Buchhinweis: Denkrahmen von Lehrern, Schülern, Eltern

Nochmals John Hattie, hier aus “Visible Learning: The Sequel: A Synthesis of Over 2,100 Meta-Analyses Relating to Achievement” (2023; Kapitel 2):

Die Zwecke für verschiedene Stakeholder

Das Modell definiert klare Zwecke für verschiedene Beteiligte im Bildungsprozess:

Lehrer

  • Ihre Wirkung durch die Augen der Schüler sehen
  • Schülern beibringen, ihre eigenen Lehrer zu werden
  • Schüler ihrer eigenen Lehrtätigkeit werden

Schüler

  • Ihre eigenen Lehrer werden
  • In schulisches Lernen reinvestieren wollen

Schulleiter

  • Schulweite Verbesserungsprozesse leiten, damit alle Pädagogen ihre Wirkung auf Schüler maximieren

Familien

  • Die ersten Lernenden ihrer Kinder werden

Die Denkrahmen (Mind Frames)

Die Denkrahmen sind in vier Bereiche unterteilt:

Für Lehrer und Schulleiter

  1. Ich bin ein Evaluator meiner Wirkung auf das Lernen der Schüler
  2. Ich sehe Bewertung als Information über meine Wirkung und nächste Schritte
  3. Ich arbeite mit meinen Kollegen und Schülern über meine Vorstellungen von Fortschritt und Wirkung zusammen
  4. Ich bin ein Veränderungsagent und glaube, dass alle Schüler sich verbessern können
  5. Ich strebe nach Herausforderung und nicht nach dem Ziel, mein Bestes zu geben
  6. Ich gebe Feedback und helfe Schülern, es zu verstehen, und ich interpretiere und handle nach Feedback an mich
  7. Ich engagiere mich ebenso im Dialog wie im Monolog
  8. Ich informiere Schüler von Anfang an explizit, wie erfolgreiche Wirkung aussieht
  9. Ich baue Beziehungen und Vertrauen auf, damit Lernen an einem Ort stattfinden kann, wo es sicher ist, Fehler zu machen und von anderen zu lernen
  10. Ich konzentriere mich auf das Lernen und die Sprache des Lernens

Für Schüler

  1. Ich bin zuversichtlich, dass ich lernen kann
  2. Ich setze, implementiere und überwache eine angemessene Mischung aus Leistungs- und Tiefenlernzielen
  3. Ich strebe danach, mich zu verbessern und genieße mein Lernen
  4. Ich strebe danach, Oberflächen- und Tiefenlernen zu beherrschen und zu erwerben
  5. Ich arbeite daran, zu einer positiven Lernkultur beizutragen
  6. Ich habe mehrere Lernstrategien und weiß, wann ich sie am besten einsetzen kann
  7. Ich habe das Vertrauen und die Fähigkeiten, vom Gruppenlernen zu lernen und dazu beizutragen
  8. Ich kann Feedback hören, verstehen und danach handeln
  9. Ich kann mein Lernen bewerten
  10. Ich bin mein eigener Lehrer

Für Eltern und Familien

  1. Ich habe angemessen hohe Erwartungen
  2. Ich stelle vernünftige Anforderungen und bin sehr ansprechbar für mein Kind
  3. Ich bin nicht allein
  4. Ich entwickle die Fähigkeiten, den Willen und den Nervenkitzel meines Kindes
  5. Ich liebe das Lernen
  6. Ich kenne die Kraft des Feedbacks, und Erfolg gedeiht durch Fehler
  7. Ich bin ein Elternteil, kein Lehrer
  8. Ich setze mein Kind Sprache, Sprache, Sprache aus
  9. Ich weiß, dass mein Kind nicht perfekt ist, und ich auch nicht
  10. Ich bin ein Evaluator meiner Wirkung

Für Gleichheit, Zugehörigkeit und Identitäten

  1. Wir erkennen die vielfältigen Kulturen unserer Schüler an und würdigen sie
  2. Wir sprechen systemische Ungleichheiten an und unterbrechen sie
  3. Wir bewerten unsere Wirkung über unsere Absicht, wenn wir implizite Vorurteile stören
  4. Wir integrieren evidenzbasierte Praktiken, die kulturell stärken und Ungleichheiten mindern
  5. Wir sind kollektiv verantwortlich für das Wohlbefinden der Schüler und den Abbau von Lernbarrieren
  6. Wir fördern eine Kultur, die die Identitäten der Schüler aufbaut und würdigt
  7. Wir suchen Möglichkeiten, die Identitäten aller unserer Schüler zu unterstützen
  8. Wir arbeiten zusammen, um sicherzustellen, dass unsere Schule sehr einladend und eine hassfreie Zone ist
  9. Wir wollen, dass alle Schüler das Gefühl haben, dazuzugehören und in allen Klassen willkommen zu sein
  10. Wir stellen sicher, dass unsere Schule eine sehr einladende und sichere Zone ist

Das Modell der intentionalen Ausrichtung

Das Modell der intentionalen Ausrichtung umfasst sieben Hauptkomponenten:

