Vortrag: Predigt – zu Gottes Ehre und zur Gesundheit der Gemeinde

Mein Freund Jochen Klautke hielt seine Antrittsvorlesung über das Predigtverständnis Heinrich Bullingers (1504-1575).

Er erwähnt im ersten Teil fünf Aspekte seiner Bedeutung:

1. Er stand mit seinem ausgleichenden Wesen mit unterschiedlichen Strömungen der Reformation in Kontakt.

2. Er stand mit tausenden von Briefen mit anderen Pfarrern, Fürsten und Würdenträgern ebenso wie mit Lehrern und Menschen aus dem Volk in Kontakt.

3. Er diente über 44 Jahre an einem Wirkungsort und sah sich stets in erster Linie als Hirte in Zürich.

4. Er erreichte mit seinen Schriften, insbesondere den Dekaden, eine vielfache Auflage wie andere Reformatoren und weite Verbreitung.

5. In all seinen mündlichen und schriftlichen Bemühungen zielte er stets auf das Leben der Menschen.

Er fasst die Kennzeichen einer Predigt nach Bullinger in drei Aspekten zusammen (Min 25-35):

  • Sie wird von Gottes Dienern gehalten.
  • Sie ist Wort Gottes.
  • Sie verfolgt Gottes Ziel.

Bullinger wandte sich zudem gegen die Überbetonung des inneren Wortes (Täufer) und gegen die Überbetonung des Predigtamtes (Katholische Kirche; Min 28-31).

Für die Wirkung auf die Zuhörer nennt Bullinger als wichtig (Min 38ff): a) Redekunst, b) Übung, c) breites Wissen, d) Anwendung.

Gleichzeitig wendet er sich gegen a) Angeber, b) Meisterrhetoriker, c) Bibelzitierer, d) Philosophen.

In der Anwendung für das 21. Jahrhundert wendet sich Klautke gegen das Argument, dass die Predigt sich in Zeiten der Reels und von TikTok abgeschafft habe:

Dass die Predigt zentraler Weg Gottes ist, um seine Gemeinde zu bauen, steht heute immer wieder in der Kritik. In Zeiten von kurzen tiktok-Videos und Reels ist eine biblische Predigt der kulturelle Gegenentwurf schlechthin. Die Predigt ist nämlich viel zu wenig visuell, viel zu lang und sie ist viel zu komplex. Sie erklärt nämlich ein oft nicht einfach zu verstehendes Buch. So sagen manche, dass aufgrund der heutigen Bildkultur verbunden mit der kurzen Aufnahmespanne das Ende der Predigt eingeläutet worden sein. In früheren Zeiten wären die Leute einfach gewöhnt gewesen zuzuhören (…) Allerdings: Zu Zeiten Bullingers gab es natürlich noch keine Videos, aber es gab sehr wohl Bilder. Bevor die Reformation kam, wurden die Menschen hauptsächlich durch Bilder geprägt. Die Kirchen waren voll davon. Die meisten Menschen konnten nicht lesen; deswegen wurden ihnen die rudimentären biblischen Wahrheiten, die sie kannten, durch Bilder vermittelt. Dann kam die Reformation. Sie schaffte die Bilder ab. Bibeln wurden in die Landessprache übersetzt; Schulen wurden gegründet, damit die Menschen sie auch lesen können. Predigten wurden ins Zentrum der Gottesdienste gestellt.