Ein göttlicher Plan hinter jedem bösen Geschehen?

Gott hat nicht für jedes böse Geschehen einen besonderen göttlichen Plan. Wenn ein zwei Monate altes Kind an einem schmerzhaften unheilbaren Knochenkrebs leidet, bedeutet das Leiden und Tod, und das ist einfach sinnlos und böse. Der Holocaust ist sinnlos und böse. Vergewaltigung und Zerstückelung eines jungen Mädchens ist sinnlos und böse. Der Unfall, der den Tod meines Bruders verursachte, war eine Tragödie. Gott hat mit diesen Ereignissen nichts Besonderes vor. Wenn eine Person einer anderen Person Schmerzen zufügt, glaube ich nicht, dass wir bei diesem Ereignis nach einer ›Absicht Gottes‹ suchen müssen. Ich weiß, dass Christen häufig von ›Gottes Absicht‹ inmitten einer Tragödie, die von einem anderen verursacht wurde, sprechen. … Aber das halte ich für eine zu vereinfachte fromme und unklare Glaubenshaltung. (Sanders und Boyd zitiert in John Piper. Standhaft im Leiden. CLV: Bielefeld 2006).

Piper setzt dem die Josefs-Geschichte entgegen:

Doch die Bibel selbst spricht immer wieder von ihrer Macht über alles Böse, das gegen Gottes Kinder ausgeübt wird. »Ihr zwar, ihr hattet Böses gegen mich beabsichtigt; Gott [aber] hatte beabsichtigt, es zum Guten [zu wenden], damit er tue, wie es an diesem Tag ist, ein großes Volk am Leben zu erhalten« (1. Mose 50,20). Das sagte Josef zu seinen Brüdern, die gegen ihn gesündigt hatten, als sie ihn in die Sklaverei verkauft und ihren Vater belogen hatten. Er sagt nicht nur, dass Gott das Böse in etwas Gutes verwandelt hatte, nachdem es passiert war, sondern dass Gott »es gut meinte« (das gleiche Verb wurde für die Absicht der Brüder gebraucht). Das wird in 1. Mose 45,7 bestätigt, wo Josef sagt: »Doch Gott hat mich vor euch hergesandt, um euch einen Überrest zu setzen auf Erden und euch am Leben zu erhalten für eine große Errettung.« Tatsächlich feierte das Volk Israel in späteren Jahrhunderten genau diesen souveränen Plan Gottes, der hinter Josefs Schwierigkeiten stand – genauso, wie sie glaubten, dass Gott die Hungersnot geplant hatte, die Josefs Gegenwart in Ägypten so notwendig machte – und die Israeliten waren davon überzeugt, dass Gott Josef harte Prüfungen auferlegte: “Er rief eine Hungersnot über das Land herbei; jeden Brotstab zerbrach er. Er sandte einen Mann vor ihnen her: Josef wurde als Knecht verkauft. Sie zwängten seine Füße in Fesseln, in Eisen kam sein Hals, bis zu der Zeit, da sein Wort eintraf, das Wort des HERRN ihn bewährte.” (Psalm 105,16-19)