Ein Gotteslob gegen das Vergessen (Psalm 103)

Lobe den HERRN, meine Seele, und alles, was in mir ist, seinen heiligen Namen ! Lobe den HERRN, meine Seele, und vergiß nicht, was er dir Gutes getan hat!

Was hat er denn Gutes getan?

Der dir alle deine Sünden vergibt und heilt alle deine Gebrechen;

der dein Leben vom Verderben erlöst, der dich krönt mit Gnade und Barmherzigkeit;

der dein Alter mit Gutem sättigt, daß du wieder jung wirst wie ein Adler.

Der HERR übt Gerechtigkeit und schafft Recht allen Unterdrückten. Er hat seine Wege Mose wissen lassen, die Kinder Israels seine Taten.

Diese Vorgehensweise lässt auf seinen Charakter schliessen:

und gnädig ist der HERR, geduldig und von großer Güte. Er wird nicht immerzu rechten und nicht ewig zornig bleiben. Er hat nicht mit uns gehandelt nach unseren Sünden und uns nicht vergolten nach unseren Missetaten.

Wie sähe dieses Lob aus ohne die Sündenerkenntnis? Es wäre obsolet!

Denn so hoch der Himmel über der Erde ist, so groß ist seine Gnade über denen, die ihn fürchten; so fern der Osten ist vom Westen, hat er unsere Übertretungen von uns entfernt. Wie sich ein Vater über Kinder erbarmt, so erbarmt sich der HERR über die, welche ihn fürchten;

Wahres Gotteslob ist erst möglich, wenn wir erkennen, wer wir selbst sind. Wir sind nicht nur erbarmenswerte Sünder, wir sind vergänglich:

denn er weiß, was für ein Gebilde wir sind; er denkt daran, daß wir Staub sind. Die Tage des Menschen sind wie Gras; er blüht wie eine Blume auf dem Feld; wenn ein Wind darüber geht, so ist sie nicht mehr da, und ihre Stätte kennt sie nicht mehr.

Der Ewige steht in einer Beziehung zu den Endlichen. Was für ein Vorrecht!

Aber die Gnade des HERRN währt von Ewigkeit zu Ewigkeit über denen, die ihn fürchten, und seine Gerechtigkeit bis zu den Kindeskindern bei denen, die seinen Bund bewahren und an seine Gebote gedenken, um sie zu tun. Der HERR hat seinen Thron im Himmel gegründet, und seine Königsherrschaft regiert über alles.

Also: Lobt ihn!

Lobt den HERRN, ihr seine Engel, ihr starken Helden, die ihr seinen Befehl ausführt, gehorsam der Stimme seines Wortes! Lobt den HERRN, alle seine Heerscharen, seine Diener, die ihr seinen Willen tut! Lobt den HERRN, alle seine Werke, an allen Orten seiner Herrschaft! Lobe den HERRN, meine Seele !

Think!

The real-life problems are two sides of the same coin. From the one side, spiritually minded people may conclude that since the Holy Spirit is the source of all life and truth, it is not important to work at thinking, reading, and learning. From the other side, intellectually minded people may conclude that since God wants us to think, read, and learn, these activities are supremely important in and of themselves.

Mark A. Noll in John Piper. Think. Crossway: Wheaton 2010. (12)

Der Glaube für unsere Kinder

So habe ich es mir noch nie überlegt. Von den Eltern Moses’, die ihr Kind im Körbchen in den Fluss legten, wird gesagt:

Durch den Glauben wurde “Mose,” als er geboren war, drei Monate verborgen von seinen Eltern, weil sie sahen, dass er ein schönes Kind war; und sie fürchteten sich nicht vor des Königs Gebot. (Hebräer 11,23)

Danke, AB, für diesen Kommentar:

By faith, we should believe that God has a special plan for our children!  Our love for our children should be born out of our faith in God!

Es ist nicht schick, den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen

John Piper ist davon überzeugt, dass in unseren westlichen Breitengraden der Druck auf die Verkündiger zunimmt. Es gilt nicht als schick, den ganzen Ratschluss Gottes zu verkündigen.

Insulated Western Christianity is waking from the dreamworld that being a Christian is normal or safe.

Es wird je länger je weniger möglich sein, sich in den Grenzen der „political correctness“ zu bewegen, denn:

(P)reaching Christ crucified ruins professional pastoral politeness and wakens us to the wreckage of relativistic pluralism.

Was ist und bleibt aber  Grundlage der Verkündigung?

(T)he center of Christianity and the center of pastoral life is the dishonorable, foolish, gruesome, and utterly glorious reality of the tortured God-Man, Jesus Christ.

