In Buch «Krisen bewältigen: Viktor Frankls 10 Thesen in der Praxis» werden Frankls 10 Thesen zur Person didaktisch gekonnt hergeleitet, gefüllt und angewendet. Sie werden «fruchtbar gemacht für den schulischen Alltag, der oft außerordentlich rau ist, ja in den bedauerlicherweise Gewalt, Langeweile und Frust eingezogen sind» (Elisabeth Lukas im Vorwort).
Zentral für das Menschenbild ist die geistige Dimension des Menschen:
Was ist spezifisch human? Die Geistbegabung des Menschen, die geistige, noetische Dimension, seine Fähigkeit, zu körperlichen und psychischen Gegebenheiten Stellung nehmen zu können. Was lässt den Menschen trotz aller äußeren Umstände und innerer Zustände stabil bleiben oder wieder stabil werden? Der Sinn des Lebens und das Wissen, dass Leben unter allen Umständen Sinn behält und als persönlicher Sinnauftrag darauf wartet, verwirklicht zu werden. „Warum nicht?“ ist vor dem sinnzentrierten Menschenbild der Logotherapie eine Aufforderung an jede Person, in Freiheit und Verantwortlichkeit sich selbst und das Leben unter allen Bedingungen zu gestalten.
Es gibt zwei zentrale Fähigkeiten:
- Selbstdistanzierung: «Der Mensch als geistbegabtes Wesen kann bei Bedarf seinen körperlichen und psychischen Bedingungen gegenübertreten, aus der Distanz auf sie schauen und dazu Stellung nehmen, ja ihnen entgegentreten.»
- Selbsttranszendierung: Menschsein verweist immer über sich selbst hinaus auf etwas, das nicht wieder es selbst ist – auf etwas oder auf jemanden.
Diese geistige Dimension innerhalb des trichotomischen Ansatzes ist dafür verantwortlich
- befähigt den Menschen, zu seinem Körper und seinen psychischen Befindlichkeiten Stellung zu nehmen.
- ermöglicht eigenständige Willensentscheidungen, eine freie Wahl zu treffen.
- drückt sich im Humor aus. Wir können über uns lachen und gewinnen damit Selbstdistanz.
- wirkt sich in sachlichem und künstlerischem Interesse durch schöpferisches Gestalten und Kreativität in Kunst, Kultur und Wissenschaft aus.
- lässt den Menschen aus der Meta-Ebene über sich und sein Dasein nachdenken.
- drückt sich in seiner intuitiven Sehnsucht nach Spiritualität aus.
- wird im ethischen Empfinden, das sich in unserem Gewissen meldet, wahrgenommen.
- zeigt sich im Erkennen von Werten, im Werteverständnis und in der Wertesensibilität.
- korrespondiert mit dem Sinn und ermöglicht Sinnausrichtung.
- findet ihren Ausdruck in der humanen Liebe, die auf einen Menschen, eine Idee oder ein Werk gerichtet sein kann.
Aus christlicher Weltsicht – das nur kurz angemerkt – kommt diesem dritten Teil als «Personkern» (selbst-)erlösende Kraft zu. Sie sei reine Dynamis, unzerstörbar. Es scheint so, als ob diese nicht von der Sünde betroffen sei.
Die Logopädagogik bildet auf der Lehrgrundlage Frankl eine not-wendende Lebensperspektive.
Häufig gehörte Aussage | Not-wendende Perspektive |
„Was die von mir verlangen, kann ich nicht mehr bringen. Ich dreh durch.“ | Es gibt eine Möglichkeit zur sinnvollen Lebensgestaltung. |
„Wenn ich nicht bekomme, was ich erwarte, …» | Der Mensch in seiner Ganzheit muss sich nicht abhängig machen von eigenen und fremden Erwartungen, sondern er kann seinem personalen Sinnanruf folgen. |
«Ich fühle mich übergangen, nicht wahrgenommen.» | Jede Person ist ein Original (absolutes Novum): unersetzbar und unaustauschbar und hat deshalb unverlierbare Würde. |
„Das sind meine Prinzipien, die ich geerbt habe und denen bleib ich treu, komme was wolle.“ | Der Mensch ist geistbegabtes Wesen, welches mithilfe des „Sinn-Organs“ Gewissen sein Leben in persönlicher Verantwortung gestalten kann. |
Ich treffe aus Angst oder Bequemlichkeit keine Entscheidungen. | Es gibt Entscheidungsmächtigkeit des Menschen innerhalb seines Freiraumes und die damit verbundene (Übernahme der) Verantwortung. |
Zorn kommt hoch, wenn ich angegriffen werde, ebenso das befreiende Gefühl, einen Sündenbock gefunden zu haben. | Der „es-hafte“ Mensch reagiert sich triebhaft ab, während der „ich-hafte“ Mensch bewusst zu seinen Aggressionen Stellung nimmt und sinnorientiert handelt. |
„Dafür bin ich viel zu ungeschickt, zu dumm, das schaffe ich nie.“ | Das Leben trägt Aufgabencharakter, der Mensch kann souverän liebend Stellung nahmen. |
„Hauptsache mir geht es gut, die anderen sollen für sich selbst sorgen.“ | Dem Menschen tut es nicht gut, statisch auf sich selbst fixiert zu sein, sondern er lebt gelingend, wenn er dynamisch und weltoffen seine, ihm vom Leben gestellten Aufgaben erfüllt. |
„Dieses Leid habe ich wirklich nicht verdient, warum trifft es immer nur mich?“ | Auch in Anbetracht von Leid und Tod – die zu jedem Leben gehören – kann der Mensch sinnvolle Haltungen für sich und sein Umfeld abringen. |
„Ich habe Lust auf diese Party, die Kinder sollen ruhig alleine bleiben.“ | Es steht ihm frei sich für oder gegen einen alles übergreifenden Sinnzusammenhang zu entscheiden. |
Hier können die wichtigsten Aussagen eingesehen werden.