  1. Bestimmung der Lernziele und Erfolgskriterien:
    • Basierend auf Lehrplan, Verständnis von Progressionen und Motivation der Schüler
  2. Analyse der kognitiven Aufgabe:
    • Fokus auf Wissen-dass, Wissen-wie und Wissen-mit Aspekte der Lektionen
    • Verständnis der kognitiven Komplexität
  3. Klima und Kultur der Klasse:
    • Fehler oder Missverständnisse als Lernchancen sehen
    • Sicherheit zum Arbeiten, Entdecken und Erforschen mit Gleichaltrigen
    • Einladendes Klima für alle
  4. Abstimmung der Lehrmethoden:
    • Mit der kognitiven Komplexität der Aufgabenkomponenten
    • Erforderliches Vertrauen für die Bewältigung der Herausforderungen
    • Effiziente und effektive Verbesserung der Schüler
  5. Sicherstellung geeigneter Lernstrategien:
    • Schüler verfügen über geeignete und effektive Lernstrategien
  6. Auswahl der Aktivitäten:
    • Abstimmung mit den Komplexitätsniveaus des Inhalts
    • Tieferes konzeptionelles und relationales Denken
  7. Anwendung von Bewertungsmethoden:
    • Fokus auf Inhalt (Wissen-dass), Beziehungen (Wissen-wie) und Transfer (Wissen-mit)
    • Information über Fortschritt, Erfolg und zu schließende Lücken

Drei Ebenen der kognitiven Komplexität

Das Modell unterscheidet drei Ebenen der kognitiven Komplexität:

  1. Wissen-dass (Oberfläche):
    • Faktisches Wissen: Erinnerung und Reproduktion
    • Konzeptionelles Wissen: Grundlegende Anwendung
  2. Wissen-wie (Tiefe):
    • Prozedurales und relationales Wissen
    • Verbinden, Anwenden und Zusammenführen von Oberflächenwissen aus verschiedenen Bereichen
  3. Wissen-mit (Transfer):
    • Transfer auf ähnliche oder neue Kontexte
    • Anwendung von in einem Kontext gewonnenem Wissen in einem anderen

Das 5D-Modell zur Implementierung

Das 5D-Modell zur Implementierung umfasst fünf Schritte:

  1. Discover (Entdecken):
    • Identifizierung von Zielen, die es wert sind, verfolgt zu werden
    • Aufbau einer Theorie der Gegenwart
    • Vereinbarung, wie Erfolg aussieht
  2. Design (Gestalten):
    • Systematische Untersuchung verschiedener Optionen
    • Auswahl/Gestaltung einer hochwahrscheinlichen Intervention
    • Stresstest vor dem Start
    • Entwicklung eines Überwachungs- und Evaluierungsplans
  3. Deliver (Umsetzen):
    • Umsetzung der vereinbarten Interventionen
    • Sammlung von Überwachungs- und Evaluierungsdaten
  4. Double-back (Zurückblicken):
    • Überwachung und Evaluierung der Lieferkette
    • Entscheidung über die nächsten Schritte
  5. Double-up (Ausweiten):
    • Implementierung und Aufrechterhaltung verbesserter Versionen einer Intervention
    • Einbettung in mehrere Schulen (Nachhaltigkeit)

Podcast: Die Gottesfrage wieder in die Öffentlichkeit bringen

Justin Brierly erläutert in “Unbelievable?: Why After Ten Years of Talking with Atheists, I’m Still a Christian” sowie “Why I’m Still a Christian: After Two Decades of Conversations with Skeptics and Atheists–The Reason I Believe” sein Debattenformat, das er seit über zwei Jahrzehnten mit grossem öffentlichem Interesse umsetzt. Moderne Apologetik hat (nach wie vor) ein Imageproblem, da sie oft als ausschließliches Gebiet von Akademikern und Intellektuellen angesehen wird. Dies sind Brierlys Überlegungen zu “Unbelievable”:

  • Das Internet sollte die Welt zum Besseren verändern, aber die heutigen Internet-Hauptzugänge wie Facebook, Google und YouTube haben Algorithmen, die Menschen nur das zeigen, was sie hören und sehen wollen. Dies führt zu Echokammern, in denen Menschen vor Andersdenkenden geschützt werden.
  • Bierly versucht, durch die “Unbelievable?”-Radiosendung und den Podcast das Konzept guter Gespräche neu zu beleben. Er will die Gottesfrage wieder in die Öffentlichkeit bringen und dafür sorgen, dass sogenannte Gegner einander wieder zuhören.
  • Das Format der Sendung “Unbelievable?” war einfach: Ein Christ und ein Nicht-Christ diskutieren, warum einer glaubt und der andere nicht, wobei Anrufe von Zuhörern entgegengenommen wurden.
  • Die Zuhörer wussten nie, was sie von Woche zu Woche erwarten würden – von akademischen, höflichen Diskussionen bis hin zu scharfen Debatten mit viel Feedback.
  • Brierly beabsichtigte, dass “Unbelievable?” ein Ort ist, an dem Zuhörer durch freundlichen Dialog und Debatte die rationale Argumentation für das Christentum hören können.
  • In einem Klima von argumentativen und antagonistischen Debatten (besonders im Internet) schienen die vernünftigen, ausgewogenen und meist freundlichen Diskussionen zwischen intelligenten Menschen bei den Zuhörern Anklang zu finden.
  • Nach einiger Zeit erkannte er, dass viele Einwände einfach Neuformulierungen klassischer Dilemmata wie dem Problem des Bösen waren oder auf einer bestimmten Sichtweise der Schrift beruhten, die für einen soliden christlichen Glauben nicht unbedingt wesentlich war.
  • Persönliche Wirkung: Nach Jahrzehnten Moderation ist der Autor überzeugter von seinem christlichen Glauben als zu Beginn der Sendung.

