Buben in die Selbständigkeit begleiten (35): Wie der Vater mit Rückschlägen umgeht

Unser Leben ist gepflastert von Rückschlägen

Mein bisheriges Leben ist gepflastert von Rückschlägen. Ich kann mich gut an ein berufliches Auswahlverfahren erinnern, in dem wir aus dem Stand den Satz beenden durften: „Niederlagen sind…“ Mein Kurzreferat bestand aus der Antwort: „… Bausteine für den langfristigen Erfolg.“ Das ist natürlich sehr geschäftlich formuliert. Was meine ich damit? Ich flog aus dem Gymnasium, weil ich in den ersten sechs Schuljahren nicht gelernt hatte zu lernen. Ich bekam eine Stelle nicht, weil ich mich im Vorstellungsgespräch als Christ zu erkennen gab. Meine berufliche Entwicklung verlief anders, als ich es ursprünglich erwartet hatte. Meinen Lebensauftrag entdeckte ich auf schmerzlichen Umwegen. Zahlreiche Ideen liessen sich nicht umsetzen. Für die einen fehlte die Kraft, für die anderen die Mittel.

Vier verfängliche Reaktionen

Ich sehe vier verfängliche Reaktionen nach Niederlagen. Zwei sind nach innen, die anderen beiden nach aussen gerichtet:

  1. Niederlagen verstecken: Wir stecken die Enttäuschung weg. Das heisst, wir legen sie (vor-)schnell an einen Ort, an dem wir sie nicht mehr sehen bzw. wahrnehmen. Unsere Scham verbietet es uns, das Resultat ausgiebig zu begutachten, zu trauern und uns auf unsere eigentlichen Ziele auszurichten.

  2. Über Niederlagen resignieren: Durch einen Rückschlag werfen wir andere Pläne in den Ofen und lassen uns gehen. Wir entsorgen Pläne, die sich mit Ausdauer und Fleiss hätten verwirklichen lassen. Wir nutzen die Niederlage als Ausrede, wieder aufzustehen und weiterzugehen.

  3. Eine Form der Trauer ist die beständige Klage. Wir hadern mit unserer Situationen und nörgeln an unseren Nächsten herum.

  4. Andere beschuldigen: Eine beliebte Variante besteht darin, den Ärger lautstark nach aussen zu tragen. Alle anderen sind schuldig, vorzugsweise Eltern, Lehrpersonen und Vorgesetzte. Das zeigt einen seltsamen Umgang mit Autoritätspersonen. Wir sind nicht bereit, die Lektion entgegen zu nehmen. (Diese gibt es sogar dann, wenn wir Unrecht leiden mussten!)

Vier Horizonterweiterungen

Was ich bis hierin formuliert habe, lässt sich aus nicht-christlicher Perspektive nachvollziehen. Mit der Brille des Glaubens betrachtet, eröffnet sich nochmals eine ganz andere Sichtweise:

  1. Die Niederlage ist beabsichtigt: Mein himmlischer Vater steht dahinter. Es entgeht nichts seiner Kontrolle. (Es fällt mir kein Haar vom Kopf, ohne dass er es so gewollt hätte!)

  2. Die Niederlage bewahrt mich vor Ab- und Umwegen: Es kann gut sein, dass mich mein Vater vor einem noch schwierigeren Weg bewahrt hat. Das erkenne ich vielleicht im Nachgang, vielleicht aber auch erst dann, wenn ich bei ihm in der Herrlichkeit angekommen bin.

  3. Manchmal ist meine Niederlage eine Folge von Sünde: Ein eigenwilliger Verstoss gegen seine Gebote können dazu führen, dass ich unter den Folgen leiden muss.

  4. Die Niederlage ist zu meiner Erziehung gedacht: Was mir im Moment hart erscheint, kann eine Züchtigungsmassnahme meines Vaters sein. Wenn ich auf ihn blicke, wird sie mittel- und langfristig zum Segen ausschlagen.