Zitat der Woche: Der Mensch, der sich als Unikat wähnt und dabei genau in die Form passt

Monika Hausammann (* 1974) schreibt provokant (in “Die Grosse Verkehrung”, S. 33-34):

Der Mensch lebt dann nicht mehr als sich selbst gehörend in der Welt als Forum sich ihm bietender Handlungsoptionen, sondern in einem Unterordnungsverhältnis in einer vom Staat durchregulierten und gebändigten Welt. …

Wenn Totalitarismus aber dadurch gekennzeichnet ist, dass Mensch und Welt gleichermaßen im Sinn einer Idee und der ihr zugeordneten exklusiven Moral geformt werden sollen, dass zu diesem Zweck eine nicht durch Kompetenz, sondern ausschließlich durch Macht legitimierte und privilegierte Gruppe von Menschen in sämtliche Lebensbereiche hineinzuregieren befugt ist und bei Abweichung belohnend und strafend eingreifen kann, dann haben wir es heute sehr wohl mit genau diesem Phänomen zu tun:

Die Wirtschaft ist via Regulierung und Subventionierung und hinter der Fassade des Noch-Privateigentums zu einem guten Teil schon Planwirtschaft, der Kunstbetrieb einem postulierten Gemeinsinn verpflichtet. Ähnliches gilt zunehmend für Bildung, Wissenschaft, Medien, Kirchen und Versorgung. Der Weg, der bis zum Erreichen des «quasitotalen Allmutterstaats» (Peter Sloterdijk) noch zurückzulegen bleibt, ist um ein Vielfaches kürzer als jener, den man während der letzten fünfzig Jahre bereits hinter sich gebracht hat.

… eine größte Kompetenz scheint das Funktionieren, das Konsumieren und das permanente Sich-Vermarkten als Nicht-Wissender, Nicht- Verwurzelter, Nicht-Aneckender, Nicht-Diskriminierender, Nicht-Verletzender und Nicht-Urteilender zu sein. Er füllt die Form, in welche er hineinerzogen wird, während er glaubt, ganz er selbst, Unikat und mit Ecken und Kanten vollkommen frei zu sein, passgenau aus – und darin erschöpft sich schon seine geistige und seelische Leistung.