Buchhinweis: Scrutons Argumentation gegen ein naturalistisches Verständnis des Menschen

Roger Scruton argumentiert in seinen Vorlesungen “On Human Nature” – im Licht der Allgemeinen Offenbarung, also nicht von der Bibel her – gegen ein naturalistisches Verständnis des Menschen. Hier sind einige Argumentationslinien:

Menschen sind biologische Wesen, aber zugleich mehr als nur Tiere

  • Der Text argumentiert, dass Menschen als biologisch determiniert gelten, weil sie wie andere Tiere geboren werden und sterben.
  • Dennoch besitzen sie Eigenschaften (z. B. Rationalität, Freiheit, Selbstbewusstsein), die sich nicht allein durch biologische Mechanismen erklären lassen.

    Unterschied Mensch–Tier: Lachen

      • Das menschliche Lachen wird als Indikator für Selbstreflexion und Urteilsvermögen dargestellt, da man in der Regel „über etwas“ lacht und dieses Etwas als unpassend, absurd oder widersprüchlich erkennt.
      • Diese Fähigkeit zu urteilen und sich gemeinsam über Fehler oder Unzulänglichkeiten zu amüsieren schafft soziale Gemeinschaft, ist aber keine bloß „funktionale Anpassung“, denn es gibt auch humorlose Gesellschaften, die dennoch überleben.

      Verantwortung und Freiheit

        • Menschen halten einander zur Rechenschaft und haben Moralbegriffe wie „Rechte“, „Pflichten“, „Verdienst“.
        • Diese Verantwortungsperspektive unterscheidet sich fundamental von tierischen Verhaltensmustern, da sie Selbstbewusstsein, Willensfreiheit und Fähigkeit zu normativen Urteilen einschließt.

        Die Rolle der Intentionalität

          • Auf höherer Ebene haben Menschen nicht nur simple Vorstellungen („Glauben und Begehren“), sondern beziehen sich auch auf ihre eigenen Zustände und die anderer (Zustände zweiter Ordnung).
          • Dadurch können Menschen sich selbst als Subjekte begreifen und in gemeinschaftlicher Sprache über Absichten, Verantwortlichkeit oder Gerechtigkeit verhandeln.

          „Eliminativer Materialismus“ und seine Grenzen

            • Manche Autoren halten die alltägliche Rede über Denken und Fühlen (Folk Psychology) für eine überholte Theorie, die womöglich von der Hirnforschung ersetzt werden könne.
            • Der Text entgegnet, dass wir uns gegenseitig nur verstehen und moralisch bewerten können, indem wir uns in Kategorien der „folk psychology“ begreifen; eine rein neurophysiologische Beschreibung würde das interpersonale Leben zerstören, da sie die Selbstzuschreibung von Gründen und Absichten übergeht.

            Buchhinweis: Tolkiens christliche Weltanschauung systematisch erforscht

            Mit viel Freude habe ich 2024 die “Tolkien Dogmatics: Theology Through Mythology With the Maker of Middle-Earth” des Theologen Austin Freeman gelesen. Im ersten Kapitel setzt er sich mit der Tolkien-Rezeption auseinander:

            Mit welcher Sichtweise schrieb er dieses Werk?

            1. Der Autor räumt ein, dass die Konstruktion von Tolkiens Theologie eine “textuelle Archäologie” über verschiedene Quellen hinweg (Briefe, Essays, Poesie, Fiktion) erfordert, da Tolkien keine expliziten theologischen Abhandlungen verfasste.
            2. Tolkien selbst behauptete, dass sein Christentum die wichtigste Tatsache zum Verständnis seines literarischen Werks sei, und erklärte, dass “Der Herr der Ringe natürlich ein grundlegend religiöses und katholisches Werk ist.”
            3. Der Text behandelt Debatten darüber, ob Tolkiens Werke als christlich oder heidnisch gelesen werden sollten, und plädiert für eine nuancierte Sichtweise, die Mittelerde als “chronologisch vorchristlich, aber metaphysisch christlich” anerkennt.
            4. Der Autor skizziert eine Methodik, die Tolkiens Sachliteratur (besonders seine Briefe) gegenüber seiner Fiktion priorisiert, späteren Werken mehr Gewicht gibt als früheren und den katholischen theologischen Kontext anerkennt, ohne die Analyse auf kirchliche Lehren zu beschränken.

