Input: Das Lernzonenmodell auf das kindliche Lernen angewandt

Am Küchentisch zeichnete ich auf einem Blatt drei Kreise. Es handelt sich um eine Anwendung des Lernzonenmodells.

Der erste, innerste Kreis der Kreis der Gewohnheiten. Um die Zähne zu putzen, am Arbeitstisch abzusitzen, ein Wort zu schreiben oder einen Ton auf dem Klavier zu drücken, muss sich mein 12-jähriger Sohn nichts mehr überlegen. Es gehört zu seinen Gewohnheiten, so wie hunderte von anderen Handlungen aus.

Der zweite Kreis beinhaltet die Zone des Lernens. Ich zeichnete drei Punkte in diesem zweiten Kreis ein. Ein erster Punkt liegt nahe bei der Gewohnheitszone. Es handelt sich um kleine Lernaufgaben, die sich problemlos erreichen lassen. Das einzige, das in die Quere kommen könnte, ist die Auftragstreue. Diese Aufgaben werden unterschätzt: "Das kann ich dann schon, wenn ich will." Hinter dieser Aussage steckt eine stolze Haltung und eine Fehleinschätzung. Wer sich nicht ständig für kleine Aufgaben ausserhalb der Gewohnheitszone überwinden kann, der rappelt sich für schwierigere Aufgaben erst recht nicht auf. Die geistliche Diagnose lautet: Stolz (= Sünde).

Der zweite eingezeichnete Punkt liegt tiefer in der Lernzone, weiter entfernt von den "automatischen" Handlungen. Es handelt sich um neue Aufgabenstellungen, für die Wissen und Methode angeeignet werden muss. Wer sich an solche Hindernisse nicht heranmacht, übt sich in der schlechten Gewohnheit des Verschiebens. "Das kann ich ja morgen noch erledigen." Schnell naht die nächste Schulstunde oder Musiklektion – und die Aufgabe ist immer noch nicht angepackt. Manche denken, sie könnten dies kurzfristig noch nachholen. Weil das immer wieder gelingt, eignen sie sich Lerninhalte immer auf die kurze Frist an (Kurzzeitgedächtnis). Die geistliche Diagnose lautet: Faulheit (= Sünde).

Der dritte Punkt liegt nahe an der nächsten Zone, genannt Todeszone. Hier handelt es sich um grosse Veränderungen (Umfeld, Aufgabestellung und neue Gewohnheiten). Das Kind wechselt Schulhaus, Lernstufe, Lehrer oder gar Wohnort. Es muss neu über Mittag in der Schule bleiben. Der gesamte Tag hängt  nun davon ab, ob es beim Einüben kleiner Veränderungen diszipliniert war, also immer wieder seinen Stolz (mit der Hilfe von Gottes Gnade) überwinden musste. Wenn neue Aufgabenstellungen an das Kind herantreten, packt es sie mit Zuversicht an. Es verfügt über eine gute Arbeitshaltung (Hilfestellungen sofort dokumentieren, Dokumente am richtigen Ort ablegen, Agenda mit Meilensteinen führen).

Der dritte Kreis ist die Todeszone. Dies sind schockartige Erlebnisse (Todesfälle, Gewalt, Krieg, Flucht). In unseren Gegenden reicht aber schon weniger: Neue Kollegen, ein neues Umfeld, ein Rückschlag (Tiefnote), eine harsche Bemerkung des Lehrers, geschwächte Eltern. Die Reaktionen: Blockade, Verweigerung, Depression, Klagen, Aggression.

Jesus drückte es so aus: Wer im Geringsten treu ist, ist in vielem treu; wer im Geringsten untreu ist, ist auch in den grossen Dingen untreu. Oft flüchten wir uns hinter psychologische Erklärungen. Ohne zu verallgemeinern, wage ich die Behauptung: Weil wir im Geringen nicht treu waren (wie die ersten Menschen sind wir nach dem Sündenfall Meister im Selbstbetrug und im Finden von Ausreden), fehlen wir auch im Grösseren. Dies beziehe ich auf Lernprozesse. Natürlich verfügen wir alle über Begrenzungen, doch oft liegt der Grund des Misserfolgs nicht am Wissen, sondern am Wollen.