Zitat der Woche: Wenn das Alter über vergangene Genüsse der Jugend klagt

Der aufmerksame Leser mag gemerkt haben, dass ich mich 2024 erneut Klassikern zugewandt habe, aktuell “Walk with the Classics”: Beim Gehen höre ich mir Texte an, darunter Platons Hauptwerk “Der Staat”.

Aus Platons “Der Staat” (Buch 1,3), Kephalos mit Sokrates:

… da jammern nun die meisten von uns, wenn wir beisammen sind, indem sie nach den in der Jugend genossenen Vergnügungen ein Verlangen haben und sich an dieselben zurückerinnern, sowohl betreffs des Liebesgenusses und der Trinkgelage und Schmausereien, als auch betreffs irgend anderer Dinge, welche an Derartiges sich knüpfen, und sie fühlen sich gedrückt, als wären sie irgend großer Dinge beraubt, und als wäre es wohl damals ein gutes Leben gewesen, jetzt aber nicht einmal mehr ein Leben; Einige aber beklagen auch die Beschimpfungen des Greisenalters von Seite ihrer Angehörigen, und singen darauf hin stets das Lied über das Greisenalter, an wie vielen Uebeln es für sie Schuld sei. 

Auch diese Thematik kommt mir bekannt vor (I,4):

Ich glaube, o Kephalos, daß die Meisten, wann du solches sagst, es nicht willig von dir annehmen, sondern der Ansicht sind, daß wohl du das Greisenalter leicht ertragest, nicht wegen deines Charakters, sondern weil du großes Vermögen besitzest, denn von den Reichen sagt man, daß sie gar viele Beschwichtigungsmittel haben. … Was ich selbst erworben habe, sagte er, frägst du, o Sokrates? So ziemlich in der Mitte stehe ich bezüglich der Geldgeschäfte zwischen meinem Großvater und meinem Vater; mein Großvater nemlich, welcher ebenso hieß wie ich, hat ungefähr das gleiche Vermögen, welches ich jetzt besitze, überkommen, es aber dann vielmal so groß gemacht, als es war; hingegen Lysanias mein Vater machte es noch kleiner als das jetzige ist; ich aber bin es zufrieden, wenn ich es diesen da nicht kleiner hinterlasse, sondern um irgend ein Weniges größer, als ich es überkommen.