            Detaillierter:

            Es gibt zwei Extrempositionen in der Tolkien-Interpretation:

            • Die “Monstrance”-Sicht: Tolkiens Fiktion wird nur als dünne Apologie für den Katholizismus gesehen, bei der die Lehren der Kirche im Mittelpunkt stehen. Eine Monstranz ist ein verziertes Gefäß zur öffentlichen Ausstellung eines Andachtsobjekts; die Kunst existiert hier nur zum Zwecke der Ausstellung.
            • Die “Critics”-Sicht: Als Reaktion auf die übereifrige Aneignung Tolkiens durch das Monstrance-Lager oder aus persönlicher Abneigung gegen das Christentum versuchen diese Leser, die religiösen Stränge in Tolkiens Denken herunterzuspielen.

            Tolkiens explizite theologische Aussagen (am häufigsten in “The Letters of J.R.R. Tolkien”) sind meist keine zusammenhängenden Argumentationen, sondern beiläufige Kommentare in spezifischen Lebenssituationen.

            Dennoch war Tolkiens Theologie kein Hintergrundmerkmal seines Lebens. Schon als junger Mann bezeichnete er Religion neben Liebe, patriotischer Pflicht und Nationalismus als seine treibende Kraft und Grundlage.

            Seine Tochter Priscilla bestätigt, dass Tolkien selten oder nie didaktisch über Dogmen sprach, sondern religiöse Themen und moralische Fragen durch das Medium des Geschichtenerzählens zum Ausdruck brachte.

            Freeman interpretiert es so, dass wir christliche Theologie nicht in den expliziten Elementen der Geschichten suchen sollten (da sie in einer vorchristlichen Welt spielen), sondern in der Tiefenstruktur der Geschichte, in ihrer Metaphysik, Ethik und in der Form ihrer Handlung.

            Es muss zwischen Erzähler und Autor unterschieden werden, zwischen dem, was in Mittelerde wahr ist, und dem, was in der primären Welt wahr ist. Tolkien agiert manchmal als unzuverlässiger Erzähler. Obwohl Mittelerde von Tolkien als unsere eigene Erde in ferner mythischer Vergangenheit gedacht war, entspricht der metaphysische Apparat, den Tolkien erschaffen hat, nicht vollständig dem, was Tolkien über die primäre Realität glaubte.

            Buchhinweis: Harry Potter steht in der Linie der christlichen Tradition

            Vor einiger Zeit habe ich über John Grangers Harry Potter-Rezeption geschrieben. In How Harry Cast His Spell: The Meaning behind the Mania for J. K. Rowling’s Bestselling Books erläutert Granger in den ersten zehn Kapiteln, warum die Serie aus christlicher Weltsicht Wesentliches liefert. Kürzlich habe ich die Inhalte des Buches vertieft.

            Hauptthese

            Dieser Sichtweise schliesse ich mich an:

            • Der fundamentale Grund für die erstaunliche Popularität der Harry-Potter-Romane ist ihre Fähigkeit, ein geistliches Verlangen nach Erfahrungen von Wahrheiten über Leben, Liebe und Tod zu erfüllen, die in unserer säkularen Kultur oft verneint werden.
            • Menschen sind von Natur aus für transzendente Wahrheiten geschaffen, ob sie es wissen oder nicht, und sie suchen nach Erfahrungen dieser Wahrheiten und nach Übung ihrer spirituellen Fähigkeiten, wo immer sie können.
            • Die Harry-Potter-Geschichten bewegen sich im Einklang mit der Großen Geschichte von Christus in der Tradition der englischen Literatur, was ein wichtiger Schlüssel zum Verständnis ihrer fesselnden Reichhaltigkeit und beispiellosen Popularität ist.
            • Diese Bücher werden also geliebt, weil sie das Verlangen nach religiöser Erfahrung in großem Stil befriedigen.

            Zwei Arten von Magie

            • Der Autor unterscheidet klar zwischen zwei Arten von Magie in der Literatur:
              • Invokationsmagie (“herbeirufen”): Wird oft als Zauberei bezeichnet und beinhaltet das Anrufen dämonischer Mächte für persönliche Macht und Vorteile. Diese Art von Magie wird in religiösen Schriften gewarnt und ist nicht in den Harry-Potter-Büchern enthalten.
              • Inkantationsmagie (“mitsingen” oder “harmonisieren”): Diese Art von Magie wird in Harry Potter verwendet und bezieht sich auf das Harmonisieren mit Gottes schöpferischem Wort durch Nachahmung.
            • Der Autor betont, dass in keinem der sieben Harry-Potter-Bücher, selbst von den bösesten Zauberern, jemals böse Geister herbeigerufen werden. Alle Magie wird durch Zaubersprüche und Zauberstäbe ausgeführt.

            Sichtbare und unsichtbare Welt

            • Die Überlappung zwischen der “magischen” und der “Muggel”-Welt in Harry Potter suggeriert, dass die vorherrschende bipolare Weltanschauung der Amerikaner verbunden mit der Illusion von säkular versus heilig geteilt ist Unsinn ist.
            • Das traditionelle Verständnis der Welt ist ein sakramentales, in dem das Unsichtbare das Sichtbare durchdringt (ebenso wie die menschliche Person eine psychosomatische Einheit mit geistigen Fähigkeiten ist).
            • Der Zusammenbruch der Muggel/Magie-Trennung hilft den Lesern zu erkennen, dass die Existenz selbst (indem sie weder Materie noch Energie ist) die gesamte Realität vereint und dass “größeres Sein” nur in der Verfolgung des Heiligen zu finden ist, nicht des Wissenschaftlichen und Profanen.

