Hanniel hirnt (30): Wenn die Schere auseinander geht

Ich nehme die Serie wieder auf. Die neue Folge widmet sich dem Phänomen der Midlife Crisis.

Ich bin Ü40, über 40 Jahre alt. Die Literatur meint: Eine Zeit der Krise des mittleren Alters. Die Schere zwischen Ansprüchen und Erwartungen anderer sowie laufenden Aufgaben geht auseinander. Noch wichtiger: Der innere Sollzustand von Träumen und Vorhaben zerrinnt zusehends zwischen den Fingern. Ziele werden unwahrscheinlicher, der Alltag bringt nicht das erwartete Alltagsglück oder die angestrebte Harmonie.  Der Abstand zwischen innerem Ideal und gelebter Wirklichkeit wird grösser. Ein Teil des Lebens mag sogar in eine andere Richtung gehen.

Einige laden sich in dieser Phase sogar noch mehr auf: Sie kaufen zum Beispiel ein Ferienhaus. Die Ressourcen, von denen nicht zu viel vorhanden sind (sondern im Gegenteil knapper werden), fliessen in zusätzliche Projekte und mehr Besitz. Vielleicht kann doch noch ein kleines Paradies im Hier und Jetzt gewahrt werden. Als Ausgleich für den Frust und Rückzugsort. Diesen Gedanken und Plänen geben manche viel Gewicht. Zeit, Energie und Geld fliessen reichlich in solche Projekte. Gleichzeitig verschärfen sie die innere Not und den vorhandenen Mangel. Die Zusatzinvestition bringt gar das Ganze zum Kippen.

Für Aussenstehende auffällig(er): Die halb bewussten Ziele werden nicht vor Augen gestellt und realistisch beurteilt. Stattdessen stürzt man sich in zusätzliche Vorhaben. Vollgas in die Sackgasse. Dabei wäre wichtig zu bekennen: Es sind uns über den Lauf der Jahre einige Dinge zu wichtig geworden. Das ist die Übersetzung von „Götzendienst“. Energie und Zeit sind gebunden. Wir drehen uns im Hamsterrad, in das wir uns begeben haben.

Manche strampeln so lange, bis die Kräfte gar nicht mehr reichen. Eine brüske Umorientierung ist vorgezeichnet: Scheidung, neue Arbeit, neuer Wohnort etc. Was aber wären die Dinge, die bestehen, wenn wir vom Ende her denken? Was wird bleiben, wenn wir eines Tages Gott Rechenschaft abgeben? Konzentrieren wir uns auf die wesentlichen Dinge! Beten und ringen wir darum. Lösen wir uns rechtzeitig von unseren Götzen. Welches Vorrecht, wenn wir die Freude in Ihm finden!