Input: 6 Lektionen aus einem theologischen Klassiker für eine Kulturanalyse

Christopher Watkin leitet sechs Lektionen aus dem Klassiker Augustins “Vom Gottesstaat” ab:

Insider-Aussenseitertum: Wir neigen heutzutage im Hinblick auf kulturelles Engagement häufig dazu, zwischen dem „einfühlsamen Insider“ und dem „tapferen Außenseiter“ zu unterscheiden. Augustinus zeigt uns, wie wichtig es ist, beide Aspekte zu vereinen.

Auseinandersetzung mit der gesamten Kultur: Augustinus bewertet nicht nur gewisse Einzeltrends innerhalb der spätrömischen Kultur. Stattdessen behandelt er ihre tiefen Strukturen und ihre grundlegenden Annahmen: ihre Tugenden wie auch die Laster, ihre Frömmigkeit wie auch die Philosophie, ihr politisches Umfeld und auch die Unterhaltung des Volkes. 

Kritische Auseinandersetzung anhand der gesamten Bibel: Augustinus setzt sich mit der römischen Kultur nicht etwa mit isolierten Bibelversen oder einigen Lieblingslehren auseinander. Die Bücher 11–20 aus Vom Gottesstaat durchleuchten systematisch die gesamte Schrift von der Schöpfung bis zur Offenbarung, um zu zeigen, dass die Bibel eine kohärente und überzeugende Alternative zu Roms wirren Glaubensvorstellungen bietet.

Tiefenstrukturen erkennen: Die Kulturkritik von Augustinus ist nicht oberflächlich. Er begnügt sich nicht mit einer Analyse dessen, was die römische Kultur über sich selbst behauptet. Vielmehr will er zum inneren Kern der Dinge vordringen, um aufzudecken, was unter der Oberfläche geschieht.

Keine Auflösung auf eine Seite: Augustinus vermeidet den doppelten Fallstrick, die beiden Städte entweder nur rein gegensätzlich zu sehen oder nur zu sehen, wie die Stadt Gottes die tiefsten Sehnsüchte der irdischen Stadt erfüllt. Auch vermeidet er einen faulen Kompromiss, den Unterschied zwischen Gegensatz und Erfüllung aufzuspalten.

Keine vereinfachte Darstellung von Kirche und Kultur: die Stadt Gottes und die irdische Stadt in der heutigen Zeit als miteinander verflochten und untrennbar darstellt, gleichzeitig aber aufzeigt, dass sie dazu bestimmt sind, beim letzten Gericht getrennt zu werden. Ein kulturkritischer Ansatz, der die Gegensätze überbetont, würde dazu tendieren, die zwei Städte als vollständig voneinander getrennt zu betrachten – und wäre somit blind für die Art und Weise, wie die Kirche von der Kultur geprägt wird.