Dieser Artikel von Jochen Klautke enthält eine wichtige Klärung zu einem weit verbreiteten Missverständnis.
Bei ZEIT-online gibt es seit einigen Wochen eine neue Serie. Leser der Zeitung sind aufgerufen unter der Rubrik „Wer’s glaubt“ über ihren Glauben zu berichten.
Vor einigen Wochen schrieb ein junger Mann im Rahmen dieser Serie über seinen Glauben. Das Besondere: Der Autor ist Sohn eines freikirchlichen Pastors (also ziemlich genau so jemand wie ich). Er berichtet in seinem Artikel über das Dasein als freikirchlicher Christ und was man als solcher so glaubt.
Nun ist das freikirchliche Spektrum zwar nicht sehr groß, dafür aber sehr breit mit seinen vielen Richtungen und Theologien. Von daher war ich sehr gespannt, was der junge Mann denn so zu berichten hat.
Einerseits fand ich vieles an dem Artikel sehr spannend und begrüßenswert (auch wenn ich manches wahrscheinlich anders ausgedrückt hätte). Ziemlich am Anfang beschreibt er seinen Glauben beispielsweise folgendermaßen: „Ich glaube an Jesus und daran, dass er für mich und meine Sünden gestorben ist.“ In einem Satz wird das absolut Wichtigste des christlichen Glaubens zusammengefasst und der Autor schämt sich auch nicht, in der linksliberalen ZEIT so etwas Altmodisches und Unzeitgemäßes wie ‚Sünde‘ zu erwähnen.
Auch super fand ich, dass er dafür wirbt, dass Glauben und Denken im Leben von uns Christen nicht zu Gegensätzen gemacht werden. Ich stimme seiner Ehrlichkeit zu, wenn er schreibt, dass auch in Freikirchen nicht die heile Welt herrscht. Genau wie er könnte ich mich über vieles aufregen (und vermutlich gebe ich selbst vielen Menschen noch viel mehr Gründe dazu, sich über mich aufzuregen). Der Autor trifft den Nagel auf den Kopf, wenn er feststellt, dass diese Probleme nicht einer vermeintlichen Ohnmacht Gottes anzulasten sind, sondern alleine der Sünde von uns Menschen.
Auf der anderen Seite gibt es eine zentrale Aussage in dem Artikel, die mir ziemliche Bauchschmerzen bereitet:
„Ich glaube…weil ich hautnah erfahren durfte, was Vergebung bedeutet. Weil ich persönlich erlebt habe, was es bedeutet, von Jesus bedingungslos geliebt zu werden.“
„Was ist daran bitteschön falsch?“, wird sich der ein oder andere jetzt bestimmt denken. Die Antwort ist relativ einfach: Diese Aussage ist falsch, weil sie unbiblisch ist. Unser Glaube gründet sich nicht auf unsere Gefühle oder Erfahrungen. Und ich möchte hinzufügen: Gott sei Dank!
Sind mir nur dann meine Sünden vergeben, wenn ich mich ‚vergeben‘ und ‚geliebt‘ fühle oder ich gerade Gottes Liebe erfahre (was auch immer das heißt)? Und wenn ich mich dann mal ‚vergeben‘ und ‚geliebt‘ fühle, ist die Frage immer noch: Bin ich guter Stimmung, weil das Steak von heute Mittag so lecker war, weil die Worshipband durch ihren Sound meinem Gehirn die Ausschüttung von Glückshormonen befohlen hat – oder weil ich tatsächlich gerade Gott (wie auch immer) spüre? Ich hoffe, ihr merkt: Mit den Gefühlen ist das so eine Sache…
Aber worauf gründet sich unser Glaube stattdessen? Ganz einfach: Auf das Wort Gottes. Ich glaube, weil Gott in seinem Wort zu uns spricht und uns versichert, dass Jesus Christus gestorben und auferstanden ist. Ich glaube, weil uns die Bibel vertrauenswürdig zusagt, dass jeder, der das glaubt, ewiges Leben hat. Diese Grundlage steht, egal, ob ich gut drauf bin oder nicht. Sie steht, ob ich mich gerade ziemlich geistlich fühle oder doch eher ganz schön weltlich. Das Wort Gottes ändert sich nicht und hat von daher unfassbare Kraft, mich in meinem wechselhaften Leben zu ermutigen und zu trösten.
Ich kann jetzt schon deine Einwände sehen. Bevor du allerdings denkst: „War ja klar, die gefühlskalten Konservativen haben mal wieder etwas zu meckern…“, möchte ich eine Sache klarstellen.
Ich bin überzeugt davon, dass Gefühle und Erfahrungen einen wichtigen Platz im Leben von uns Christen haben. Ich habe Gottes Handeln in meinem Leben schon oft erlebt. Schließlich handelt er in jeder Sekunde meines Lebens. Und an manchen Tagen werde ich auch von einer tiefen Freude über die Tatsache erfüllt, dass nichts mich von der Liebe Gottes trennen kann.
Der entscheidende Punkt ist: Diese Gefühle und Erfahrungen sind die Folge, niemals die Grundlage unseres christlichen Glaubens.
Und weil das so ist, stellte vor mehr als 200 Jahren Nikolaus von Zinzendorf in einem seiner Lieder die rhetorische Frage:
„Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruh’n?“
Weil das so ist, dichtete vor weniger als zehn Jahren die amerikanische Musikgruppe Casting Crowns:
„I can’t live by what I feel, but by the truth Your word reveals.“
Die Botschaft ist in beiden Fällen dieselbe: Gefühle kommen und gehen – Gottes Wort bleibt.