            Die englische Literaturtradition und ihre christliche Prägung

            • Der Autor betont, dass die englische Literatur bis vor etwa 50 Jahren fast ausschließlich christlich geprägt war – christliche Autoren schrieben für ein christliches Lesepublikum Bücher, Theaterstücke und Gedichte, die sie in ihrem spirituellen und alltäglichen Leben als Christen erbauen sollten.
            • Er vergleicht dies mit der Selbstverständlichkeit, mit der der Einfluss des Islam auf die arabische Kultur anerkannt wird, und fragt, warum die Anerkennung des christlichen Einflusses auf die englische Literatur als “proselytisierend” kritisiert wird.
            • Der Autor argumentiert, dass literarische Werkzeuge wie Alchemie, religiöse Symbolik und Doppelgänger außerhalb der Tradition, in der diese Bücher geschrieben sind und diese Werkzeuge verwendet werden, nicht viel Sinn ergeben.

            Podcast: Muslime im säkularen Westen

            Ein spannendes Gespräch mit zwei angelsächsischen Islamexperten, u. a. Mark Durie. Dessen Werk “The Third Choice: Islam, Dhimmitude and Freedom” habe ich vor Jahren intensiv studiert.

            Gibt es so etwas wie nominelle Muslime?

            • Grobe Einteilung der Muslime in etwa drei Gruppen:
              1. ~25 % „sehr konservativ/strikt“ (wollen islamisches Recht aktiv durchsetzen),
              2. ~50 % eher traditionell, praktizieren manche Riten (z.B. während Ramadan), stehen aber dem streng religiösen Aktivismus distanzierter gegenüber,
              3. ~25 % säkular, atheistisch oder „schlechte Muslime“ (nach traditioneller Sicht).
            • Ein Großteil der muslimischen Bevölkerung identifiziert sich stark mit der Gemeinschaft (Umma), auch wenn die religiöse Praxis schwach ausgeprägt sein kann.
            • Viele Muslime wissen wenig über Koran und Hadithe, da religiöse Erziehung oft bloß aus Auswendiglernen (in Arabisch) besteht, ohne eigenes theologisches Tiefenverständnis.

            Was ist ein “Kalifat”? Unterstützt Islam Demokratie?

            • „Kalifat“ (Kalifat / Caliphate) = Eine theokratisch geprägte Staatsform, in der ein Nachfolger (Kalif) an Muhammads Stelle die weltweite muslimische Gemeinschaft anführt.
            • Traditioneller sunnitischer Islam strebt grundsätzlich ein Kalifat an, in dem islamische Gesetze (Scharia) gelten.
            • Demokratie und Volksbeteiligung sind im klassischen islamischen Denken schwierig zu integrieren, da im orthodoxen Verständnis allein Gott Gesetze bestimmt (Nomokratie statt Demokratie).
            • Im modernen Kontext versuchen einige Denker, Islam und Demokratie zu versöhnen. Jedoch existiert ein starker konservativer Flügel (z.B. al-Qaida, ISIS), der Demokratie als „Götzendienst“ (Shirk) ablehnt.

            Wie wird der Koran interpretiert?

            • Koranverse aus der frühen (mekkanischen) Periode gelten als weniger gewalttätig, da Muslime damals in der Minderheit waren und Verfolgung erlebten.
            • Spätere (medinensische) Suren enthalten hingegen gewaltsamere Aufforderungen, etwa gegen Ungläubige oder zur Eroberung.
            • Klassische islamische Rechtslehre kennt das Prinzip der Abrogation (Naskh): Spätere Offenbarungen heben frühere auf. Damit werden friedlichere Verse teils als überholt betrachtet.
            • Alternative Sicht (u.a. syrischer Gelehrter al-Būy): Man „wendet“ die jeweilige Koranpassage je nach sozialer Situation an – schwache Muslime orientieren sich an friedlichen Versen, starke Muslime an gewalttätigen.

            Islamophobie und Opferhaltung

            • Starke Betonung eines „Opfernarrativs“ in Teilen der islamischen Welt: Man sieht Muslime als Opfer westlicher Kolonialmächte oder aktueller Verschwörungen.
            • Dieses Narrativ legitimiere zum Teil gewaltsames Vorgehen (Jihad) als vermeintliche Selbstverteidigung oder Befreiung.
            • Kritik an westlicher Politik und Medien: vielfach fehle das Verständnis für religiöse Ideologie, man rede Konflikte rein politisch/ökonomisch klein und ignoriere den Einfluss islamischer Theologie.
            • Tendenziell „ängstliche“ Haltung mancher westlicher Behörden, die aus Furcht vor Rassismusvorwürfen oder wegen Multikulturalismus islambezogene Probleme nicht offen ansprechen.

