Europas Jugend sei dumm und faul

So sagt es der österreichische Banker Gerald Hörhan, der in Harvard Mathe studiert hat. Er ist 34.

Leider mache ich die Erfahrung, dass viele Jugendliche lieber shoppen, chillen, chatten, Party und Schulden machen, statt zu arbeiten. Es ist eine wohlstandverwahrloste, dekadente Generation, denen keine Werte wie Fleiss, Sparsamkeit und Disziplin vermittelt wurden. Ihnen fehlt der Biss und der Arbeitshunger. … Jedes Tier, das zu fett wird, stirbt aus. … Meine Message an die Jungen lautet: Plant eure Karriere wie ein Investment, verzichtet auf ein Leben auf Pump und spart stattdessen für ein Unternehmen oder Immobilien.

So wie ich ihm auf der einen Seite Recht gebe, meine ich andererseits eine gewisse Härte zu erkennen: Ich habe es geschafft, und der Rest nicht. Fleiss, Sparsamkeit und Disziplin sind an sich gute Eigenschaften (man lese nur das Buch der Sprüche), denen wir einen Gutteil unseres Wohlstands verdanken. Doch wenn sie nicht aus einem dankbaren Herzen gegenüber Gott und der Freude an ihm fliessen, lassen sie nicht nur andere Menschen links liegen. Sie setzen letztlich das eigene Selbst an die Stelle Gottes.

Meine Lektüre 2011 (Teil III): Die in frommen Kreisen verkannte Systematik.

Als Theologe lese ich immer wieder einige Happen aus systematischen Theologien. Diese grossen Werke versuchen die Substanz der christlichen Lehre in geordneter Form wieder zu geben. Ganz vorne auf meiner Hitliste stehen: Johannes Calvin, Institutio (hier online); Herman Bavinck, Reformed Dogmatics; Michael Horton, Systematic Theology.

Von Joshua Harris habe ich die Idee mitgenommen, eine kürzere Systematik einmal in einer Gesprächsgruppe mit jungen Menschen (wenigstens teilweise) zu bearbeiten. Eine gründliche thematische Auseinandersetzung kann Lebens-Weichen stellen!

Meine Lektüre 2011 (Teil II): Das biblische Menschenbild im Dialog mit dem des 20. und 21. Jahrhunderts

Der zweite Auftrag meines Professors lautete, einige neuere Anthropologien (also systematischen Darbietungen zur Lehre des Menschen) zu Gemüte zu führen. Ich ringe bis zum heutigen Zeitpunkt mit Emil Brunner, Der Mensch im Widerspruch; Helmuth Thielicke, Mensch sein – Mensch werden; Reinhold Niebuhr, Nature and Destiny of Man. Wirklich zufrieden gestellt hat mich bisher einzig Anthony H. Hoekema. Created in God’s Image.

Konstruktivismus in der Pädagogik – erste Hilfe

Hier sind einige Inputs/Quellen:

  1. Eine kurze Abhandlung:  Ron hat bereits auf eine kurze Ausarbeitung von mir hingewiesen: Konstruktivismus – Darstellung und Kritik. Ich arbeite seit 12 Jahren in der Erwachsenenbildung. Auch hier ist der Konstruktivismus sehr verbreitet.
  2. Posts: Unter dem Tag „Konstruktivismus“ sammle ich Zitate / Standpunkte, die mit dem Thema zu tun haben.
  3. Ein kürzeres Buch: Unbedingt empfehlenswert: Das kurze Buch von Francis Schaeffer …und er schweigt nicht. R. Brockhaus Verlag: Wuppertal 1991 (antiquarisch). Ich empfehle seine Triologie.
  4. Einführung in die Epistemologie: Ein Philosophe, mit dem ich in Kontakt stehe, meinte auf meine Frage nach dem Konstruktivismus: Das sei gar kein Thema, da selbstwidersprüchlich. Er empfahl mir die Einarbeitung in die Erkenntnislehre (Epistemologie), z. B. Robert Audi, Epistemology: A Contemporary Introduction to the Theory of Knowledge.
  5. Das Thema in grössere Kategorien einordnen: Eigentlich ist der Konstruktivismus ein zu-Ende-Denken des antiken Skeptizismus. Es ist einfach wichtig, solche Strömungen innerhalb der europäischen Geistesgeschichte einordnen zu können. Mir half da sehr Richard Tarnas, Das Wissen des Abendlandes.

Nach Calvin

Wer ein Buch zur Kirchengeschichte oder sonst ein Werk zur Geistesgeschichte liest, stösst bei der Behandlung des 16. und 17. Jahrhunderts auf den Begriff „Protestantische Orthodoxie“. Damit verbunden ist das Bild einer erstarrten, spekulativen, detailverliebten Theologie, die ganz im Gegensatz zur Frische der Reformation gestanden habe. Stimmt diese Einschätzung? Richard A. Muller ist spezialisiert auf diese Epoche. Er zählt fünf Richtungen der Interpretation jener Epoche auf:

  1. Prädestination war das zentrale Dogma der Epoche.
  2. Die Bundestheologie fungierte als Gegengift auf die rigide Lehre der Prädestination.
  3. Das System um die Prädestination ist eine Abweichung von Calvins ursprünglichen Gedanken.
  4. Die Prädestination als Zentrallehre überzeugt nicht, es werden andere Quellen zur Entwicklung der Reformierten Orthodoxie erschlossen.
  5. Die Verbindungen zur mittelalterlichen Theologie werden genau untersucht, die neoorthodoxe Interpretation der Reformierten Orthodoxie zurückgewiesen. (Auf dieser Position steht auch Muller).

