Geistlicher Dienst und privates Leben – zwei Paar Schuhe?

A. W. Tozer wird gern und häufig zitiert. Er predigte und schrieb eindrücklich. Doch sein Leben ist auch eine Warnung für Väter. Tim Challies hat seine Biografie gelesen und meint (hier):

Those who have enjoyed Tozer’s writings will find here the life of a man who can and should be much admired for his deep spirituality and for his overwhelming love for Scripture. They will find here also the sad reality that Tozer, as have so many men before and after him, was willing to sacrifice his family on the altar of ministry. They will wrestle with the great irony that as Tozer grew closer to his Savior he seemed to grow more and more distant from his wife and family. His life stands as both an inspiration and a solemn warning.

Schenken ist anspruchsvoll

Wer Schenken für eine leichte Sache hält, der irrt. Schenken birgt ein Höchstmass an Schwierigkeiten in sich, wenn es sich wirklich um wohlüberlegtes Zuteilen handeln soll, nicht um Verschleudern aus Zufall und Laune. Den einen verpflichte ich mir, einem anderen entgelte ich, dem helfe ich aus, mit einem anderen habe ich Mitleid, einen, der nicht verdient, von der Armut gepackt und von ihr festgehalten zu werden, unterstützte ich. Einigen freilich werde ich, auch wenn sie Mangel leiden, nichts geben; denn ihr Mangel ist durch Spenden nicht zu beheben. Einigen werden ich Unterstützung anbieten, einigen sogar geradezu aufdrängen.

Aus: Seneca. Vom glücklichen Leben. Insel Verlag: Frankfurt am Main/Leipzig 1992.

Worte genügen nicht

Wahr ist das, was ankommt. Der Hörer decodiert, was der Sprechende codiert hat. So werden wir heute durch Watzlawick & Co. über die Grundparadigmen der Kommunikation belehrt. Bereits Augustinus (365-430) hat in einem Frühwerk “De magistro” (389/90), das in einem Dialog mit seinem Sohn Aeodat abgefasst ist, über die Wirkung von Worten nachgedacht. Sein Standpunkt: Alles sinnvolle Fragen und Antworten im Gespräch ist nur möglich im Horizont bereits erreichten oder zumindest erstrebten Wissens. Den Wörtern an und für sich sprach er jeden Erkenntniswert ab. Sprache ist zwar nützlich für die Kommunikation; Kommunikation ist für ihn aber nicht wichtig für Erkenntnis, die von ihm sprachfrei konzipiert ist. Dass Worte nicht genügen, macht er gegen Schluss des Dialogs an verschiedenen Bespielen deutlich.

  • Ein Sprecher kann etwas vorbringen, ohne von dem, was er vorbringt, überzeugt zu sein; es ist zumindest ungewiss, ob die geäusserten Wörter die Gedanken des Sprechers anzeigen.
  • Durch Lügen werden die Gedanken des Sprechers bewusst entstellt.
  • Eine geäusserte sprachliche Sequenz spiegelt nicht die Gedanken des Sprechenden wider, weil der Sprechende im Vollzug des Sprechens an anderes denkt als an das, was er artikuliert.
  • Wörter werden entgegen ihrer gewöhnlichen Verwendung anders gebraucht.
  • Die Nachlässigkeit beim Hören von Wörtern bringt unnötigen Streit hervor.
  • Selbst wenn Wörter die Gedanken des Sprechenden anzeigen, so ist damit nicht ausgemacht, dass diese Gedanken Erkenntnisse sind.

Auch wenn diesem Werk spekulative Elemente anhaften, verdeutlicht es eines: Unsere “Wirkung im Ziel” ist nur beschränkt von uns abhängig.. Aedot formuliert es in seiner Zusammenfassung so:

Ich habe in der Tat durch die Aufforderung deiner Wörter gelernt, dass der Mensch durch Wörter lediglich aufgefordert werden kann zu lernen… (14,46)

Wissen erhält einen Vokalpunkt: Christus. Wer sich ihm innerlich zugewendet hat, lernt von ihm.

…ihn zu lieben und zu kennen, das ist das glückliche Leben, von dem alle laut verkünden, dass sie es suchen; nur wenige aber gibt es, die sich dessen erfreuen dürfen, es wirklich gefunden zu haben. (Ebd.)

Aus: Augustinus. De magistro. Philipp Reclam jun.: Stuttgart 1998.

Was hat Fortschritt mit Gott zu tun?