            Podcast: China sei keine Supermacht

            Seit einiger Zeit gilt ein besonderes historisches Interesse dem faszinierenden Riesenreich China. Frank Dikötters Trilogie zu ihrer Geschichte fesselt mich insbesondere. Kürzlich führte der China-Experte, der übrigens in einer Phase der Öffnung hunderte von Dokumenten in chinesischen Archiven las, im Podcast Uncommon Knowledge eine intensive Diskussion.

            Die China-Illusion: Wirtschaftswachstum ohne Demokratie

            Frank Dikötter argumentiert grundlegend gegen die verbreitete Auffassung von China als erfolgreiche Wirtschaftssupermacht. Er korrigiert die fundamentale Fehleinschätzung vieler westlicher Beobachter, die annahmen, dass wirtschaftliche Entwicklung zwangsläufig zu politischer Liberalisierung führen würde – eine Annahme, die in Fällen wie Südkorea und Taiwan zutraf, bei China jedoch fehlschlug.

            Der zentrale Fehler liegt laut Dikötter in der Unfähigkeit oder Unwilligkeit, etwas Grundlegendes zu erkennen: Chinesischer Kommunismus ist Kommunismus. Diese simple Feststellung impliziert, dass die Kommunistische Partei Chinas nie die Absicht hatte, ihr Machtmonopol aufzugeben oder das sozialistische Wirtschaftssystem grundlegend zu verändern, sondern die Reformen lediglich als Mittel zum Machterhalt verstand.

            Die zwei Gesichter Chinas: Städtische Fassaden und ländliche Realität

            Die unbestreitbare Transformation chinesischer Städte wie Tianjin seit den 1980er Jahren erkennt Dikötter an. Die glänzenden Hochhäuser, modernen Straßen und urbane Entwicklung sind sichtbar und real. Jedoch betont er, dass diese Modernisierung nur ein Gesicht Chinas zeigt und teilweise einer Potemkinschen Fassade gleicht.

            Die ländlichen Regionen, wo die Mehrheit der Chinesen lebt, präsentieren ein völlig anderes Bild. Die schönen, gepflegten Autobahnen mit Rosen enden abrupt, sobald man die Städte verlässt, und werden zu staubigen Straßen, die dann im ländlichen Raum ganz verschwinden. Diese Diskrepanz verdeutlicht für Dikötter die Prioritäten des Regimes: Hohe Investitionen in prestigeträchtige urbane Projekte, die ein Bild von Stärke und Modernität vermitteln, während der ländliche Raum vernachlässigt wird.

            Besonders problematisch ist laut Dikötter das “Apartheid-System” der Haushaltsregistrierung, das Menschen vom Land systematisch benachteiligt: Wenn man von einer Frau geboren wird, die als Dorfbewohnerin klassifiziert ist, hat man nicht den gleichen Status wie jemand, der als Stadtbewohner geboren wurde. Dies gleiche einem Apartheid-System. Mit anderen Worten, sehr viele Menschen haben einen minderwertigeren Status. Sie haben keinen Zugang zu denselben Wohlfahrtsleistungen oder anderen Ressourcen, die vom Staat zugewiesen werden.

            Der Mythos der staatlich gelenkten Armutsbekämpfung

            Ein zentrales Element der Legitimität der Kommunistischen Partei sei die Behauptung, 800-900 Millionen Menschen aus der Armut befreit zu haben. Dikötter stellt diese Erzählung fundamental in Frage. Er präsentiert eine alternative Lesart der Geschichte: Als Mao 1976 starb, war der Lebensstandard für die meisten Chinesen niedriger als 1949, nach einer menschengemachten Hungersnot (1958-1962) mit mindestens 45 Millionen Toten und der verheerenden Kulturrevolution. China war ein außerordentlich rückständiges Land, sodass ein gewisses Wachstum von diesem niedrigen Niveau aus eigentlich nicht allzu schwierig war.

            Entscheidend ist Dikötters Beobachtung, dass die wirtschaftliche Erholung bereits vor den offiziellen Reformen begann, und zwar durch Eigeninitiative der Landbevölkerung: Bereits vor Maos Tod, als 1972 jedes Parteimitglied während der Kulturrevolution zur Rechenschaft gezogen worden war und die Armee, die seit 1968 in jedem Bauernhof, jeder Fabrik, jedem Büro stationiert war, in die Kasernen zurückkehrte und ihrerseits gesäubert wurde, erkannten die Menschen auf dem Land, dass niemand mehr da war, um sie zu beaufsichtigen. Es war niemand mehr da, der ihnen sagte: ‘Geht und arbeitet auf den kollektiven Feldern.’ Der Stiefel war von ihrem Nacken genommen. Diese Freiheit von Kontrolle führte dazu, dass Menschen begannen, unterirdische Fabriken zu betreiben, Schwarzmärkte zu eröffnen und Land unter sich aufzuteilen – oft mit stillschweigender Zustimmung lokaler Parteifunktionäre, die der Jahrzehnte revolutionärer Gewalt und Armut überdrüssig waren.