Die anderen Religionen entkräften die Gnade Gottes:

All religions that deny the cross nullify the grace of God and lead people to perpetual ruin. Preaching that truth ill-fits today’s professionalism.

Also: Verabschiede dich von dem Gedanken, respektvoll in der Lokalpresse zitiert zu werden.

Increasingly, a ministry under the banner of Christ’s supremacy will be offensive to the impulses of professional clergy who like to be quoted respectably by the local newspaper.

Aus: John Piper, Brothers, We Are Not Professionals. Crossway: Wheaton 2002.

Die Angst vor dem Erwachsenwerden

Nina Pauer (* 1982) schreibt über die (68er-)Elterngeneration und ihre noch nicht erwachsenen Kinder. Ich empfinde die Beschreibung als nahe bei meinem Erleben, brisant, auch entlarvend. 

Bei unseren Eltern können wir uns jederzeit verkriechen. Wann immer wir kriseln oder kränkeln, ist unser altes Zuhause bei ihnen der Fluchtpunkt vor uns selbst. Denn er bietet uns den Schutz einer sicheren Höhle, in der wir zuverlässig die Auszeit finden, die wir brauchen. Es gibt dort nämlich irgendwie keine Zeit. Oder sie scheint einfach stillzustehen. Nahezu magisch zieht es uns deshalb regelmässig, wenn wir dringend Ruhe benötigen – um nachzudenken, auszuschlafen, Abschlussarbeiten, Bewerbungen oder Trennungsbriefe zu Ende zu schreiben -, zurück in unsere alten Kinderzimmer. Dort sind wir abgeschottet von allen kleinen und grossen Störfaktoren, die uns das Leben sonst so schwermachen. Wir sind stets willkommen weshalb meistens, wenn wir aufkreuzen, das Bett schon präventiv für uns bezogen ist. Ausser unseren Eltern rückt uns dort niemand auf die Pelle, wir können bleiben, so lange wir wollen, und kommen und gehen, wann und wie wir lustig sind. Es ist immer warm, der Kühlschrank immer voll und das Klopapier nie alle. Kurz: Es ist ein Ort, an dem wir uns um rein gar nichts kümmern müssen. Ein heilsames Ausserhalb im Innern unserer hektischen Leben.  (143)

Der Erziehungsstil: Nicht eckig, beteiligend, alles hinterher tragend:

Unsere Eltern sind weder spiessig noch autoritär. Sie haben uns nie das Gefühl gegeben, etwas aus reiner Willkür oder Machtausübung zu verbieten, sondern uns immer alles pädagogisch und wertvoll erklärt. Schon als kleine Menschen haben sie uns ziemlich ernst genommen und wie mündige Gegenüber behandelt. Mit unseren Eltern konnten wir bereits zu Oberstufenzeiten bei gutem Rotwein versacken. Sie waren es, die uns als Erste über Betäubungsmittelverstösse und Verhütung erzählt und bis zum bitteren Ende mit uns fürs Abi gelernt haben. Nach dem Zusammenbruch unserer ersten Liebe konnten sie uns glaubhaft machen, dass das Leben weiterginge. Wenn wir krank waren, sind sie immer vorbeigekommen oder haben uns Care-Pakete geschickt. Ihre waren die härtesten Nachtschichten beim Korrekturlesen unserer Magisterarbeiten. Und auch bei unseren allernervigsten Umzügen haben sie uns noch immer geholfen. Und dabei am Ende sogar ohne allzu viel Murren akzeptiert, dass wir ihre Keller und Dachböden mit unserem alten aussortierten Krempel zustellten. Als Gegenleistung erwarteten unserer Eltern dafür von uns nichts. Höchstens vielleicht, dass wir uns frei entfalten und innerhalb der uns gegebenen Möglichkeiten versuchen sollten, glücklich zu werden. Sie, so gaben sie uns stets doppelt und dreifach zu verstehen, würden uns dabei selbstverständlich helfen, wo immer sie konnten. (146-147)

Es bleibt eine hohe Identifikation der Eltern mit den erwachsenen Kindern:

Für unsere Eltern sind und bleiben wir die wertvollsten Menschen der Welt. … Insgeheim … sind wir immer noch der Mittelpunkt ihrer Leben. (155)

Gerade auf ihren Partys hab ich so den Eindruck (so lässt Pauer den Therapeuten G. aussagen), dass ich alle mit ihren Kindern schmücken, dass das ihre Juwelen sind, mit denen sie PR für sich selbst machen. (167)

Sie machen von den Möglichkeiten der modernen Kommunikation Gebrauch – bis hin zum Facebook-Account:

