Standpunkt: Ein Interview, das in der Familie, in Hauskreisen und Jugendgruppen diskutiert werden sollte

Parzany hat ein überaus mutiges und richtungsweisendes Interview Sind Sie ein Extremist, Herr Parzany? in der ZEIT gegeben. Ich empfehle, dieses am Familientisch, in Hauskreisen und in Jugendgruppen zu diskutieren. Ich habe einige weltanschauliche Vorannahmen des Säkularismus heraus gegriffen. Im Artikel werden weitere Themen wie Christ und Politik, Bibelkritik an staatlichen Universitäten etc. aufgegriffen.

Sind Sie ein Extremist?

Die Assoziation zu diesem Begriff ist: Extrem – weit entfernt von einer gesunden Mitte; zu Gewalt gegenüber anderen bereit.

Hier ist die Definition des Begriffs Fundamentalismus – militanter Wahrheitsanspruch – sehr hilfreich. Parzanys Anspruch ist keineswegs militant. Er setzt ihn nicht mit Gewalt durch. Bereits der Titel ist also eine Verunglimpfung.

(Z) Wenn Sie Gott einmal begegnen und er gibt Ihnen in allen strittigen Fragen recht – was haben Sie dann erreicht?

Die Frage der Sexualethik, die im Raum steht, gehört gemäss der Religion der Medienelite in den privaten Bereich (zur Erklärung der Beitrag Der Säkularismus von oben). Es gilt das Dogma des ethischen Relativismus: Über Fragen der Ethik trifft jeder Einzelne ein Urteil. Einander widersprechende Urteile sind gleichermassen richtig.

(P) Es geht nicht darum, ob ich recht habe.

Nicht der Einzelne ist letzte Instanz, sondern es gibt einen übergeordneten Gesetzgeber. Hier erreichen wir den Boden der gesamten Debatte: Eine a-theistische Vorannahme führt in der Realität zum Diktat der Ethik durch eine kleine Elite.

(Z) … wieso führen Sie dann einen solch erbitterten Kampf für Ihre Wahrheit?

Man bemerke die Zuschreibung „Ihre Wahrheit“. Es gibt keine für alle bindende Wahrheit. Dieser tiefe verwurzelte Skeptizismus führt zuerst einmal in die Selbstwidersprüchlichkeit. Wenn alles relativ ist, warum denn nicht auch meine eigene Meinung? An diesem Punkt hört die Toleranz auf: Sie wird kämpferisch und intolerant. Zum Weiterdenken siehe Die Intoleranz der neuen Toleranz.

(Z) Werden Juden, Muslime und Homosexuelle gerettet?

Jede Einschränkung des Heils wird sofort gebrandmarkt. Parzany kann hier mit Ruhe auf den Gesetzgeber verweisen: „Die Entscheidung über die Menschen trifft Gott. Sie werden mich nicht verführen, mich zum Richter aufzuspielen.“

(Z) Zur Homosexualität sagt er (Jesus) kein Wort.

Hier greift der Interviewer ein geläufiges Argument der „Rote-Buchstaben-Christen“ auf. Diese spielen das von Jesus Gesagte gegen das Alte Testament und gegen Paulus aus. Zum Weiterdenken siehe Mehr Jesus weniger ­Paulus? – Wenn Gottes Wort gegen Gottes Wort ausgespielt werden soll

(Z) Sie treffen diese ethische Entscheidung ja nicht für sich, sondern für andere.

Mit diesem Satz fällt der Interviewer selbst ein Urteil über den Interviewten. C. S. Lewis bemerkt richtig, dass wir daran merken, dass es eine übergeordnete Ethik gibt, wenn wir laufend Urteile über andere fällen. Zum Weiterdenken siehe meine Buchbesprechung von Pardon, ich bin Christ.

(P) Ich verweise nur auf die Quelle, die Heilige Schrift, die Offenbarung Gottes, die das klipp und klar ausdrückt.

Parzany beruft sich nicht auf ein Naturrecht, sondern auf die Offenbarung der Bibel. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder die Bibel als erstes Kriterium der Wahrheit zu akzeptieren oder dem eigenen Verstand diese Möglichkeit zuzubilligen. Siehe Wenn dein Wort nicht mehr soll gelten, worauf soll der Glaube ruhn?

(P) In unserem Land kann jeder leben, wie er will. Meine Verpflichtung ist nur, zu sagen: Wenn Gott uns liebt und sich uns offenbart hat, dann sind seine Maßstäbe für uns auch die Maßstäbe zum gelingenden Leben.

Hierin besteht der Unterschied zwischen einer festen christlichen Überzeugung und militantem Wahrheitsanspruch. Der Christ steht geradlinig dafür ein, setzt sie jedoch nicht gesellschaftlich durch (im Unterschied zum Islam).

(P) Sie (die EKD) brechen die Gemeinschaft mit der Mehrheit der Christen weltweit. Aber das müssen sie selbst verantworten.

Mit der Perspektivenübernahme des Säkularismus bricht die EKD die Gemeinschaft mit der Mehrheit der Christen weltweit und in der Geschichte. Oftmals sind deren Vertreter noch unbarmherziger und mit grösserem „Missionseifer“ unterwegs als ihre agnostischen Zeitgenossen.

(Z) Woher kommt die Liebe dann?

Ein Abschnitt des Interviews geht um die Definition von Liebe. Es wird deutlich, dass der Säkularismus sie als individuelle, gefühlsbasierte, kündbare Grösse definiert. Mehr zur Charakterisierung der Liebe Gottes in Die schwierige Lehre von der Liebe Gottes

(P) Sie (Ärzte und Berater, die Homosexuellen helfen wollen, die dies als Not empfinden) werden von aggressiven Besserwissern sofort kriminalisiert.

Nochmals: Die Toleranz hört dort auf, wo Menschen nicht im Einklang mit dem eigenen Hauptdogma (dem ethischen Relativismus) handeln.

(P) Interessanterweise vertritt ja keiner mehr die Position, dass jemand, der von seiner Anlage her zur Päderastie neigt, nicht eine Verhaltensänderung erfahren könnte.

Wer den Spiess umdreht bzw. das gleiche Wahrheitskriterium (den ethischen Relativismus) auf eine gesellschaftlich (noch) nicht geänderte Ethik anwendet, erntet Unverständnis. Parzany geht – wie ich – davon aus, dass weitere sexualethische Barrieren durchbrochen werden.

(P) Warum sollte die von der Aufklärung bestimmte Theologie. Westeuropas die richtige sein?

Parzany weist zurecht auf die Arroganz des westlichen Säkularismus hin. Sie halten nämlich ihre Position für die richtige. "Warum sollte die von der Aufklärung bestimmte Theoloie Westeuropas die richtige sein? Immerhin ist es der einzige Teil der Welt, in dem die Kirche nicht wächst, in dem die großen Kirchen oft leer sind."