Gebet: Die ethnische Säuberung am Berg Karabach

Ich bin sehr bewegt von den Geschehnissen um den Berg Karabach. Beispielhaft hier der Bericht einer flüchtenden Familie.

Der Journalist Neil Hauer schrieb am 30. September:

120.000 Menschen haben gerade wegen Aserbaidschan ihre Heimat verloren. Aserbaidschan hat dafür noch keine einzige Konsequenz zu spüren bekommen. Eine faschistische Diktatur hat gerade umsonst ethnische Säuberung betrieben. Willkommen im Jahr 2023.

Moritz Gathmann fasste es am 27. September so zusammen (auch hier):

47.000 Menschen haben nach arm. Angaben bis heute Nachmittag #Bergkarabach verlassen. Bevölkerung lag zuletzt zwischen 70 und 100.000. Wenn der Flüchtlingsstrom so anhält, wie ich ihn sehe, ist die Region bis Ende der Woche frei von Armeniern. Das ist so brutal wie es klingt.

Leider spielt der Westen durch sein Desinteresse selbst eine unglückliche Rolle.

Wohlmeinende Befürworter glauben, dass der Westen eine wohlwollende Kraft ist, die nur zum Handeln bewegt werden muss. Aber in Karabach ist der Westen, wie auch an anderen Orten, selbst Teil des Problems.

Der Anthropologe Alex Shams sieht Schreckliches auch auf Nachbarregionen zukommen (hier):

Ich werde nie vergessen, wie ich an der Grenze zwischen Iran und Aserbaidschan unterwegs war. Auf der iranischen Seite gibt es viele armenische Kirchen, aber auf der anderen Seite des Flusses sind sie alle abgerissen worden. Es reichte nicht aus, die Armenier zu vertreiben; Aserbaidschan hat jede Spur von ihnen ausgelöscht. Ich kann mir nicht vorstellen, was auf Artsakh zukommen wird.

Der mir persönlich bekannte Joel Veldkamp schreibt in Firstthings, von welchem Schweigen der Christen diese ethnische Säuberung begleitet ist. Er ruft dazu auf, unsere Definition von Religionsfreiheit zu hinterfragen:

Heute haben wir uns daran gewöhnt, religiöse Verfolgung per definitionem als einen Angriff auf die Religionsfreiheit zu betrachten. Doch der schlimmste Fall von antichristlicher Verfolgung im zwanzigsten Jahrhundert – der Völkermord an den Armeniern – passt nicht so recht in die Kategorie “Religionsfreiheit”. Die Urheber des Völkermordes wollten die Armenier nicht daran hindern, Jesus zu verehren, Kirchen zu bauen oder die Bibel zu lesen. Ähnlich wie heute in Aserbaidschan versuchten sie, ein christliches Volk (ob praktizierend oder nicht) auszurotten, das sie lange Zeit unterdrückt hatten, das sie aber als Bedrohung ihrer Macht ansahen.

Sich weiter informieren: Guardian-Dokumentation “Fear and fury in Armenia: the week Nagorno-Karabakh fell” (12 Minuten)