Input: Der blinde Flecken der Gegenwart

Ich beschäftige mich beruflich oft mit Veränderungsprozessen. Es ist deshalb nötig, sich immer wieder mit der biblischen Antwort auf die philosophische Frage des Werdens zu beschäftigen. Aktuell mit “Alles anders – aber wie? Veränderung ist möglich” (3L Verlag, 2009).

Zuerst ist da das ‘Einst’ der Vergangenheit. Wenn ich Christus im Glauben annehme, sind meine Sünden vollständig vergeben und ich stehe gerecht vor Gott. Gleichzeitig ist da auch das ‘Einst’ der Zukunft, die Verheissung der Ewigkeit beim Herrn, frei von Sünde und Kampf. Die Kirche schafft es recht gut, diesen beiden ‘Einst’ des Evangeliums zu erklären, aber sie neigt dazu, die Vorrecht vom ‘Jetzt’ des Wirkens Christi nicht genügend zu beachten oder misszuverstehen. (19)

Diese Blindheit für das “Hier und Jetzt” führe zu einer mangelnden Sicht über die neue Identität mit Christus. Beispielsweise ist unsere Sicht vom Jetzt von Wissen und Leistung geprägt (da kann ich nur zu gut andocken). “Es gibt etwas, das materielle und geistliche Leerräume gemeinsam haben: Sie bleiben nicht lange leer. Ein Loch im Sand füllt sich sofort mit Wasser. In einem Loch auf dem Feld sammeln sich Äste und Blätter. Löcher scheinen sich immer zu füllen.” (22)

Welches sind solche äusserlichen “Lückenfüller”?

  1. Formalismus in Form von Terminen und Veranstaltungen: Sie erlauben, Kontrolle über Leben, Zeit und Agenda zu behalten.
  2. Legalismus: Eigene Vorschriften und Regeln für den All-Tag
  3. Aktivismus: Zeit, Geld und Energie für “Gutes” einsetzen
  4. Biblizismus: Drang nach theologischer Expertise
  5. Psychologismus: Das ständige Kümmern um andere
  6. Soziale Kontakte

Biblisch gesehen kann es sich bei diesen an sich “einwandfreien” Beschäftigungen um Ersatzhandlungen gehen. Sie füllen unser Bedürfnis nach Selbstgerechtigkeit (es steht nicht so schlimm um uns), Selbstsucht (wir stehen im Mittelpunkt), Fingerpointing (Umgebung ist schlechter als wir selbst).

Das Evangelium wirft eine alternative Perspektive auf unser Leben.

  1. Es konfrontiert uns mit dem Ausmass unserer Sünde.
  2. Es blickt über das Verhalten auf das Innere – unser Herz.
  3. Es fokussiert auf Jesus, die Kraft zur Veränderung.
  4. Es richtet den Blick auf die Frucht – mehr als äusseren Erfolg.
  5. Es leitet zur Busse als einer ständigen Erneuerung an.