Zum 1.1.2017, Sonntag und zudem erster Tag des Reformationsjahres, durfte ich in der historischen Kirche in Leutwil AG (erste Erwähung 1273, hier der Blick von der Kanzel) predigen. Es hat mich sehr bewegt, den ersten Teil von Römer 1, die Verse 1-17, zu lesen. (Das passt: 1.1.17 – Römer 1,1-17.)
"Ich wünsche Ihnen ein gesegnetes neues Jahr!"
- Gesegnet… meint ein Leben im Überfluss, in dem vorrangig unser Hunger in Gott gestillt wird (mehr dazu von Mario Tafferner in seinem Beitrag "Gott segne dich")
- neues… das gesamte Jahr liegt vor uns; ein von Gott zugewiesener, unberührter Abschnitt
- Jahr… Wir Menschen messen Tage, Wochen, Monate, Jahre. Doch die Idee der Umlaufbahn der Erde um die Sonne stammt von Gott. Wir sind in diesem Leben Antwortende und uns Ver-Antwort-ende.
Ich führe mich, weil Gott mich führt
Wir leben in einer Welt und in einer Zeit, die Mass am Menschen genommen hat und den Wichtigsten aus ihren Überlegungen ausklammert. Sie lebt so, als ob es ihn nicht geben würde. Sie stimmt wohl dem ersten Teil des Titels unserer Predigt zu – „ich führe mich“.
Stellen Sie sich dies vor: Derjenige, der unser Dasein begründet, der uns in jedem Augenblick erhält und auf den wir hin geschaffen sind – von dem wollen wir nichts wissen! Wir nehmen am Anfang dieses Jahres ganz bewusst uns in den Blick, indem wir zuerst Ihn in den Blick nehmen. Darum habe ich diese Predigt überschrieben: Ich führe mich, weil Gott mich führt. Ich beginne mit dem zweiten Teil des Satzes, um mich dann dem ersten zuzuwenden. Zu beiden Teilen erläutere ich drei Aspekte aus der Einleitung des Römerbriefes.
Eine dicht geballte Ladung zur Motivation für die Mission
Ich durfte Ihnen den Anfang des Römerbriefes vorlesen. In unserer Bibel steht er zudem noch am Anfang der Briefe. In diesem Anfang erfahren wir
- Wer schreibt? Paulus, Jude, aus Tarsus, einer Stadt in der heutigen Südtürkei
- An wen? In antiken Briefen wurden Absender und Adressat am Anfang genannt. Paulus schrieb an die Gemeinde in der Hauptstadt des riesigen römischen Reiches, etwa 30 Jahre nach Christi Himmelfahrt. Die Gemeinde der Hauptstadt war Abbild dieses heterogenen Gebildes mit Reichen und Armen, Juden und Griechen, Starken und Schwachen.
- Über was? Die Kraft des Evangeliums. Er schreibt seinen strukturiertesten Brief, wahrlich eine dicht geballte Ladung, um diese grosse Gemeinde zur Mission, das heisst zur Ausbreitung des Evangeliums, zu motivieren. Paulus war vom Wunsch beseelt, Christus an allen Orten bekannt zu machen.
1. Gott führt mich.
a) Gott, der Vater, sandte seinen Sohn und ruft durch seinen Geist zum Gehorsam des Glaubens.
Geburt, Leben, Tod und Auferstehung sind die Zentralereignisse der Heilsgeschichte. Alles blickt darauf voraus im Alten Testament. Nach seiner Auferstehung blicken die Briefe darauf zurück. Warum spreche ich davon? Paulus bezieht sich schon im zweiten Vers auf das Alte Testament zurück und die darin festgehaltenen Voraussagen auf das Kommen des Gottessohnes. Der Römerbrief steht nach der Offenbarung an zweiter Stelle bezüglich alttestamentlichen Bezügen.
Paulus stellt gleich zu Beginn dar, wer dieser Jesus ist: Er war ganz Mensch und ganz Gott. Der Heidelberger Katechismus, reformierte Bekenntnisschrift, erklärt anschaulich, warum er beides sein musste. (Frage und Antwort 15) Was für einen Mittler und Erlöser müssen wir denn suchen? – Einen solchen, der ein wahrer und gerechter Mensch und doch stärker als alle Geschöpfe, also auch wahrer Gott ist.
Weiter wird gefragt (Fragen und Antworten 16 und 17): Warum muss er ein wahrer und gerechter Mensch sein? – Die Sünde wird von den Menschen begangen, darum verlangt Gottes Gerechtigkeit, dass ein Mensch für die Sünde bezahlt; wer aber selbst ein Sünder ist, kann nicht für andere bezahlen.
Warum muss er zugleich wahrer Gott sein? – Nur wenn er zugleich wahrer Gott ist, kann ein Mensch die Last des Zornes Gottes ertragen und uns die Gerechtigkeit und das Leben erwerben und wiedergeben.
Diese Botschaft wird unter der Regie des Heiligen Geistes in der ganzen Welt verkündigt – bis heute. Was wäre ein 1. Januar, der nicht mit dieser Botschaft beginnen würde? Der Heilige Geist schickt sein Wort heute nach Leutwil.
b) Gott schickt seine Begnadigten in die Welt, um die Gute Botschaft mutig weiterzusagen.
Davon haben wir am Schluss unseres Abschnitts gelesen (Römer 1,16+17). Es handelt sich um die Programmansage für den gesamten Römerbrief. Diese Botschaft beschämt, deshalb schämen wir uns auch. Wir brauchen uns aber nicht zu schämen. Weshalb nicht? Gott wirkt durch seine Kraft. Was bewirkt er denn? Er wirkt den Glauben. An wem wirkt er ihn? An Menschen aus der ganzen Welt, in allen Völkern und sämtlichen sozialen Schichten.
