{Lektüre} Über die Verbindung von Glaube und Arbeit

Evan H. Runner hat in einem Satz beschrieben, wie ich meine Arbeit und meine Forschung mit meinem Glauben im Einklang sehe:

We can quite naturally and happily go from Scripture to our field of research and back again, glorying in our God and Father, Who is above all and blessed forever. (in: The Relation of the Bible to Learning, S. 35)

(…) the matter of supreme importance is whether the man who in his personal faith is Christian has learned through and in that faith to see problems of his field of study in the revealing light of the Word of God. (ebd. S. 40)

Andernfalls eine nicht der Glaube,

… but rather the work in which we are engaged as scholars. Then we shall, each for each, be busied with whatever light our fields are pleased to surrender to us. (ebd. S. 41)

{Aus der Blogsphäre} Menschenwürde, Religionsfreiheit und ziviler Ungehorsam

Vor knapp zwei Jahren habe ich Ausschnitte aus der Manhattan Declaration angeführt. 125 orthodoxe, katholische und evangelikale Leiter hatten sie unterzeichnet. Das Institut für Ethik & Werte hat eine autorisierte deutsche Übersetzung erstellt. Ihre Aktualität ist ungebrochen.

Die ganze Bandbreite der christlichen Ethik, einschließlich des besonderen Anliegens der Armen und Bedürftigen, beansprucht zwar unsere Aufmerksamkeit, doch bereiten uns in unserem Land heute folgende Themen besondere Sorge: die Existenz des werdenden Lebens, der Behinderten und älterer Menschen wird bedroht; es besteht Gefahr, dass die Ehe, bereits durch Freizügigkeit, Untreue und Scheidung gebeutelt, im Sinne von neumodischen Ideologien neu definiert wird; Religion- und Gewissensfreiheit werden gefährdet durch diejenige, die Gläubige zu Kompromissen gegen ihre tiefsten Überzeugungen zwingen möchten.

Mit dieser Erklärung bekräftigen wir:

1. Geschaffen im Ebenbild Gottes sind alle Menschen gleich und besitzen eine wesensmäßige Würde und ein angeborenes Recht auf Leben;

2. Die Ehe als verbindlicher Zusammenschluss von Mann und Frau ist eine Schöpfungsordnung Gottes und wurde in der Geschichte von Gläubigen wie Nichtgläubigen als die fundamentalste gesellschaftliche Einrichtung verstanden;

3. Die Religionsfreiheit ist im Wesen Gottes, im Vorbild Christi sowie in der wesensmäßigen Freiheit und Würde der Menschen, die in Gottes Ebenbild geschaffen worden sind, begründet.

Durch eine neue US-Gesetzgebung sind sowohl Würde der Ungeborenen wie auch die Religionsfreiheit in Gefahr. Einzelne christliche Leiter wie Chuck Colson oder Rick Warren haben bereits die Option zivilen Ungehorsams angesprochen. Ich frage mich, wie viel wir Christen in der Schweiz stillschweigend in Kauf nehmen. Ich befürchte, dass wir uns bereits in Gedanken und Tat weitgehend an den öffentlichen Konsens angepasst haben.

Zur Thematik siehe auch „Westminster 2010 Erklärung des christlichen Gewissens“

{Aus der Blogsphäre} Die Intoleranz der Toleranz

In diesem kurzen Video erklärt D. A. Carson den Unterschied zwischen modernistischem und postmodernem Toleranzverständnis.

Andy Naselli hat auf die Neuauflage seines Buches “The Intolerance of Tolerance” (Grand Rapids: Eerdmans 2012) hingewiesen. Ich habe es auf meine Leseliste genommen. Ein Denkanstoss war schon das Überblicken der Struktur des letzten Kapitels:

  1. Expose the New Tolerance’s Moral and Epistemological Bankruptcy
  2. Preserve a Place for Truth
  3. Expose the New Tolerance’s Condescending Arrogance
  4. Insist That the New Tolerance Is Not “Progress”
  5. Distinguish between Empirical Diversity and the Inherent Goodness of All Diversity
  6. Challenge Secularism’s Ostensible Neutrality and Superiority
  7. Practice and Encourage Civility
  8. Evangelize
  9. Be Prepared to Suffer
  10. Delight in and Trust God

 Ein ausgezeichneter Aufsatz zum Thema ist auch Dick Keyes. Pluralismus, Relativismus und Toleranz.

