In Folge V meiner Reflexion zum Buch “The Rise and Triumph of the Modern Self” zeichne ich in Kürze die inhaltlichen Schwerpunkte dreier britischer Romantiker (um 1800) nach. (Zu den ersten vier Folgen geht es hier.) Sie bereiteten neben einer konsequenten Orientierung am Inneren die Neudefinition der Sexualethik sowie die Politisierung derselben vor. In der Poesie tauchten damit Schlüsselideen der sexuellen Revolution bereits vor 200 Jahren auf.
William Wordsworth (1770-1850): Gegenpol zur rationalen Berechnung und wissenschaftlichen Präzision mit dem Fokus auf das Innere und das Ländliche als das Natürliche; Poesie als Rettungsanker, die auf das Unzerstörte und Wirkliche zielt. Die beschriebenen Phänomene sind aber nur insofern von Belang, als sie den gewünschten emotionalen Response von den Lesern hervorrufen.
Percy Bysshe Shelley (1792-1822): Über die Einzeldinge der Existenz gelangen wir zu universalen Wahrheiten; der Katalysator dazu ist die ästhetische Erfahrung der Poesie. Es geht um eine Hebung der Moral. Kunst wird deshalb politisch, weil sie den Menschen wirklich menschlich werden lässt. Sie hebt ihn über die Misere der Gegenwart in eine harmonische Zukunft. Der Mensch im natürlichen Zustand weiss nichts von Ehe und Monogamie.
William Blake (1757-1827): Mord als Ästhetik. Damit ist die Ästhetik von ihrem metaphysischen Fundament losgelöst.
Vier Erkenntnisse:
- Wende zum Inneren: Um die wahre Person zu erkennen, müssen wir uns dem Inneren zuwenden.
- Sexualethisches Ideal: Monogamie ist nicht das Original, sondern eine Form der Unterdrückung, die es zu überwinden gilt.
- Neudefinition des Idealzustands: Glück und Zufriedenheit nur durch sexuelle Befreiung und Loslösung von den religiösen Fesseln
- Strebung des Menschen: Persönliches Glück in Form von sinnlicher Befriedigung