Aus den Medien: Zivilreligiöse Angebote, das Alte Testament abschaffen, gottlose Schweizer

Zivilreligiöse Angebote

Der Tages-Anzeiger hat ein lesenwertes Interview mit dem Pfarrer Bernhard Rothen veröffentlicht.

Ist der Sozialstaat der grösste Konkurrent der Kirche?

Die grösste Konkurrenz für die Kirche sind die zivilreligiösen Angebote: Sport-, Pop- oder Volksmusik-Events oder der ICF mit seiner religiösen Begeisterung. Ich kenne Leute, die im 7-Tage-Rhythmus von Match zu Match leben. Andere kultivieren die Zivilreligion der Naturbegeisterung und fliehen am Wochenende in ihre Berghütte. Nicht zu vergessen das politische Engagement, das Leute ­innerlich bindet und erfüllt.

Das Alte Testament abschaffen

Ein Berliner Professor fordert die Abschaffung des Alten Testaments. Das wurde doch in vielen Gemeinden faktisch schon abgeschafft – oder irre ich mich?

Ein deutscher Theologieprofessor wagt sich mit dem Vorschlag hervor, dass die Bücher von der Genesis bis zu Maleachi nicht länger als Teil der schriftlichen Offenbarung des Christentums gelten sollen. Und diese Forderung kommt auch nicht aus irgendeinem Institut in einer Kleinstadt, die zwar über eine Universität, aber nicht über einen Autobahnanschluss verfügt. Nein, die Forderung wird erhoben von Notger Slenczka, Inhaber des Dogmatik-Lehrstuhls an der Berliner Humboldt-Universität. …  „Das AT insgesamt ist für Harnack Zeugnis einer ethnisch gebundenen Stammesreligion, die in ihren spätesten Zeugen über diese Partikularität hinausgeführt wird; die Universalität des Religiösen ist aber erst in Jesus von Nazareth erfasst und wird im Laufe der Christentumsgeschichte ausgearbeitet“, argumentiert Slenczka.

Gottlose Schweizer

Rolf Hoeneisen kommentiert einen 20 Minuten-Artikel zu den gottlosen Schweizern.

„Noch nie war die Schweiz so gottlos.“ Die Schlagzeile im Gratis-Blatt „20 Minuten“ sass. Laut einer Umfrage sind nur noch 38 Prozent der Schweizer im weitesten Sinne religiös (2011: 50 %; 2005: 71 %). Eine geistliche Talfahrt mit offenem Ausgang! Aktuell bezeichnen sich 46 Prozent als nicht-religiös und 12 Prozent als atheistisch. Einmal abgesehen davon, dass der Begriff „nicht-religiös“ unklar ist, sich nicht nur auf das Christentum bezieht und nichts über ernsthaften Glauben aussagt: der Wertewandel lässt dennoch aufhorchen. Ein genaueres Bild über das religiöse Befinden in der Schweiz skizziert die Studie „Religion und Spiritualität in der Ich-Gesellschaft“ (TVZ). Religionssoziologen unterteilen die christliche religiös-spirituelle Landschaft in vier Typen: Über die Hälfte der Bevölkerung (57 %) gehört zur Gruppe der Distanzierten, sie wird weiter wachsen. Die Institutionellen machen noch knapp einen Fünftel der Bevölkerung (18 %) aus. Während die katholischen und reformierten Kerngemeinden schrumpfen, wachsen die charismatischen Freikirchen innerhalb der Institutionellen. Die Alternativen (13 %) halten sich konstant, den Säkularen (12 %) wird langfristig ein deutliches Wachstum vorausgesagt. Zwischen diesen vier Typen gibt es grosse Unterschiede, etwa in ihrem Verständnis von Gott. Während Freikirchler Gott als übernatürlichen Freund, Herrn und Wunderwirker sehen, erscheint er katholischen und reformierten Institutionellen als Mischung aus Vater-Mutter-Figur und transzendentem Psychoanalytiker. Alternative verstehen Gott meist als eine Licht-Kraft-Energie, während Distanzierte nicht so recht wissen, wie sie sich Gott vorstellen sollen.

Hunderte von Online-Kommentaren auf der Webseite von „20 Minuten“ geben dem heutigen Meinungspluralismus Ausdruck. Dabei fokussiert sich die Diskussion auf fünf Grundfragen:
– Gibt es einen Schöpfergott? (Schöpfung / Evolution)
– Was ist der Sinn des Lebens? (Zufall / Bestimmung)
– Ist die Bibel vertrauenswürdig? (Offenbarung)
– Warum gibt es so viel Leid? (Theodizee)
– Warum so viele Religionen? (Gottesbild/Erlösungsweg)

Haben überzeugte Christen diese Themen durchgekaut? Sind sie in der Lage, in ihrem persönlichen Umfeld darauf zu antworten, mit Worten und Taten? Nach wie vor sind sehr viele Menschen Suchende.