die vor dem Bösen bewahren sollen.
  • Auch wenn wir als Christen an einen souveränen Gott glauben, dürfen wir diese nicht gegen die Verantwortlichkeit des Menschen ausspielen (Apg 17,30).
  • Das Problem des Bösen ist Preis für die Sünde. Unsere Auflehnung gegen Gott ist das Kernproblem. Nicht Gott muss sich rechtfertigen, sondern der Mensch.
  • Gott nutzt das Übel oft für die Zurechtweisung. Gott verschont Menschen nicht vor Leid, wenn sie ihm vertrauen. Gott treibt durch Leid Menschen zur Busse und zur Reife.
  • Es gibt keinen linearen Tun-Ergehen-Zusammenhang, der einfach auf Einzelschicksale übertragen werden kann (siehe Lk 13,2).
  • Die christliche Antwort auf das Leid ist nicht fatalistisch. Für Christen gilt: Das Böse ist mit dem Guten zu überwinden (Röm 12,21).
  • Die gnädige Herablassung Gottes ist die praktische Lösung für das Leid der Welt. Jesus weinte (Joh 11,33+38). In Jesus Christus nimmt Gott das Leiden der Welt auf sich (Hebr 2,10+18).
  • Es ist ein eschatologischer Sieg über das Böse verheissen. Die Jünger bereiten ihrem Herrn den Weg, bis er als König kommt (1Kor 15,55; Offb 21,4). Das Leiden der jetzigen Zeit fällt nichts ins Gewicht (Röm 8,18). Dies darf nicht als Bagatellisierung gesehen werden, sondern als tröstlicher Horizont.

Aus einer Vorlesung über Apologetik mit Ron Kubsch.

Das Böse in der Welt (2): Lösungsvorschläge

Der Verweis auf das Böse in der Welt ist heute das überzeugendste Argument gegen die Existenz Gottes. Der Mensch fragt radikal: Kann es angesichts des Übels in der Welt überhaupt einen Gott geben?

Im Lauf der Philosophiegeschichte sind verschiedene Lösungsvorschläge gemacht worden:

  1. Das Böse als Mangel an Gutem (Augustinus, Thomas von Aquin): Das Böse hat kein selbständiges Sein. Auch das Böse lebt vom Guten.
  2. Die beste aller möglichen Welten (Leibniz): Wir leben in der besten aller möglichen Welten, Gott ist deshalb kein Vorwurf zu machen. Physische Übel sind entweder Strafe oder das Mittel Gutes hervorkommen lassen. Das moralische Übel ist Preis für die Freiheit des Menschen.
  3. Das Böse als Übergang (Hegel): Böses gehört zum Übergangsstadium der Geschichte und damit zur Selbstentfaltung des Geistes Gottes.
  4. Das Böse dient einem guten Zweck. Gott benutzt das Böse als Werkzeug für das Gute, letztlich muss auch das Böse dem Guten dienen.
  5. Der Tod ist der Gärtner: Der Tod istVoraussetzung für die Höherentwicklung des Lebens (evolutionistische Lösung).
  6. Gott ist der Teufel. Wir müssen uns von dualistischen Vorstellungen verabschieden. Die Zwiespältigkeit der Welt spiegelt ihr tatsächliches Wesen wider. Gott vereint helfende und zerstörerische Eigenschaften.
  7. Die Freiheit des Menschen: Viele christliche Philosophen (z. B. Alvin Plantinga) verteidigen das Böse mit der Freiheit, die er dem Menschen gibt.

Aus einer Vorlesung über Apologetik von Ron Kubsch.

Das Problem des Übels (1): Argument Nr. 1 gegen die Existenz Gottes

Wer die traditionellen religiösen Lehren mit Skepsis betrachtet, … kann … versuchen, einen Gegenbeweis zu führen. Ein solcher Gegenbeweis wird selbstverständlich beim Problem des Übels ansetzen. An diesem Problem scheint deutlich zu werden, dass dem traditionellen Theismus nicht nur jede vernünftige Grundlage fehlt, sondern dass er auch positiv widervernünftig ist, weil einige seiner zentralen Aussagen einander widersprechen.

Die ungeheuren Schwierigkeiten des Theismus, in dieser Hinsicht seine eigenen Lehren miteinander zu versöhnen, müssen ganz erheblich gegen ihn ins Gewicht fallen.

Aus: John Leslie Mackie, Das Wunder des Theismus, Reclam: Stuttgart 1985.

Wenn Verstehensvoraussetzungen nie hinterfragt werden

Most people, unhappily, accept their presuppositions unconsciously … There is nobody so ignorant in these areas as the university graduate. The more they are caught in the system, the more they accept ‘what everybody thinks’, the more blind they’re apt to be – not thinking very simple things.

Aus: Colin Duriez. Francis Schaeffer – an Authentic Life. Crossway Books: Wheaton 2008.