Mütter können nicht alles haben

Ein Essay einer amerikanischen Mutter und Spitzenbeamtin erntet viel Beachtung (die Zitate stammen aus der BaZ).

Seit Erscheinen des Artikels vor gut einer Woche gibt es kaum eine amerikanische Postille, die nicht auf das Essay reagiert hat und es entweder gnadenlos zerfetzt oder geistreich kommentiert. Mehr als eine Million Mal wurde der Artikel online gelesen und mehr als 170’000-mal auf Facebook empfohlen. Die Debatte wurde in etlichen Blogs aufgenommen und hat auf Twitter zu einer lebhaften Debatte geführt.

Ja, offenbar ist was dran an der Thematik.

Anne-Marie Slaughter kommt zum Schluss, dass sich nicht die Frauen, sondern die Haltung ändern müsse. «Die Gesellschaft muss sich ändern. Die Entscheidung, die Familie vor den Beruf zu stellen, muss genauso wertgeschätzt und akzeptiert werden, wie die umgekehrte Entscheidung.»

Danke, AW.

160 Ökonomen protestieren gegen Sozialisierung der Schulden

Hier der Wortlaut des Protestschreibens, das in der FAZ erschien (Hervorhebungen von mir):

Liebe Mitbürger,

die Entscheidungen, zu denen sich die Kanzlerin auf dem Gipfeltreffen der EU-Länder gezwungen sah, waren falsch. Wir, Wirtschaftswissenschaftlerinnen und Wirtschaftswissenschaftler der deutschsprachigen Länder, sehen den Schritt in die Bankenunion, die eine kollektive Haftung für die Schulden der Banken des Eurosystems bedeutet, mit großer Sorge. Die Bankschulden sind fast dreimal so groß wie die Staatsschulden und liegen in den fünf Krisenländern im Bereich von mehreren Billionen Euro. Die Steuerzahler, Rentner und Sparer der bislang noch soliden Länder Europas dürfen für die Absicherung dieser Schulden nicht in Haftung genommen weden, zumal riesige Verluste aus der Finanzierung der inflationären Wirtschaftsblasen der südlichen Länder absehbar sind. Banken müssen scheitern dürfen. Wenn die Schuldner nicht zurückzahlen können, gibt es nur eine Gruppe, die die Lasten tragen sollte und auch kann: die Gläubiger selber, denn sie sind das Investitionsrisiko bewusst eingegangen und nur sie verfügen über das notwendige Vermögen.

Die Politiker mögen hoffen, die Haftungssummen begrenzen und den Missbrauch durch eine gemeinsame Bankenaufsicht verhindern zu können. Das wird ihnen aber kaum gelingen, solange die Schuldnerländer über die strukturelle Mehrheit im Euroraum verfügen. Wenn die soliden Länder der Vergemeinschaftung der Haftung für die Bankschulden grundsätzlich zustimmen, werden sie immer wieder Pressionen ausgesetzt sein, die Haftungssummen zu vergrößern oder die Voraussetzungen für den Haftungsfall aufzuweichen. Streit und Zwietracht mit den Nachbarn sind vorprogrammiert. Weder der Euro noch der europäische Gedanke als solcher werden durch die Erweiterung der Haftung auf die Banken gerettet; geholfen wird statt dessen der Wall Street, der City of London – auch einigen Investoren in Deutschland – und einer Reihe maroder in- und ausländischer Banken, die nun weiter zu Lasten der Bürger anderer Länder, die mit all dem wenig zu tun haben, ihre Geschäfte betreiben dürfen.
Die Sozialisierung der Schulden löst nicht dauerhaft die aktuellen Probleme; sie führt dazu, dass unter dem Deckmantel der Solidarität einzelne Gläubigergruppen bezuschußt und volkswirtschaftlich zentrale Investitonsentscheidungen verzerrt werden.

Danke, RN.

Unser Lebensstil: Die Qual der Wahl

David F. Wells analysiert hier die Voraussetzung für Jüngerschaft in der postmodernen Welt. Wir wählen unseren Lebensstil, indem wir Güter und Erfahrungen kaufen.

Today, we choose our lifestyle. It is about people projecting and “displaying their individuality and sense of style,” Mike Featherstone writes, “in the particularity of the assemblage of goods, clothes, practices, experiences, appearance and bodily dispositions” and thereby saying who they are or want to be.

“This explains,” Anthony Giddens writes, “why therapy and counseling of all kinds have become so popular in Western countries.”

