Im neuen Jahrbuch des Martin Bucer Seminars habe ich einen Aufsatz zu Herman Bavincks Kulturtheologie veröffentlicht.
Dem Neo-Calvinismus wird oft eine triumphalistische Sichtweise im Hinblick auf die Transformation der bestehenden Verhältnisse unterstellt. Herman Bavinck (1854-1921), zeitlebens eng mit Abraham Kuyper verbunden, hat sich überraschend deutlich zu den Prioritäten geäußert. Sein Lebenswerk widerspiegelt das Ringen um eine realistische Sichtweise.
Mein Fazit:
Der Balanceakt eines beherzten Engagements des Christen jenseits von Anpassung und Weltflucht war Bavincks Herzensanliegen. Der Christ widmet sich ernsthaft sowie zuversichtlich seiner irdischen Berufung. Er geht ihr mit einer veränderten Optik, nämlich durch die Brille der speziellen Offenbarung der Bibel, nach. Die Schöpfung ist ihm die vertraute Welt seines himmlischen Vaters. Gleichzeitig weiss er um die Sogwirkung der Diesseitsorientierung, welche die Rückbindung an die ewigen Werte lockern und auflösen möchte. Er achtet darum besorgt darauf, seinen Pilgerstatus nicht aufzugeben. Dass dies eine bleibende Spannung sein würde, war Bavinck wohl bewusst. In der Jetztzeit würde es keine völlige Ausgewogenheit geben. Jede Person und jede Bewegung würde sich einer kleineren oder grösseren Einseitigkeit schuldig machen.
Veröffentlichung in: Thomas Schirrmacher und Ron Kubsch (Hg.). Vergangenheit als Lernfeld. Kirchengeschichtsschreibung am Martin Bucer Seminar. VKW: Bonn, 2015. (297-308)