Medien: Beginnende Dekonstruktion der Digitalisierungs-Mythen

Zu früh, zu viel, zu unkontrolliert: Kinder können scrollen, bevor sie ganze Sätze reden, sitzen in der Schule am Tablet und surfen in der Pubertät unkontrolliert im Netz. Jetzt treten die ersten Länder auf die Bremse. Wie viel Computer verträgt die Kindheit?

Das ist eine wegweisende Frage für die Bildung der nächsten Generationen, gestellt von der NZZ am Sonntag vom 4.2.24. Einige Ausschnitte aus dem Artikel mit eigenen Untertiteln:

Bring your own device-Prinzip an Schulen: Die meisten Mittelschüler sind verpflichtet, eigene Geräte anzuschaffen und in den Unterricht mitzubringen. Im Grundsatz hinterfragen das nur wenige. Zu offensichtlich scheint, dass man die Jugendlichen fit machen möchte für die digitale Arbeitswelt. Doch ebenso klar ist: Die Geräte bergen grosses Potenzial für Ablenkung.

Lernkiller Ablenkung: «Ablenkung war schon immer ein grosses Thema an den Schulen, aber mit den Geräten entsteht ein enormer Sog», sagt André Dinter. Er ist der Gründer der Fachgruppe und Chemielehrer. Auf den Laptops seiner Schüler kommen während des Unterrichts ungefiltert E-Mails und Whatsapp-Nachrichten rein. Ein Schüler habe Dinter kürzlich gesagt: «Wenn der Unterricht grad nicht super spannend ist, switche ich zu einem Spiel.»

Unverminderte Digital-Fantasien: Wie damit umgehen? Ein Verbot oder Abbau von digitalen Geräten ist für Chemielehrer Dinter keine Lösung. «Die Digitalisierung des Unterrichts bringt grosse Chancen für neue interaktive Formen des Lernens.» Dafür müsse sich der Unterricht aber verändern. «Im klassischen Frontalunterricht, bei dem der Lehrer an der Wandtafel steht, ist es für Schüler einfach, sich hinter dem Laptop zu verschanzen.»

Viel Bildschirmzeit für Bildungsferne: Während die Politik noch mit der Regulierung ringt, werden immer mehr gut gebildete Eltern selbst aktiv. Im Silicon Valley schicken vermögende Familien ihre Kinder heute lieber in altmodisch anmutende Kindergärten mit Holzbauklötzen statt Bildschirmen.

Vom Trend zum Anti-Trend: Die Bedeutung des Handy als Statussymbol hat sich ins Gegenteil verkehrt: Ging es früher darum, wer das neuste Gerät hat, geht es heute darum, wer darauf verzichten kann.

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