Consumption is not only about our material needs but also about self-understanding and self-projection.

Der evangelikale Anti-Intellektualismus (3): Langzeitschäden

Guinness ortet acht Einfluss-Quellen, der – neben vielen begrüssenswerten Auswirkungen – dem Anti-Intellektualismus des (US-amerikanischen) Evangelikalismus Vorschub geleistet hat:

  1. Polarisierung: Falscher Gegensatz zwischen Kopf und Herz, also zwischen scharfem analytischem Denken und warmer Erfahrung. Lieber ein warmes Herz, dafür ein leeres Hirn.
  2. Pietismus: Konzentration auf das Innere, auf die private Errettung – mit der langfristigen Tendenz, sozial irrelevant zu sein und ein Dasein an der „Seitenlinie“ der Welt zu führen
  3. Primitivismus: Wiederherstellung der ursprünglichen Idee der „einfachen“ Ordnung der Schrift; damit einhergehend: Ungeduld mit der Komplexität der modernen Welt sowie Unverständnis für die lang andauernden Prozesse
  4. Populismus: Kommunikation auf Augenhöhe des „gemeinen Mannes“; da jeder sein eigener Interpret ist, wird Irrlehren Tür und Tor geöffnet.
  5. Pluralismus: Das Bewusstsein mit Unterschieden zu leben artete in einem Lebensstil aus, der keinen Anstoss erregen will – und damit seine eigenen Überzeugungen preisgibt. Die Betonung liegt sowieso auf Taten und Verhalten und nicht auf Worten und Glaube.
  6. Pragmatismus: Religiöse Überzeugungen haben nur bei unmittelbarer Auswirkung auf das Verhalten (Wahrheits-)Wert. Werke, Selbsthilfe, positives Denken – also der menschliche Wille – rücken in den Vordergrund.
  7. Philistinismus: Überlegenheitsdenken durch Spezial-Wissen in einem bestimmten (christlichen) Bereich
  8. Prämillenialismus: Die Überzeugung, dass das heutige Zeitalter in einer 1000-jährigen Herrschaft von Jesus auf dieser Erde mündet, bewirkte: Eine Rückzugsmentalität, die aber die Hintertür für neu einziehende Weltlichkeit weit offen liess.

Os Guinness. Fit Bodies, Fat Minds. Baker:Grand Rapids1994. (22-68)

Wahrheit zählt

Der kurze Vortrag von Os Guinness “Why Truth Matters” aus 2010 ermutigt in einem relativistischen Umfeld:

At first sight the biblical view of truth is obscene to modern minds. Its arrogant. Its exclusive, intolerant, divisive, judgmental and its reactionary. But on a deeper look the biblical view is profound, timely, and urgent for today. Even for those who reject it.

Der evangelikale Anti-Intellektualismus (2): Gott mit unserem Verstand LIEBEN

Loving God with our minds is not finally a question of orthodoxy, but of love. Offering up our minds to God in all our thinking is a port of our praise. (18)

Our passion is not for academic respectability, but for faithfulness to the commands of Jesus.
Our lament is not for the destruction of the elite culture of Western civilization but for the deficiencies in our everyday discipleship as Christians.
Our mission is not the recovery of some lost golden age of purportedly better Christian thinking but the renewal of a church today that has integrity, faithfulness, and effectiveness in its thinking. (19)

Os Guinness, Fit Bodies, Fat Minds, Baker: Grand Rapids 1994

Leben vor dem Einen Zuschauer

Dies ist eine zentrale Lektion für unser Leben: Dass es in erster Linie vor dem Einen Zuschauer stattfindet – und nicht auf der Bühne der Menschen.

Ein Leben, das so gelebt wird, dass man auf den entscheidenden Ruf Gottes hört, ist ein Leben, das man vor einem Zuschauer führt, der alle anderen übertrifft – der Eine Zuschauer.“ Paulus ermahnt die Sklaven, ihren Dienst nicht „vor Augen“ zu tun, „um Menschen zu gefallen“ (Eph 6,6). „Die grössten Taten geschehen vor dem Einen Zuschauer, und das ist genug.“ Dies steht im Gegensatz zu unserer Umgebung, die von aussen bestimmt ist. Unsere Zeitgenossen sind unsere Führer, nach denen unser Radar ständig ausgerichtet wird. „Wir sehen das an Teenagern, die auf ihre Altersgenossen hören, an Frauen, die auf die verführerischen Bilder der Weiblichkeit in Frauenmagazinen und Designermode achten, an Politikern, die Abstimmungen nachäffen und sich sklavisch an Forschungsergebnisse von Zielgruppen klammern, und an Pfarrern, die ängstlich den letzten Profilen von ‘Suchenden’ und ‘Generationen’ folgen.“