{Lektüre} Erkenntnis und Gehorsam gehören zusammen

In Scripture knowledge is very closely linked with righteousness and holiness (cf. Eph 4,24; Col 3,10). These ‘go together’ (1Cor 8,1-3; 1 John 4,7f). Knowledge of God, in the fullest sense, is inevitably an obedient knowledge.

  1. Knowledge of God produces obedience (John 17:26; 2 Peter 1:3, 5; 2,18-20). God’s friends necessarily seek to obey Him (John 14:15, 21; etc.). (…)
  2. Obedience to God leads to knowledge (John 7:17; Eph. 3:17-19; 2 Tim 2:25f.; 1 John 3:16; cf. Ps. 111:10; Prov. 1:7; 15:33; Isa 33:6).
  3. Obedience is knowledge, and knowledge is obedience. Very often in Scripture, obedience and knowledge  are used as near synonyms, either by being set in apposition to one another (e. g., Hos. 6:6) …
  4. Thus obedience is the criterion of knowledge. To determine if someone knows God, we do not merely give him a written exam; we examine his life. (…)
  5. Therefore it is clear that knowledge itself must be sought in an obedient way.

John Frame. The Doctrine of the Knowledge of God. P & R: Philipsburg 1987. (42-44)

{Aus der Blogsphäre} Wie brauchte Paulus im Neuen Testament das Wort “Gesetz”?

Der Gebrauch des Wortes “Gesetz” und “Werke des Gesetzes” von Paulus muss genau untersucht werden. Nur zu schnell entsteht sonst ein (falsches) Verständnis von Gesetzlichkeit. Douglas J. Moo, renommierter Neutestamentler, hat 1983 eine gründliche Arbeit geschrieben. Justin Taylor hat auf den Aufsatz hingewiesen, der online abrufbar ist (für eine Übersicht siehe Seite 4 im Aufsatz; man beachte auch die Referenzstellen in den Fussnoten).

Zudem:

Momente im roten und im grünen Bereich: Serie Woche 7

Rot

  • Ich sitze im Bus und höre das Gespräch zwischen zwei jungen Erwachsenen mit (das Wort „Teenager“ widerstrebt mir; es ist eine Schöpfung der westlichen Welt und bezeichnet die Zeit des Lebens, in der die Kraft eines Erwachsenen mit einer geringen Verantwortung verknüpft ist; in der Regel leisten die Eltern „Vorschuss“). Stolz erzählt die junge Frau, dass der Grossvater ihre Zigaretten bezahle.
  • Es ist Zeit für den Nachwuchs ins Bett zu gehen. Sie toben herum, und ich zweifle daran, sie innert nützlicher Frist in die „Ruhezone“ zu bringen. (Es gibt Abende, da sind sie so kribblig, zum Beispiel vor dem Schneefall.) Plötzlich ist es ruhig: Mein Ältester hat ein Buch in die Hand genommen und liest den Jüngeren vor. Ich schliesse die Türe leise und lasse sie gewähren.
  • Ich frage meine Söhne jeden Tag nach Erlebtem, aber auch nach ihrer Bewertung des Erlebten. Ab und zu bemerke ich, dass ihre Bewertung total von jener meiner Frau abweicht: Das Eigenbild ist eklatant positiver. Manchmal schweige ich und merke mir die Informationen für eine spätere Gelegenheit zur Aussprache, andere Male gibt es eine verbale Korrektur. Das erfordert einiges Fingerspitzengefühl, über das ich nicht immer verfüge.
  • Kinder können (manchmal) unermüdlich sein neue Dinge auszuprobieren. Meine Frau ertappt mich dabei, wie ich meinen Zweiten anfahre und dabei einfach die Annahme treffe: „Das kannst du noch nicht.“ Ich habe es aus blosser Ungeduld gesagt. Ich setze mich hin, entschuldige mich und beobachte ihn dabei, wie er es versucht.