Seit unsere Eltern, die einstige Generation Doppelklick, sich auch noch kommunikativ gemacht hat … sind sie uns noch näher gerückt. Dadurch, dass unsere Mütter und Väter irgendwann verstanden haben, dass meistens schon ein einmaliges Klicken genügt, um ans Ziel zu gelangen und unsere e-Mails zu öffnen oder Skype zu installieren, seit sie gelernt haben, wie man ein Handy an- und ausschaltet, wie man unsere Nummern im Telefonbuch speichert, diese anruft oder unseren Anruf entgegennimmt und wie man eine SMS schreibt oder empfängt,k hören wir sie noch mehr als vorher. (155-156)

So lautet das Fazit Pauers:

Unser Angstmacher Nummer vier ist der begründetste, der logischste, der berechtigste, den wir mit uns herumtragen. … Es geht um unsere Angst, so richtig erwachsen zu werden. … Wir müssten uns dann klarmachen, dass die vergehende Zeit deshalb nicht nur uns erwachsen, sondern auch unsere Eltern älter werden lässt. Und dass das bedeutet, dass sie irgendwann einfach nicht mehr da, dass sie weg sein werden. Und dass unsere Flatrate auf Liebe, Freundschaft und Sicherheit in Wirklichkeit gar keine ist. Sondern, dass auch sie endlich ist. So wie wir. Und wie unsere Eltern. (171)

Aus: Nina Pauer. Wir haben keine Angst. Gruppentherapie einer Generation. Fischer: Frankfurt 2011.

Junge Männer: Eine Diagnose

Was für eine treffende Diagnose: Nina Pauer über junge Männer.

Heute tragen die jungen Männer Bärte und spielen Gitarre. Sie sind lieb, melancholisch und sehr mit sich selbst beschäftigt. Für die Frauen wird das zum Problem. … Verkopft, gehemmt, unsicher, nervös und ängstlich ist er, melancholisch und ratlos. Er hat seine Rolle verloren. … Schuld an seiner jungmännlichen Identitätskrise ist, wie immer, die Gesellschaft. Sie war es schließlich, die verlangte, dass sich der Mann (natürlich der junge) verstärkt neue Attribute zulegen sollte. Einfühlsam, reflektiert, rücksichtsvoll und bedacht, gerne auch einmal: schwach sollte er sein.

Evangelikale und die Bibelfrage: Dogmatische Enge und demokratische Weite

Thomas Schirrmacher zum Bibelverständnis der Evangelikalen:

Die Evangelikalen sind durch zwei Paare entgegengesetzter Pole gekennzeichnet und man wird ihnen nicht gerecht, wenn man jeweils nur einen der Pole sieht.

Einerseits ist das die von den Evangelischen ererbte Zentralität der Heiligen Schrift. Andererseits ist es der aus Luthers Frage ‚Wie bekomme ich einen gnädigen Gott‘ hervorgegangene Heilsindividualismus. Es geht darum, dass jeder Mensch seine persönliche Beziehung zu Gott hat und daraus ergibt sich als Korrektur zur Zentralität der Schrift die Berechtigung, ja Verpflichtung jedes Christen, die Heilige Schrift selbst zu studieren und auszulegen, womit er mit jedem noch so gebildeten evangelikalen Theologen, auch seinem Pastor, gleichauf steht. So vereint die evangelikale Welt die dogmatische Enge dank der Bibelfrage mit einer enormen demokratischen Weite, weil jeder theologisch mitreden darf.

Die zweite Spannung ist die zwischen Mission und Religionsfreiheit. Aus der enormen Betonung der persönlichen Beziehung zu Jesus entstand sowohl die starke Betonung der „Zeugnispflicht“ als auch die starke Betonung der Religionsfreiheit. Das Konzept der Freiwilligkeit prägte nicht nur die Freikirchen, sondern auch den innerkirchlichen Pietismus, für den Glaube nicht nur etwas Äußerliches, Ererbtes sein dürfte, sondern etwas persönlich Erfahrenes. Dazu aber kann man niemand zwingen, ja Zwang macht die Möglichkeit zunichte, eine wirklich eigenständige, persönliche Umkehr zu Gott zu vollziehen. Also lieber eine kleinere Kirchen mit überzeugten Mitgliedern, also eine große mit vielen Mitgliedern, die nur dank gesellschaftlichem, familiärem oder sonstigen Druck dazugehören.