Muller stellt folgende Prämissen für die Untersuchung der Epoche auf:

  • Die Frage von Kontinuität und Diskontinuität zwischen Reformation/Orthodoxie muss im Rahmen des Wandels zwischen Mittelalter und 16./17. Jahrhundert gesehen werden.
  • Scholastik und Aristotelianismus darf keinesfalls als statisches oder bloss mittelalterliches Phänomen gesehen werden.
  • Beschreibungen von Scholastik müssen die Bedeutung des Begriffs treffen, die vor der Reformation und im 16./17. Jahrhundert zutraf.
  • Scholastik und Rationalismus müssen klar voneinander abgegrenzt werden.
  • Methode und Inhalte stehen zwar in Beziehung zueinander, müssen aber voneinander unterschieden werden.
  • Kontinuität bzw. Diskontinuität in der exegetischen Tradition haben ein mindestens ebenso hohes Gewicht wie die Entwicklung der scholastischen Methodik.
  • Einzelne Reformatoren dürfen nicht einfach zum Massstab für die ganze Reformation gemacht werden.
  • Vorsicht vor Generalisierungen bezüglich Zusammenhänge zwischen Orthodoxie, Scholastik, Humanismus, Pietismus und Rationalismus.
  • Theologische Interpretationsrahmen aus dem 19. und 20. Jahrhundert dürfen nicht einfach über die Epoche gelegt werden.
  • Die Ansichten bezüglich Zentraldogma (pro und kontra) halten der Untersuchung nicht stand.

Die Aufsätze „Calvin and the Calvinists: Assessing Continuities and Discontinuities between the Reformation and Orthodoxy“, enthalten in Richard A. Muller, After Calvin, Oxford University Press: New York 2003. (62-102) sind keine einfache Kost, dem interessierten Leser aber empfohlen!

Konstruktivismus in der Pädagogik

Ron verweist auf einen Blogbeitrag zum Thema. Ich teile das Entsetzen des Autors.

Inzwischen ist eine ganze Pädagogen-Generation mit diesem konstruktivistischen Gedankengut großgeworden, darunter auch viele Christen meiner Generation. Und fatalerweise haben sogar viele dieser christlichen Pädagogikstudenten – nicht zuletzt aufgrund ihres geringen Interesses und teilweise erschreckenden Analphabetismus hinsichtlich der biblisch-christlichen Weltsicht und ihres mangelnden Bewusstseins für die Notwendigkeit weltanschaulicher Denkfähigkeit – die während ihres Studiums gelehrten Sichtweisen übernommen (hinzu kommt noch, daß es schlechte Noten in Hausarbeiten und Prüfungen gegeben hätte, wenn man sich der Meinung des Lehrstuhls widersetzt hätte). Christen, die während ihres Pädagogik-Studiums mit dem Konstruktivismus gefüttert worden sind und nicht gelernt haben, weltanschaulich nachzudenken, machen sich schließlich die Sicht zu eigen, daß die einzige uns zugängliche Realität die in unseren Köpfen sei – mit dramatischen Folgen für ihren eigenen Glauben, in welchem damit relativistische und emergente Paradigmen Einzug halten können (was auch die positive Rezeption der Emergenten Bewegung in diesen Kreisen erklärt). Als Lehrer tragen sie dann diese Elemente in den Unterricht hinein – und zwar sowohl in den Sachgegenstand als auch in das Erziehungskonzept.

Meine Lektüre 2011 (Teil I): Mache dich mit der Pädagogikgeschichte von Platon bis heute vertraut.

Mein Professor gab mir den Auftrag, mich mit der Pädagogikgeschichte vertraut zu machen. Über die ersten Monate dieses Jahres habe ich wohl zwei Dutzend Bände zur Pädagogikgeschichte gelesen, teilweise gelesen oder überflogen. (Seit dieser Zeit frage ich mit schelmischem Lächeln Lehrkräfte, ob sie mit der Geschichte ihrer Profession vertraut seien. Ich stelle hier wie auch in anderen Bereichen eine gelebte „Geschichtslosigkeit“ fest.) Einen hilfreichen Überblick über verschiedene Strömungen des 20. Jahrhundert gab mir Hans Berner, Überblicke Einblicke. Eine grundsätzlichere Auseinandersetzung mit der Philosophie der Erziehung lieferte mir der Band „The Messianic Character of American Education“ von R. J. Rushdoony. Eine Auseinandersetzung mit der aktuelleren Erziehungswissenschaft bot mir Jürgen Oelkers, Einführung in die Theorie der Erziehung. Wichtige Einblicke erhielt ich durchdas „Handbuch der Erziehung und Bildung in der Antike“. Die grossen Bände der geisteswissenschaftlichen Pädagogikgeschichte waren mir zu ausführlich und zu schwer, ich habe mir u. a. Albert Reble nochmals zum intensiveren Studium vorgenommen.

ADHS als Beziehungsstörung oder Störung der Motivation des Kindes

Ein Freund von mir schreibt aktuell an einer Publikation über AD(H)S. Nach einer kurzen Auslegeordnung über den Forschungsstand schreibt er:

Unter Betrachtung aller … wissenschaftlichen Daten fällt es schwer, die gängige Definition von AD(H)S aufrecht zu erhalten. Vielmehr sprechen renommierte säkulare Kinderärzte, klinische Forscher und Neurobiologen aus der ganzen Welt von einer Beziehungsstörung oder einer Störung der Motivation des Kindes.

Ist eine Störung der Motivation oder Beziehung tatsächlich bei den sogenannten AD(H)S-Kindern der Fall, besteht nämlich Hoffnung. Die christliche Botschaft ist auf die Wiederherstellung der Beziehung aufgebaut und beitet auch Wege der Heilung und Festigung der Beziehungen an.