General Charles Gordon, ein christlicher Soldat aus dem 19. Jh., formuliert es so: „Je mehr man vom Lieben sieht … desto mehr spürt man die Notwendigkeit, sich nach dem Polarstern zu orientieren, damit man keinen Schiffbruch erleidet, d. h. mit einem Wort, sich auf Gott allein zu verlassen, und niemals auf die Gefälligkeiten oder das Lächeln der Menschen zu achten; wenn Er dich anlächelt, dann kann das Lächeln oder Stirnrunzeln von Menschen dir nicht mehr anhaben.“

Aus: Os Guinness. Von Gott berufen – aber zu was? Hänssler: Holzgerlingen 2000. (89-96)

Medienkonsum – was tun?

Manfred Spitzer schlägt folgende Überlegungen und Massnahmen vor:

  • An Kinder gerichtete Werbung durch den Staat verbieten
  • Eltern sollten sich im Klaren sein, dass Bildschirmmedien für Kinder im Vorschul- und Kindergartenalter sicher schädlich, für Grundschulkinder sehr wahrscheinlich und für Schüler wahrscheinlich schädlich sind.
  • Die Dosis macht aus dem potentiellen Heilmittel das Gift.
  • Es ist nicht egal, was man schaut.
  • Das Gesagte gilt sinngemäss für Computer- und Videospiele.
  • Wer Gewalt sät, wird Gewalt ernten.
  • Man kann Medieninhalte nicht allein dem Markt überlassen.
  • Bei Gewalt im Fernsehen geht es um handfeste finanzielle Interessen.
  • Es sterben Menschen durch die Folgeschäden des Fernsehens.
  • Man bedenke auch Einzelschicksale.
  • Jeder kann – wie beim Umweltschutz – vor der eigenen Haustür und in den eigenen vier Wänden etwas tun.
  • Appelle an die Medien zur Selbstkontrolle nützen nichts.
  • Den öffentlich-rechtlichen Medienanbietern genügend Mittel für bessere Programme zur Verfügung stellen
  • Wozu wir uns auch immer entschliessen, eines muss klar sein: Unsere Zukunft liegt in ökonomischer und sozialer Hinsicht in den Gehirnen der nächsten Generation.

Manfred Spitzer. Vorsicht Bildschirm! dtv: München 2011 (7. Auflage). (282-284)

Verschiedene Arten von Armut

  • Die unglücklichen Armen – Menschen, deren Armut auf tragische Umstände einer gefallenen Welt zurückzuführen ist
  • Die unterdrückten Armen – Armut ist auf Rücksichtslosigkeit anderer zurückzuführen
  • Die arbeitsscheuen Armen – ein Lieblingsthema in Salomos Sprüchen (Spr 13,14+18; 14,23; 19,15; 23,20f)
  • Armut bei den Angehörigen Bestrafter – Sünde kann Menschen, die im herkömmlichen Sinne keine Opfer sind, in Not bringen
  • Freiwillige Armut
  • Die „geistlich Armen“, die ein Bedürfnis nach Gnade und Barmherzigkeit empfinden

Donald A. Carson. Ach, Herr, wie lange noch? Gedanken über das Leiden und andere Nöte, esras.net: Niederbüren 2009. (57-64)

Schlüsselerlebnisse mit Kindern (17): Absichtlich verlangsamt

Mein Zweiter und mein Dritter wollen abends unbedingt eine Sequenz des neuen Films sehen. Blitzschnell sind sie im Pijama, haben das Zimmer aufgeräumt und den Küchenboden gewischt. Sie unterstützen sich gegenseitig bei den Arbeiten. Ich frage sie: „Wie ist das möglich? Ihr seid so schnell gewesen.“ Mein Zweiter, mit schelmischem Blick: „Wenn ich etwas will, gebe ich alles, was ich habe.“ – „Und wie ist es, wenn du nicht willst?“ – „Dann verlangsame ich. Ich mache Umwege. Alles dauert länger.“ (Oh, wie gut ich diese Masche kenne, sie scheint manchen Jungs wie eine zweite Haut zu sein.)