Immer wieder staune ich darüber, welche Fortschritte in der Technik erzielt werden. Die Brille, die ich trage, erinnert mich täglich daran. Johnson hat sich mit dem Thema befasst. Der entscheidende Punkt: Wird das Wissen und der Fortschritt losgelöst von Gott betrachtet?

Once people tend to see true and new knowledge as a human construction, two results seem almost inevitable: It seems perfectly normal for people to create new gods to fit their image, and the God of Abraham, Isaac, and Jacob seems totally irrelevant to the important developments in our world.

In Anlehnung an den Theologen Herman Bavinck entwickelt er das Konzept eines zweifachen Wissens. Gott besitzt archetypisches Wissen:

The world is an embodiment of the thoughts of God, thoughts or knowledge which God had eternally before creating the world, thoughts which came before God created by his Word.

Der Mensch denkt Gottes Gedanken nach:

When God created humans in his image, obviously He intended for human ectypal knowledge to be a reflection or image of his eternal archetypal knowledge, with humans thinking God’s thoughts after him.

Wissen hat darum stets mit dem dreieinen Gott zu tun:

The essential foundation of knowledge is in the mind of God the Father. It is the second Person of the Trinity, as the Logos, who reveals truth about God and about creation by means of special revelation (especially through sacred scripture) and general revelation (through creation), providing the external principle of knowledge. And the Holy Spirit, the third Person of the Trinity, is the internal principle of knowledge who opens our eyes to receive knowledge and perceive truth, both truth in scripture and truth in creation.

Hier geht es zum Aufsatz Progress, Knowledge and God.

Lernerlebnis Nr. 112: Vor der BMW-Garage.

Wir halten bei einer BMW-Garage, um Daten und Fakten der präsentierten Wagen zu erkunden. (Mit vier, bald fünf Söhnen ist es eine schwere Blamage, dass ich kein Auto besitze.) Gerne hätten wir uns auch noch in der Werkstatt umgesehen. Nicht nur das Schild “Kein Zutritt für Privatpersonen” hielt uns von dieser Absicht ab, die Angestellten taten so, als wären wir gar nicht auf Platz. Es kam mir vor wie … in manchen Kirchen. Shopping nur für Insider.

Warum der Mystizismus eine ständige Strömung innerhalb der christlichen Kirche ist

Mystizismus war immer in der einen oder anderen Form in der christlichen Kirche gegenwärtig. Bavinck definiert treffend:

The object of mystical theology, however, is the mystical communion with God granted by special grace to a small number of privileged persons.

Mysticism describes how and by what way the soul could attain to such communion with God and what light could be shed on the truths of faith from that vantage point. In that sense mysticism has always had its representatives in the Christian church and occurs in greater or lesser measure in all the church fathers.

 It is most intimately bound up with the monastic ideal and proceeds from the assumption that there is a twofold knowledge of God, that of the mind and that of the heart’s experience and communion with God.

By practical exercises such as those of asceticism, purification, self-torture, world flight, etc., or by theoretical reflection, such as listening [for the voice of God] reading [Scripture], prayer, logical thought, contemplation, and meditation, the soul on earth could already enter a state of beholding or enjoying God.

Herman Bavinck. Reformed Dogmatics. Prolegomena, 46.

P. S. Zum Thema empfehle ich die kurze Ausarbeitung von Ron Kubsch “Die Mystik oder das Wort”. Er schreibt:

Warum sind die Menschen so an einer mystischen Gotteserfahrung interessiert?  Sie sind es darum, weil einzig vom mystischen Prinzip aus eigene Gedankenspiele das geistliche Leben erobern können und die Selbstrechtfertigung des Menschen möglich ist.

Erlösung nur durch Gnade

Eine wunderschöne Zusammenfassung der Gnadenlehre, wie sie Augustinus herausgearbeitet hat:

Augustine saw it all around him and felt it: human beings seek God and need him while at the same time they cannot and will not come to him. What is good in humanity is only the fact that they exist. Humanity as a whole is a “mass of perdition.” Sin is, above all, haughtiness—pride (superbia) in the soul and lust (concupiscentia) in the body. In Adam we all sinned, and thus sin became the fate of us all. It is a lack of God (carentia dei), a privation of the good (privatio boni), not just an act but a condition; it is vitiated nature, a defect, a lack, a corruption, an inability not to sin.

Salvation from this condition exists only by grace, which has its origin in predestination and is objectively revealed in the person and work of Christ. Objective grace is the sure and proper foundation of the Catholic faith but must also come into us subjectively as internal grace to infuse faith and love.

Herman Bavinck. Reformed Dogmatics. Prolegomena, 43.