Zitat der Woche: Der Gebrauch der Kirchenväter bei den Reformatoren

In Kapitel 2 des The Oxford Handbook of Reformed Theology (2020) wird die Integration und der häufige Gebrauch der Kirchenväter bei den Reformatoren gewürdigt.

Indem die frühchristlichen Glaubensbekenntnisse – und bestimmte Lehren der Kirchenväter – in die reformierten Bekenntnisse aufgenommen oder anerkannt wurden, sind sie eindeutig Teil der reformierten theologischen Identität geworden, was deren Katholizität und Rechtgläubigkeit zum Ausdruck bringt. …

Die Kombination der Idee einer “Harmonie” der reformierten Bekenntnisse mit patristischen Zeugnissen (Ende 16. Jahrhunderts wurde verschiedene Versuche von reformierten Autoren unternommen, die verschiedenen Bekenntnisse in einer Harmonie in einer Synopse zusammenzubringen; meine Anmerkung) lief auf das Argument hinaus, dass die Einheit des Glaubens nicht nur unter den reformierten Kirchen bestand, sondern sich auch historisch auf die frühe Kirche bezieht.

Die Feststellung der Übereinstimmung mit der patristischen Lehre war wesentlich, um zu zeigen, dass die Reformation innerhalb der Grenzen der christlichen Orthodoxie blieb und somit ein Teil der einen katholischen Kirche im Sinne einer Sukzession der Lehre war (und nicht einer Sukzession von Bischöfen). Ohne die Unterstützung der Patristik scheint die reformierte Theologie nicht alt, sondern eine späte Innovation und daher eher sektiererisch als katholisch zu sein. …

Augustinus war der mit Abstand am häufigsten zitierte Autor bei Calvin, wie auch z. B. bei Martin Bucer, Heinrich Bullinger  und Franciscus Turrettini. In patristischen Anthologien bis 1566 lieferte Augustinus allein wahrscheinlich die Hälfte des enthaltenen Materials. … Als Calvin über Augustinus, den er als “den besten und treuesten Zeugen der gesamten Antike” betrachtete, dass “Augustinus ganz und gar unser ist” (Augustinus totus noster est), drückt er nicht nur seine Überzeugung aus, dass Augustinus immer noch aktuell ist, sondern auch, dass er auch theologisch ganz auf Calvins Seite stand. …

Überzeugt von der Fehlbarkeit der Kirchenväter, entwickelten die reformierten Denker eine bemerkenswerte Tradition der offenen Auseinandersetzung mit dem, was sie für theologische Fehler der Väter hielten.