Zitat der Woche: Warum Christen ihr kulturelles Reisegepäck kennen sollten

Ron Kubsch im hörenswerten Podcast “Christsein in der Spätmoderne” (78 Minuten; ab Minute 6):

Die Kultur, in der wir aufwachsen, verfügt über eine enorme Prägekraft für unser Denken, für unser Leben, für unser Fühlen und auch für unser Glaubensleben. Die Kultur, in der wir groß geworden sind, bestimmt intensiv mit, wie wir die Welt sehen, wie wir uns selbst sehen. (Charles Taylor hat in seinem Klassiker der Religionsphilosophie “Ein säkulares Zeitalter”) den Begriff des sozialen Vorstellungsschemas entwickelt. Was meint er damit? Taylor will damit sagen, dass die Kultur, in der wir leben, geprägt wird durch bestimmte Überzeugungen, durch Verhaltensweisen, durch normative Erwartungen, auch durch unbewusste Annahmen. Die Angehörigen der Kultur oder der Gesellschaft teilen eben diese Überzeugungen, Verhaltensweisen, Annahmen. Vorstellungsschematas sid die Art und Weise, wie sich Menschen die Welt und ihr Handeln intuitiv vorstellen. Es ist so etwas wie eine Art Reisegepäck, das wir, ob wir es wissen oder nicht, immer mit uns herumtragen. Es gibt Situationen, zum Beispiel am Flughafen, da ist es sehr hilfreich zu wissen, was im Reisegepäck drin ist.

Ein einfaches Beispiel: Wir haben als Familie mehrere Jahre im Ausland gelebt. Dort gibt es eine andere Sprache. Es gibt andere Werte, andere Umgangsformen. Als wir dann zurückgekommen sind nach Deutschland, also in das Land, in dem meine Frau und ich aufgewachsen sind, haben wir unsere eigene Heimat mit ganz anderen Augen gesehen, weil wir den Kulturkreis für eine bestimmte Zeit (6 Jahre) verlassen hatten.

Leider ist es so, dass wir gerade gegenüber der eigenen Kultur, in der wir aufgewachsen sind, blind sind. Wir denken ja, das ist halt so, weil wir mit dem entsprechenden Vorstellungsschema groß geworden sind. Deshalb ist es so wichtig, sich mit der Kultur, in der wir leben auseinanderzusetzen. Man nennt dies Kulturhermeneutik, das Verstehen lernen dessen, was bei uns passiert und was bei uns wichtig ist.