            Input: Feedback in Lernprozessen

            Der australische Bildungsforscher John Hattie (* 1950) begleitet mich seit Jahren. Kürzlich befasste ich mich erneut mit seinen (wegweisenden) Hinweisen zum Feedback. Sein Modell dient mir als Hintergrundgerüst.

            Grundlegendes zum Feedback

            • Feedback gilt als eine der wirkungsvollsten Strategien zur Verbesserung der Schülerleistung.
            • Es ist wichtig, dass Feedback von Lernenden tatsächlich aufgenommen und genutzt wird, nicht nur erhalten wird.
            • Die Qualität des Feedbacks ist entscheidender als die Quantität.
            • Feedback sollte als bidirektionaler Prozess verstanden werden, nicht als einseitige Informationsweitergabe.

            Wirksamkeit von Feedback

            • Feedback korreliert typischerweise mit hohen Effektstärken (d = 0,73) bei akademischen Leistungen.
            • Feedback kann jedoch sehr unterschiedliche Auswirkungen haben; mehr als ein Drittel der untersuchten Feedback-Studien verzeichnete sogar Leistungsrückgänge.
            • Die negativen Effekte von Feedback (z. B. nachteilige Auswirkungen von Lob) wurden historisch oft übersehen.

            Prinzipien für effektives Feedback

            1. Klare Erwartungen und Standards für den Lernenden festlegen
            2. Fortlaufendes, gezieltes Feedback innerhalb der Lernphase planen
            3. Praktiken zur Entwicklung der Selbstregulierung fördern
            4. Feed-Forward-Möglichkeiten bieten, um das Feedback umzusetzen und den Feedback-Kreislauf zu schließen

            Feedbacktypen im Modell von Hattie und Timperley

            • Feeding Up: Klärt für Lernende, wohin sie gehen (Lernziele und Erfolgsstandards)
            • Feeding Back: Informationen an Lernende, wie sie vorankommen
            • Feeding Forward: Informationen über die nächsten Schritte zur Verbesserung

            Feedbackebenen

            • Aufgabenebene: Feedback zum oberflächlichen Verständnis und den Anforderungen der Aufgabe
            • Prozessebene: Feedback zu den Prozessen, Fähigkeiten oder Strategien zur Aufgabenbewältigung
            • Selbstregulierungsebene: Feedback, das Lernende zum Selbstüberwachen und -regulieren anregt
            • Selbstebene (meist Lob): Hat nachweislich negative Auswirkungen auf das Lernen

            Forschungsergebnisse

            • Feeding Back war der am häufigsten verwendete Feedbacktyp im Klassenzimmer
            • Feeding Forward war der am seltensten beobachtete Feedbacktyp
            • Das meiste Feedback richtete sich an die Aufgabenebene, die mit Oberflächenlernen verbunden ist
            • Relativ wenig Feedback wurde auf die Prozess- und Selbstregulierungsebene ausgerichtet, die eher tieferes und relationales Lernen fördern

            Praktische Implikationen

            • Die Verwendung von Vor-Bewertungen kann helfen, die Lernziele für Schüler zu verdeutlichen
            • Formative Bewertung bietet Gelegenheiten für Feedback früh im Lernprozess
            • Lernziele können dazu beitragen, selbstregulierendes Verhalten zu entwickeln
            • Der vorgeschlagene Feedback-Matrix-Rahmen kann eine Brücke zwischen Forschung und Praxis schlagen

            Rezension: Die postevangelikale Ethik folgt ihrer Dogmatik

            Thomas Jeising sorgt seit Jahren für klare, unaufgeregte, rahmende Kommentare zu Vorgängen in der (post-)evangelikalen Welt. So nahm er sich die Mühe, eine aktuelle postevangelikale Sexualethik zu analysieren. Dafür fehlt mir Zeit und vor allem Motivation – ich habe so viel lohnenderen Lesestoff. Jeisings Beobachtungen: 

            Die Autoren beabsichtigen, das Selberdenken in ethischen Entscheidungen zu fördern, jedoch beschränkt sich dies darauf, eine bestimmte Sichtweise der gegenwärtigen Sozialwissenschaften kritiklos zu übernehmen. 

            Es wird behauptet, dass diese Ethik als „biblische Ethik“ deklariert wird, obwohl sie selektiv biblische Motive auswählt, um vorgefasste Ansichten zu bestätigen.  Mit dem Modell von „Karte und Gebiet“ wird argumentiert, dass die moralischen Karten vergangener Zeiten nicht mehr in die heutige Lebenswirklichkeit passen und ein bloßes Beschreiben des Lebensgebiets ausreiche, um den Weg des Selberdenkens zu finden.  

            Obwohl die Autoren sich als selbstkritisch und bescheiden präsentieren, indem sie ihre eigene Perspektive als „weiße Cis-Männer“ relativieren, tritt ein deutlicher Hochmut hervor, da sie sich als alleinige Vermittler in ethischen Konflikten darstellen.  Die Intention, eine Sexualethik ohne moralische Urteile zu schaffen, wird dadurch untergraben, dass sie gleichzeitig zentrale soziale und wissenschaftliche Positionen unkritisch übernimmt.  