Der Bruch im seelsorgerlichen Gespräch

Das Seelsorgegespräch verläuft sozusagen auf zwei Ebenen. Sein Stoff entstammt der allgemeinen menschlichen Lebenslage, und das Gespräch nimmt ihn auf, wie eben im Gespräch ein Tatbestand, ein Problem, ein Anliegen aufgenommen und mit Hilfe der sich uns darbietenden Gesichtspunkte psychologischer und allgemein weltanschaulicher Art bearbeitet wird. Aber dann geschieht es, dass im Verlauf des Gespräches selber diese zunächst sich darbietenden Gesichtspunkte in bestimmter Weise überboten werden durch die übergreifende Betrachtung aller Dinge, wie sie vom Worte Gottes her in Kraft tritt. Der Gegenstand, der zur Betrachtung steht, wird also im seelsorgerlichen Gespräch von seiner ihm eigenen Ebene weggenommen und hinübergerückt in das Licht des Wortes Gottes. Darum ist das seelsorgerliche Gespräch gekennzeichnet durch eine seinen ganzen Verlauf bestimmende Bewegung des Zugreifens und Wegnehmens, des Erfassens und Aufgreifens und Bearbeitens menschlicher Tatbestände unter ein völlig neues, alles Menschliche überbietendes Urteil … Das ganze Gespräch ist von Anfang an darauf gerichtet, dass es zu diesem Übergang komme.

Eduard Thurneysen, Seelsorge im Vollzug, zitiert in: Klaus Winkler. Seelsorge. De Gruyter: Berlin / New York 2000. S. 34-35.

Ich habe es satt, dem Kind hinter her zu rennen – du auch?

Von einer weisen Person aus meinem Freundeskreis habe ich eine Lektion gelernt, die mir als schnell denkender, langsam handelnder Person eine wertvolle Hilfe in der täglichen Kommunikation mit meinen fünf Söhnen ist:

Die Ausgangslage: Ich fordere einen meiner Jungs auf, etwas zu tun – sich die Zähne zu putzen, die Geschirrspülmaschine einzuräumen, die Turntasche beim Nachhausekommen an ihren Platz zu stellen, die Legosteine vor dem Abendessen aufzuräumen etc. Mein Sohnemann stellt sich mit einem „Nein“ in den Weg.

Analyse meiner Reaktion: Ich beginne mich zu wiederholen, das heisst ich erteile die Anweisung in den folgenden Minuten ein weiteres Dutzend Mal. Dadurch sorge ich aktiv dafür, dass meine Worte an Gewicht verlieren. Meine Appelle reichen darum nicht aus. Ich gehe dem Kind nach, setze die Lautstärke herauf. Das heisst, ich beginne mit viel Energie auf mein Kind einzuwirken. So lange das Kind klein ist, gelingt es mir mit diesem erhöhtem Energieaufwand, der Situation „Herr“ zu werden. Es entwickelt sich jedoch eine Gewohnheit daraus. Das Kind wird stärker und hält dieser (übermässigen) Einwirkung je länger je mehr entgegen. Es trainiert sein „Nein“, es läuft schneller davon, es versteckt sich besser, es findet passendere Ausreden. Und schlimmstenfalls wendet es eines Tages Gewalt gegen mich an.

Eine Alternative: Ich erteile mündlich und ruhig eine Anweisung. Das Kind antwortet mit „Nein“ und/oder läuft davon. Anstatt dem Kind nachzuspringen, meine Anweisung zu wiederholen, ärgerlich zu werden – gehe ich auch davon. Ich wende mich meiner nächsten Aufgabe zu. Wenn das Kind das nächste Mal zu mir kommt und etwas von mir möchte, erinnere ich kurz (und ruhig) an meine Anweisung. (Das ist für mich eine besondere Herausforderung: Mein Kopf ist oft so voller Gedanken, dass ich meine Anweisung nach zwei, drei Minuten wieder vergessen habe.) Ich mache keinerlei Zugeständnisse, bevor das Kind den Auftrag ausgeführt hat.

Eine mögliche Veränderung: Ich renne nicht mehr hinter dem Kind her; ich spiele meine eigenen Worte nicht dauernd herunter; das Kind kommt zu mir; es gewöhnt sich daran Aufträge auszuführen. Es wird in der Selbstverantwortung gelassen und nicht mit vielen Worten „gegängelt“. Und ich spare wertvolle Ressourcen für wichtige Momente, anstatt sie in einem dauernden Kleinkrieg laufend zu verpuffen.

Neugierig geworden? Dann ahme dies nach. Und bevor ich es vergesse: Ich bin kein Fan von Arbeit nur auf der Verhaltensebene. Ich analysiere in günstigen Momenten wichtige Vorkommnisse mit meinem Kind, indem ich ihm Warum-Fragen stelle. (Das habe ich übrigens von meinen Söhnen neu gelernt.) Das setzt allerdings voraus, dass ich mir die gleichen Fragen zuerst selber gestellt habe.