Papablog (34): Spiel ohne Regeln?

Vor dem Ins-Bett-Gehen einigten wir uns auf eine Runde „Hüetli-Spiel“. Die Jungs waren nicht nur aufgedreht, sondern auch müde. Nachdem ich mich nach einer zähen Verhandlungsrunde auf eine Regeländerung eingelassen hatte, erkannte ich bald das Ungemach. Der Änderung folgten zahlreiche weitere Anträge, die mit lautem Gebrüll durchgesetzt werden wollten. Ich musste wohl oder übel das Spiel abbrechen. Ein Spiel ohne Regeln funktioniert beim besten Willen nicht.

Papablog (33): Frische Klaräpfel.

Im Garten des Pfarrhauses ist eine Tafel befestigt. „Lust auf Klaräpfel? Bitte bedienen Sie sich.“ So machten wir uns mit Traktor und Anhänger auf den Weg. Der Apfelpflücker durfte natürlich nicht fehlen. Wir klingelten an der Türe und schlossen Bekanntschaft mit dem Sohn und dem Hund des Hauses. Die einen Äpfel wurden in eine Tasche, das Fallobst in den Anhänger des Traktors verladen. Die fallenden Äpfel aufzufangen, wurde zur Geschicklichkeitsübung. Wieder zu Hause angekommen, wurden die Äpfel gewaschen, das Kerngehäuse weggestanzt und der Rest geschnitten, puriert, mit Traubenzucker ergänzt, gekocht und sterilisiert. Zum Abendbrot gab es frisches (Bio-)Apfelmus.

Papablog (32): Fussball ist schwieriger, als ich gedacht habe.

Seit einigen Wochen schwärmen meine beiden Ältesten für den Fussball. Sie schätzen ihre Fähigkeiten anders ein, als ich sie sehe (wie ich schon kürzlich geschrieben habe). Heute kam mein Ältester von der Kinderwoche heim, wo er an einem Fussballtraining teilnahm: “Fussball ist viel schwieriger, als ich gedacht habe. Und es gibt viele Wörter dafür.” (Am nächsten Tag ist Basteln angesagt; ein wirklich Fussball-Verrückter wäre dem Ball die ganze Woche treu geblieben.)

Warum der Mensch sich zerstreuen muss

Blaise Pascal beschreibt im Fragment 139 seiner Pensées meisterhaft den Zwiespalt des gefallenen Menschen. Weil er zutiefst ein Empfinden dafür hat, muss er sich zerstreuen:

Daher kommt es, dass die Menschen so sehr den Lärm und die Bewegung lieben. Daher kommt es, dass das Gefängnis eine so schreckliche Strafe ist. Daher kommt es, dass die Freude an der Einsamkeit etwas so Unbegreifliches ist. …Die Menschen, die von Natur ihren Zustand empfinden, vermeiden ja auch nichts so sehr wie die Ruhe. Es gibt nichts, das sie nicht tun, um die Unrast zu suchen. Nicht als ob sie nicht einen Instinkt hätten, der sie die wahre Seligkeit erkennen lässt. … Sie bilden sich ein, wenn sie dieses oder jenes Amt erlangt hätten, dann würden sie in Freude ausruhen, und spüren nicht die unersättliche Natur ihrer Gier. Sie glauben aufrichtig, die Ruhe zu suchen, und suchen in Wirklichkeit die Unrast.

Sie haben einen geheimen Instinkt, der aus dem Verdruss über ihr unaufhörliches Elend kommt und sie dazu treibt, draussen Zerstreuung und Betätigung zu suchen; und sie haben einen anderen geheimen Instinkt, der von der Grösse ihrer ersten Natur übrig ist, der sie erkennen lässt, dass das Glück in Wirklichkeit nur in der Ruhe ist und nicht im Tumult; und aus diesen beiden entgegengesetzten Instinkten bildet sich in ihnen ein verworrener Trieb, der sich ihrem Auge in der Tiefe ihrer Seele verbirgt; der treibt sie dazu, durch die Unrast zur Ruhe zu streben, und sich stets einzubilden, dass die Befriedigung, die sich nicht haben, ihnen zuteil werden wird, wenn sie einige Schwierigkeiten, die sie vor sich haben, überwinden und sie sich so das Tor zur Ruhe öffnen können.