            Die Transformation der christlichen Sexualethik führt dazu, dass Homosexualität als normal und gleichberechtigt angesehen wird und dass polyamore Lebensformen sowie „Ehe für alle“ als gleichwertige Lebensmodelle gelten.  Die Autoren begründen diese Ansichten mit der Behauptung, Jesus Christus würde heilsame Transformationen und Versöhnung ermöglichen, wodurch eine vermeintliche Verbindung zwischen evangelisch-reformatorischer Tradition und modernen sozialwissenschaftlichen Perspektiven hergestellt wird.  

            – In ihrer Anthropologie lehnen Dietz und Faix ein eindeutig christliches oder biblisches Menschenbild ab und berufen sich stattdessen auf allgemeine Prinzipien wie die Menschenwürde und die Bezogenheit auf Gott und Mitmenschen.  

            Die Autoren argumentieren, dass abgesehen von der biologischen Unterscheidung (Spermien versus Eizellen) alle weiteren Geschlechtsmerkmale statistische Unterschiede sind, die nicht naturgegeben, sondern kulturell konstruiert seien.  Sie stützen ihre Auffassung, dass Geschlecht ein biopsychosoziales Gefüge ist, indem sie die Ansichten der US-amerikanischen Philosophin Judith Butler verteidigen, was als typische Strohmann-Argumentation kritisiert wird.  

            Homosexuelles Leben, Bisexualität, Asexualität, sex-positive Pornografie und flexible Vorstellungen von Ehe werden als gleichwertige Ausdrucksformen sexueller Selbstbestimmung dargestellt, wobei kritische Anfragen zu diesen Konzepten weitgehend ausbleiben.  Die transformierende Ethik sieht auch alternative Familienmodelle und polyamore Beziehungen als gesundheitsfördernd an, solange sie auf Ehrlichkeit und Einvernehmlichkeit beruhen, was einer utilitaristischen Argumentation folgt.    

            Fazit: Eine echte christliche Sexualethik würde auf Gottes Weisung und der Erlösung durch Christus basieren und zugleich die Unveränderlichkeit göttlicher Maßstäbe anerkennen, anstatt sich dem wandelnden Zeitgeist anzupassen.

            Buchhinweis: Thomas von Aquin als Bibelausleger

            Thomas von Aquin widerfährt eine ähnliche Interpretation wie derjenigen von Johannes Calvin: Man verweist in erster Linie auf ihre Systematik (Unterricht in der Christlichen Religion bzw. Summa Theologica). Dabei wird verkannt, dass beide in erster Linie als Ausleger der Heiligen Schrift wirkten.

            Ähnlich zu T. H. L. Parkers Einführung in die alttestamentlichen und neutestamentlichen Kommentare Calvins legte der katholische Theologe Jason Paone Einführungen für das Alte Testament und das Neue Testament vor.

            Zum Beispiel: Die „Postilla“ zu den Psalmen ist eine Sammlung von Vorlesungen, die Thomas vermutlich in den letzten Jahren seiner Lehrtätigkeit an der Dominikanischen Hochschule in Neapel (1272–1273) hielt, während er an der Tertia Pars seiner Summa theologiae arbeitete. Dieses Werk spiegelt Thomas’ reifes theologisches Denken zu Themen wie Christus, Gebet, Gnade, göttliche Offenbarung und moralischem Leben wider. Die Postilla endet abrupt nach dem Kommentar zu Psalm 54, was den plötzlichen Abbruch seiner akademischen Tätigkeit am 6. Dezember 1273 infolge einer mystischen Erfahrung dokumentiert. Thomas erklärt, dass das Ziel der Psalmen darin besteht, den Geist zu Gott zu erheben, und erläutert dies mit ausführlichen Meditationen über die Herrlichkeit und Größe Gottes in den Bereichen Schöpfung, Herrschaft, Wiederherstellung und Verherrlichung.

            Herausstechend: Thomas von Aquin vertritt die Auffassung, dass Christus nicht nur in symbolischer oder allegorischer Hinsicht, sondern auch wörtlich als zentrale Bezugsperson des Alten Testaments zu verstehen ist (siehe dieser einleitende Aufsatz).

            Ebenso herausragend: Für Thomas ist wissenschaftliche Theologie untrennbar mit Gebet verbunden, was sich auch in seinen eigenen Gebeten und Hymnen widerspiegelt, die in der Anthologie integriert sind. Er sah im Gebet nicht nur eine emotionale, sondern auch eine intellektuelle und erkenntnisfördernde Praxis, die ihm half, seine theologischen Einsichten zu vertiefen.

            Der Kommentar zum Johannesevangelium bildet das “Flagschiff” seiner NT-Kommentare. Im Kommentar zum Johannesevangelium betont er, dass gerade dieses Evangelium die tiefste Offenbarung der göttlichen Natur und des Wortes darstellt. Thomas interpretiert die Evangelien und die Briefe im Lichte einer dreiphasigen Gnadenökonomie: Ursprung, Kraft und Auswirkung der Gnade. Eine gute Übersicht bietet der einführende Aufsatz Paones zu den NT-Kommentaren.