Grün

  • Ich spreche meinen knapp Einjährigen an und möchte seine Aufmerksamkeit. Ich sehe, wie es in seinem Kopf rotiert. Er überlegt sich kurz, ob er den Blickkontakt zu mir aufnehmen will. Doch dann sieht er ein anderes Ziel und steuert es an. Oder: Er blickt bewusst an mir vorbei, um mir anzudeuten: Jetzt nicht.
  • Meine Frau erzählt meinem Ältesten von einer Ungerechtigkeit, die mir widerfahren ist. Er steht entrüstet auf und möchte bei der betreffenden Person vorbeigehen, um die Sache zu regeln.
  • Einfacher geht es nicht: Bilder knipsen, dann ausdrucken. Wir machen es uns nicht ganz so einfach. Wir gehen im Fotogeschäft vorbei und wählen uns die Bilder sorgfältig aus. Freudig ziehen wir mit einem Beiglein heimwärts.
  • Nach einem halben Jahr wöchentlichem Gang in die Bibliothek (ich lese durchschnittlich vier Bücher vor; das ergibt bei Annahme von 20 Besuchen die stattliche Zahl von 80 Büchern) kennen meine Jüngeren viele Bücher schon. Was gibt es Schöneres, als ein Buch hervorzunehmen und nochmals vorzulesen?

{Diskutiert} Wenn die Spiel-Räume für Kinder verschwinden

Es gibt Diskussionen, die mich ins Nachdenken bringen. Ein Lehrer erzählte vom Skilager. „Vor einigen Jahren gingen wir an jedem Abschlussabend schlitteln. Das nächste Jahr wurde als erste Vorsichtsmassnahme telefoniert, wenn der letzte Schlittler unten war. Ein Jahr später kam ein Mitarbeiter vom Pistendienst mit. Das Jahr darauf wurde das Schlitteln am letzten Abend ganz eingestellt. Das Risiko erschien uns zu hoch.“ Die Liste könnte fortgeführt werden: Auf unserem Kinderwagen ist ein hölzerner Hochsitz montiert. Dies würden die Hersteller gemäss Auskunft eines Fachgeschäfts nicht mehr anbieten. In unserer Umgebung wurden alle Spielplätze von Experten begutachtet und mit einer Gefahrennummer versehen. Die Rutschbahn vor unserem Haus wurde zersägt und entsorgt, die Wippe ebenfalls. Ein Gesprächspartner meinte: „Das ist unsere intolerante Gesellschaft.“ Ich vermute, dass er damit zum Ausdruck bringen wollte, dass Spiel-Räume zum Experimentieren zurückgehen. Alle eventuellen Gefahrenherde werden eliminiert. Mein Erklärungsansatz verläuft etwas anders: Das (zu) optimistische Bild des Kindes (und des Menschen allgemein) führt dazu, dass Fehlverhalten und der daraus entstehende Schaden nicht dem Verursacher, sondern je länger je mehr der weiteren „Umgebung“ angelastet werden. Der Fehler wird längst nicht mehr der Sündhaftigkeit des Kindes (und der Schuld der Eltern) zugerechnet, sondern den Profis für Kinderbetreuung, also Herstellern oder eben – Lehrern. Und noch einen zweiten Trend stelle ich fest: Je mehr die natürlichen Spiel-Räume für Kinder zurückgehen, die ihnen die Möglichkeit geben, ihre körperlichen Grenzen zu erkunden, desto stärker steigt der Online-Konsum an. Wir befinden uns definitiv in einer Phase der Virtualisierung. Die Folgen bleiben manifest: Veränderte Gehirnstrukturen, Übergewicht und Arthrose bei Kindern – und vor allem Kommunikations- und Beziehungsstörungen.

