Thomas Jeising (* 1963) gehört zu den konstanten Stimmen im deutschsprachigen Raum, die innerevangelikale Entwicklungen sowie auch gesellschaftlichen Trends klar und sachlich benennen und dazu Stellung beziehen. Hier sind ein Dutzend Artikel und Aufsätze, die der Lektüre wert sind:
- Schleiermacher: Das theologische System Schleiermachers und seine Folgen
- Zum Russland-Ukraine-Konflikt: Der Kampf um die Wahrheit
- Zu einem Mythos: Irrtumslose Wissenschaft?
- Zum neuen Moralismus des Westens: Hochmoralische Unmoral
- Zu Debatten in der Sexualethik: Wie sollen wir denn antworten?
- Zur Frage der göttlichen Souveränität: Wie passen göttliche Erwählung und die Freiheit des Menschen zusammen?
- Die EKD zur Bedeutung von Jesu Tod: Kirche ohne Evangelium
- Evangeliumsverkündigung: Warum die Diskussion über ProChrist bisher nur an der Oberfläche kratzt, Herausforderungen für die Verkündigung des Evangeliums heute
- Christus gegen die Bibel? Bibeltreue und Christustreue
- Sola Fide: Aus Glauben allein? Und was ist mit den guten Taten?
- Ökumene: Lasset uns Einheit machen?
- Unterschiede in der Auslegung der Bibel: Könnte es auch anders sein?
In einem aktuellen Aufsatz “Mutig antworten! Wie wir die Herausforderung durch eine post-evangelikale Theologie konstruktiv annehmen können” thematisiert er sechs Denk- und Handlungsfelder:
Brüche und Widersprüche: Wer Christ wird, für den lösen sich nicht die meisten Probleme des Lebens, weil er ab diesem Zeitpunkt vom himmlischen Vater mit allem Guten versorgt wird und der alle Lösungen schenkt. … Der alte Glaube muss offen sagen, dass er oft und lange eher ein Hiobsglaube als ein Josefsglaube ist.
In der Welt, nicht von der Welt: Der alte Glaube kann sich prinzipiell überhaupt nicht relevant machen. Er kann nur entdecken, wo, wie und warum dem auf dem biblischen Wort gegründeten Glauben trotz allem eine überragende Bedeutung zukommt. … Das muss damit einhergehen, dass wir intensiv darüber nachdenken, wie unserer heutigen Zeit und Kultur die Botschaft des Evangeliums gesagt werden kann. … Aber wir müssen auch den Mut zum klaren Zeugnis bei Gegenwind und Anfechtung fördern.
Falsche und echte Sicherheiten: Der christliche Botschafter sieht sich als Bote Gottes und Christi und tritt deswegen mit Gewissheit auf. Er weiß um Gottes Willen, dass seine Nachricht wahr ist und nicht von Meinungen und Mehrheiten abhängt. Dazu geht es bei seiner Botschaft nicht nur um grün oder gelb, es geht im Kern um Leben und Tod. … Es gibt in konservativen Gemeinden eine Vermeidungsstrategie, die eigenen Grundlagen zu hinterfragen oder hinterfragen zu lassen. Dabei könnte ein gründliches Hinterfragen doch auch dazu führen, dass die Überzeugungen bestätigt werden. Und wenn sie sich nach Prüfung vielleicht nicht als tragfähig herausstellen, dann könnte man mutig damit umgehen, weil Gott und sein Wort genug Fundament für bessere Antworten anbietet.
Sündige tapfer!? Mit der hohen Moral geht auch eine gewisse Unbarmherzigkeit einher. Ein verunglückter Karnevalswitz ruft Proteststürme hervor, Völkerball-Spielen sei Mobbing, ein Gedicht auf die Schönheit von Frauen sexistisch. In dieser Stimmung will niemand gern Sünder sein, denn es gibt da kaum Vergebung. Leider kann man das auch bei Frommen und Halbfrommen beobachten. … Ich sehe nur eine Lösung: gute Beispiele von Scheitern, Niederlage und Zweifel, die in Barmherzigkeit getragen wurden und zu Umkehr und Erneuerung führten, noch mehr – auch öffentlich – herauszustellen.
Ohne Fleiss kein Preis: Das Vertrauen in die Kraft des Wortes Gottes war so groß, dass es menschliche Irrtümer korrigieren kann und sich so selbst auslegt, dass jeder, der gründlich genug studiert, auch die Antworten finden kann. … Grundkenntnisse etwa in Form von bibelkundlichem Wissen kann aber jeder erwerben. Darüber hinaus sollte sich die christliche Gemeinde nicht nur Gemeindemanager und Evangelisten leisten, sondern eben auch Leute, die Lebenskraft aufwenden, um die Tiefe und Schönheit des christlichen Glaubens mit ihrem theologischen Arbeiten herauszustellen.
Wir brauchen Mut: Das Ideal des selbstgewissen Menschen wird oft mit Glaubensstärke und Mut verwechselt. Würden wir unsere heutigen Maßstäbe anlegen, wären Paulus und Luther Menschen voller Zweifel und Ängste. Tatsächlich waren sie stark angefochten und suchten und fanden Gewissheit nur außerhalb ihrer selbst bei Gott und seinem Wort.