Das ist das zweite, das wir uns am Anfang des neuen Jahrs in Erinnerung rufen wollen: Wer von Gott zu neuem Leben erweckt worden ist, wird Teil seiner Mission. Sie geht in diesem Jahr, diesem Land und in diesem Dorf weiter.
c) Gott übersteuert dafür unsere Pläne.
Paulus ist das beste Beispiel eines Übersteuerten. Er war in seinem Leben – mit bester Absicht – in eine ganz andere Richtung unterwegs gewesen. Gott warf ihn buchstäblich von seinem hohen Ross, bekehrte ihn. Dabei liess er seine Vorgeschichte nicht beiseite, sondern nützte seine Abstammung, seinen Charakter, seine Ausbildung, seinen Eifer – nun als auserwähltes Gefäss für seinen Namen.
Er verkündigte für den Rest seines Lebens die Gute Botschaft von der Rettungsaktion Gottes für Sünder. Dabei lief es in seinem Leben lief es oft anders, als er es sich dachte. Er wurde immer wieder in eine andere Richtung gedrängt (lies zum Beispiel Apg 16). Auch damals hoffte er nach Rom zu kommen. Doch Gottes souveräner Wille führte es bisher anders. Er brauchte ihn an anderen Orten.
Drei Fragen, die sich aus diesem ersten Teil ergeben:
- Sind Sie wirklich und ernsthaft Teil dieses Volkes geworden? Sind sie seiner Botschaft gehorsam?
- Leben Sie im Bewusstsein des grossen Auftrags?
- Rechnen Sie damit, dass in Ihrem Leben nicht alles nach Plan läuft?
2. Ich führe mich, weil Gott mich führt.
Mit großer Freude und hingebungsvollem Eifer bewegte er sich auf Gottes Bühne. Dies und nichts anderes ist diese Welt. Es ist SEINE Bühne. Er ist der Hauptdarsteller. Paulus war sich dessen voll bewusst und lebte durch Gottes Willen, durch seine Kraft und zu seiner Ehre. So sollte es auch mit uns sein. Drei Dinge tat er dabei:
a) Er dankte Gott für alle in der Gemeinde in Rom und trat für sie ein.
Nicht nur in diesem Brief, ja fast jeder Anfang seiner 13 Briefe beginnt er mit einem Dankgebet. Oh, dass wir nur mehr danken lehrten. Gebet ist die vornehmste Übung, die edelste Bezeugung der Dankbarkeit Gott gegenüber. So schrieb es der Reformator Johannes Calvin. Direkt mit dem Danken verbunden ist die intensive Bitte für die Gemeinde.
Blicke auf deinen Gott und auf sein Werk und beginne mit Danken – und das jeden Tag. Vielleicht fragen Sie sich: Und wenn ich es nicht kann oder will? Dann bitten Sie darum, dass er Ihnen den Willen dazu schenkt.
b) Er teilte von seinem Glauben mit und empfing Stärkung von anderen.
Was ist ein Ziel der christlichen Gemeinschaft? Die gegenseitige Erbauung zur Ehre Gottes! Das beinhaltet zweierlei: Korrektur und Umbau einerseits, Aufbau und Ermutigung andererseits. Beide Elemente sind notwendig, um zu Gott hin zu wachsen.
Paulus sehnte sich nach der Gemeinschaft mit der Gemeinde in Rom. Es sollte das Bedürfnis sein, anderen vom Glauben mitzuteilen. Das ist jedoch nie eine Einbahnstrasse. Die Austeilenden sind ebenso bedürftig, von anderen durch ihren Glauben gestärkt zu werden. Wir brauchen einander.
c) Er plante im Bewusstsein, dass der souveräne Gott diese Pläne übersteuern konnte.
Paulus steckte voller Pläne: Er wollte über Italien nach Spanien weiterreisen. Die Reisepläne standen innerlich schon lange fest. Ich kann Ihnen sagen: Wer wie Paulus um sein Ziel weiß, lebt bewusster im Heute. Wenn ich weiß, wohin ich gehe und was ich will, dann paart sich Gelassenheit mit großer Entschiedenheit. Beide Eigenschaften trafen auf Paulus zu.
Dabei wusste er jedoch immer – ich wiederhole es -, dass Gottes Plan ein anderer sein könnte. Es hielt ihn nicht davon ab, um Änderung des göttlichen Fahrplanes zu bitten.
Wie können Sie ins Jahr 2017 gehen?
Ich führe mich, weil Gott mich führt. Wir haben mit der Führung Gottes begonnen:
- Hat Sie Gott gerufen? Folgen Sie dem Ruf – noch heute.
- Haben Sie die innere Bereitschaft, diese Botschaft mutig weiterzutragen? Bitten Sie darum, Ihre Scham zu überwinden.
- Hat er Ihre Lebenspläne über den Haufen geworfen? Seien Sie getrost: Es dient zu seiner Ehre. So erstaunlich unsere Zielankunft ist, so sicher ist sie auch!
Wie können Sie 2017 wachsen?
- Verstärken Sie die Dankbarkeit in jeder Hinsicht.
- Bleiben Sie in der Gemeinschaft. Sie haben einen Auftrag, wobei Sie selbst Nutznießer davon sein werden.
- Planen Sie, indem Sie über dieses Leben hinausblicken.
Vielleicht fragen Sie sich, was Sie mit dieser oder jener Frage, die Sie mit sich tragen, anfangen können? Was soll werden mit Ausbildungs-, Heiratsplänen, mit beruflichen Veränderungen, mit persönlichen Weichenstellungen? Nehmen Sie sich zu Beginn des Jahres die 10 weisen Ratschläge von J. I. Packer vor und denken Sie über diese nach.