{Aus der Blogsphäre} Francis Schaeffers 100. Geburtstag

Ich habe schon länger nichts mehr von ihm zitiert oder über ihn geschrieben. Er hat meine geistliche Entwicklung nachhaltig geprägt. In Europa ist er (leider) unter Evangelikalen kaum mehr bekannt. In den USA wird er immer wieder wegen seiner Generalisierungen der Theologie- und Philosophiegeschichte an den Pranger gestellt. Wer ihn jedoch als den liest und stehen lässt, der er war – ein Evangelist der Intellektuellen mit prophetischer Stimme für seine eigene und nächste Generationen, wird für heute und morgen profitieren.

Trevin Wax hat einige Posts zu seinem 100. Geburtstag zusammen getragen.

{Biblischer Input} Das siebte Gebot: Ich habe doch niemanden getötet!

„Ich habe noch niemanden getötet.“ Damit könnten wir für uns das siebte Gebot abhaken und zur Tagesordnung übergehen. Jesus korrigiert im Neuen Testament die zu seiner Zeit gebräuchliche Auslegung des siebten Gebots:

Ihr habt gehört, dass zu den Alten gesagt ist (2.Mose 20,13; 21,12): »Du sollst nicht töten«; wer aber tötet, der soll des Gerichts schuldig sein. Ich aber sage euch: Wer mit seinem Bruder zürnt, der ist des Gerichts schuldig; wer aber zu seinem Bruder sagt: Du Nichtsnutz!, der ist des Hohen Rats schuldig; wer aber sagt: Du Narr!, der ist des höllischen Feuers schuldig. (Matthäus 5,21+22)

Es gibt eine Linie, die in Gedanken beginnt (seinem Bruder zürnen), sich in Worten fortsetzt (du Nichtsnutz) und in der Tat ihre Vollendung findet (töten). Jesus stellt dieser „Kette“ eine andere gegenüber – die der Versöhnung:

Darum: wenn du deine Gabe auf dem Altar opferst und dort kommt dir in den Sinn, dass dein Bruder etwas gegen dich hat, so lass dort vor dem Altar deine Gabe und geh zuerst hin und versöhne dich mit deinem Bruder, und dann komm und opfere deine Gabe. Vertrage dich mit deinem Gegner sogleich, solange du noch mit ihm auf dem Weg bist, damit dich der Gegner nicht dem Richter überantworte und der Richter dem Gerichtsdiener und du ins Gefängnis geworfen werdest. Wahrlich, ich sage dir: Du wirst nicht von dort herauskommen, bis du auch den letzten Pfennig bezahlt hast. (Matthäus 5,23-26)

{Lektüre} Fakten und ihre Interpretation sind untrennbar

All facts have been interpreted by God, and since all things are what they are by virtue of God’s eternal plan, we must say that the interpretation of the facts precedes the facts‘ (Cornelius van Til). The idea of ‘brute fact’ is an invention intended to furnish us with a criterion of truth other than God’s revelation. … A fact devoid of any normative interpretation would be a fact without meaning, without characteristics – in short a nothing. … We can have no knowledge of facts devoid of human interpretation, for knowing itself is interpretation. (71)

In actual life we only encounter the world through the mediation of our interpretations, and so the world we live in is to some extent of our own making. … What prevents us from constructing an absolutely crazy world? Only our faith. Only our faith assures us that there is a ‘real world’ that exists apart from our interpretation. Only God’s revelation provides us with a sure knowledge of that world and so serves to check our fantasies. Non-Christians, then, have no safeguards against such craziness, except for their tendency to live parasitically off Christian capital. (100)

John Frame. The Doctrine of the Knowledge of God. P & R: Philipsburg 1987.

Siehe auch