So verströmt das ganze Leben. Man sucht die Ruhe, indem man einige Hindernisse bekämpft; und wenn man sie überwunden hat, wird die Ruhe unerträglich durch die Langeweile, die sie erzeugt.

Eifer allein genügt nicht!

Die Abstammung, die Noten in der Schule und der Uni, das Parteibuch, die guten Zeugnisse des Arbeitgebers – alles passte. Saulus war erfolgreich, überdurchschnittlich engagiert, gut vernetzt. Doch das Wichtigste fehlte ihm: In geistlicher Hinsicht war er tot, und mit seinem Eifer arbeitete er dem entgegen, dem er zu gefallen glaubte.

Im Rückblick auf sein früheres Leben bekannte er:

Wenn irgendein anderer meint, auf Fleisch (d. h. heisst auf äusserliche Vorzüge, menschliche Leistungen weltlicher oder frommer Art) vertrauen zu dürfen- ich noch mehr: bin ich doch beschnitten am achten Tag, aus dem Volk Israel, vom Stamm Benjamin, Hebräer von Hebräern; was das Gesetz betrifft: sogar Pharisäer; was den Eifer betrifft: Verfolger der Gemeinde; was die Gerechtigkeit im Gesetz betrifft: als untadelig erwiesen. (Philipper 3,5-6)

Paulus war jemand, der die guten Karten, die ihm zugeteilt wurden, auch aktiv nutzte. Er ehrgeizig und leistungsstark. Ja, er wollte seine Alterskollegen alle überrunden:

Ihr habt ja von meinem früheren Lebenswandel im Judentum gehört: Über die Massen verfolgte ich die Gemeinde Gottes und suchte sie zu vernichten und mit Gewalt vorwärts drängend übertraf ich im Judentum viele Altersgenossen in meinem Volk, indem ich in aussergewöhnlicher Weise ein Eiferer für die Überlieferungen meiner Väter war. (Galater 1,13-14)

Paulus zeigte sogar übermässig viel frommen Eifer. Doch im Kern drehte er um sich selbst. Er wollte seine eigene Gerechtigkeit aufrichten. Er konnte deshalb den Antrieb seiner Landsleute gut nachvollziehen.

Denn ich stelle ihnen das Zeugnis aus, dass sie zwar Eifer um Gott haben, aber nicht nach rechter Erkenntnis. Da sie nämlich die Gerechtigkeit Gottes nicht erkannten, haben sie sich der Gerechtigkeit Gottes nicht untergeordnet. (Römer 10,2-3)

Kommen wir zu uns. Wohin geht deine Energie? Für was eiferst du? Vorsicht: Das, was ich bekenne, kann von meiner tatsächlichen Lebenspraxis weit entfernt sein. Das Beispiel von Paulus zeigt, dass aller Eifer nichts nützt, wenn das Wichtigste fehlt.

Paulus als historische Figur

In den letzten Wochen habe ich in meiner Familie die Geschichte von Paulus vertieft. Ich habe den Eindruck, dass wir dazu neigen, die Geschichten der Bibel eher in der Ecke von Legenden oder in der Nähe von Märchen bzw. Heldengeschichten zu platzieren. Es ist mir darum wichtig, die Figuren der Bibel als reale Personen einzuführen.

Um Paulus besser kennen zu lernen, ging ich von folgender Frage aus: Was müsst ihr von einer Person erfahren, damit ihr von ihr sagen könnt, ihr kennt sie? Wir haben folgendes herausgearbeitet:

  • Wo ist er geboren? In Tarsus, in der römischen Provinz Cilicien, als Sohn von traditionsbewussten Juden (Phil 3,5). Paulus war von Geburt an römischer Bürger, was ein grosses Privileg war, Tarsus ein bedeutendes Bildungszentrum.
  • Wann hat er gelebt? Er wird etwa um die gleiche Zeit wie Jesus geboren sein, also vor über 2000 Jahren.
  • Wie ist er aufgewachsen? Einen Teil seiner Jugend hat er in Jerusalem zu Füssen des berühmten Lehrers Gamaliel verbracht (Apg 22,3; 26,4). Wahrscheinlich war seine Familie begütert.
  • Wie alt ist er geworden? Seinen ersten unrühmlichen Auftritt hatte er bei der Steinigung von Stephanus, etwa 3 Jahre nach der Himmelfahrt von Jesus. Da war er etwas 30 Jahre alt. Paulus wurde vermutlich zwischen 50 und 60 Jahre alt.
  • Wie sah er aus? Sicherlich nicht so, wie wir es uns vorstellen. Die Korinther jedenfalls waren erstaunt, als sie seine Redekunst live erlebten. Er erschien ihnen verachtenswert. Er war von der Statur her untersetzt, vom vielen Reisen war wahrscheinlich braungebrannt und hager.  Je nach Interpretation von einzelnen Stellen (2Kor 12, Gal 4) hatte er ein Augenproblem. Einige haben gar vermutet, er wäre Epileptiker gewesen.
  • Welchen Beruf hat er gelernt? Er hatte zwei Berufe, einen handwerklichen (Zeltmacher) und einen geistigen (Schriftgelehrter).
  • Welche Freunde hatte er? Manchmal wird Paulus als Einzelkämpfer hingestellt. Er arbeitete aber fast immer im Team. Er hatte mehrere Mitarbeiter bei sich, die er bei den Gemeindegründungen, die er systematisch in Städten betrieb, bei Bedarf zurückliess. Zwei seiner wichtigsten waren Barnabas und Silas.
  • Welche Sprachen beherrschte er? Mit Griechisch wuchs er auf, im Studium lernte er Aramäisch und Hebräisch. Vielleicht beherrschte er auch Lateinisch, die Verwaltungssprache des Römischen Reiches.
  • Wie viele grosse Reisen hat er gemacht? 17 Jahre nach seiner Bekehrung erst begann er seine erste Missionsreise. Diese führte ihn durch Kleinasien, die zweite nach Europa, die dritte nach Rom. Die drei Reisen unternahm er im Zeitraum von 12 Jahren.
  • Was war sein Lebensmotto? Seine Lebensbotschaft beschreibt er in seinen Briefen. Das Heil kommt allein durch Gottes Gnade aufgrund des Glaubens. Im Hinblick auf sein eigenes Leben hätte er wohl gesagt: Wenn ich schwach bin, bin ich stark. Alles vermag ich in dem, der mich stark macht.
  • Wie ist er gestorben? Er wurde in Rom unter Kaiser Nero enthauptet.

Papablog (31): Ein verlorenes Wettrennen.

Wir befanden uns im begrünten Innenhof vor dem Haus meiner Schwester. Der Ausflug nach acht Uhr war dazu bestimmt, die Restenergie der Jungs draussen statt drinnen abzulassen. Drei Jungs aus der Nachbarschaft fanden sich sofort zum Kräftemessen bereit: Zuerst spielten sie Fussball. Mein Zweiter brillierte mit hoher Präsenz im Goal, der älteste säbelte zwei zu Boden. Nachher veranstaltete meine Frau ein Wettrennen. Achtung, bereit, fertig, los: Die fremden Jungs ziehen davon. Und mein Ältester hält uns einen Vortrag: “Die haben den ganzen Tag Fernsehen geguckt, ich war den ganzen Tag draussen. Wir hatten einen vollen Tag. Und überhaupt ist es wichtiger, etwas im Kopf zu haben als in den Beinen.” (Es bleibt aber dabei: Er hat verloren. Ich beruhige: “Du hast alles gegeben. Das ist die Hauptsache.” Damit war es für ihn allerdings noch nicht gegessen.)

Papablog (30): Flüstern statt röhren.

In den letzten Wochen habe ich mir angewöhnt, abends meine Stimme zu erheben. Da den Aufforderungen nur mässig Folge geleistet worden war, erhöhte ich die Lautstärke mit jedem neuen Appell. Dieser Unsitte gewahr geworden, nahm ich mir vor, am nächsten Abend zu flüstern. Erste Erfolge wurden bereits erzielt. Denn: Wer immer schreit, dem hört am Ende niemand mehr zu.