Classical Christian Education – ein Initiator im Interview

Doug Wilson ist Theologe, Pastor, Pädagoge und Autor zahlreicher Bücher. Er ist wesentlich mitverantwortlich für die Verbreitung der Christian Classical Education in den USA. In einem längeren Interview nimmt er Stellung zu verschiedenen Fragen an diese Art von Ausbildung. Ein Ausschnitt:

How well does a Classical Christian Education equip students to understand the role of science in society? How much does your classical curriculum emphasize mainstream science? Do you use standard physics, chemistry, and biology textbooks? What, in particular, do you do with Darwin and evolution? Is what’s known as “theistic evolution” an option within Classical Christian Education?

I think they are very well equipped to understand the role of science in our society, even though we don’t use the standard texts. The students who go to state universities are prepared for what they will get there. We are able to do this even though we think Darwin is a joke. Though we don’t believe it, we know what it is we don’t believe. A university professor from a nearby state university (he was a microbiologist) spoke at a New St. Andrews event, with virtually all our students in the room. He asked how many had read Darwin’s Origin, and virtually every hand in the room went up (it is part of our curriculum). He commented on how odd that was — he taught in the Temple of Darwin, where everyone believed it, but no one had read it.

The Case for Classical Christian Education ist das Buch, das er 12 Jahre nach seinem ersten Buch “Rediscovering the Lost Tools of Learning” geschrieben hat.

Hier geht es zu seinem Blog.

Nach der Auferstehung: Geld beruhigte die Gemüter und schuf neue Fakten

In diesem Punkt gebe ich dem Kommunikationsspezialisten Watzlawick (u. a. Autor von “Wie wirklich ist die Wirklichkeit?”) recht: Wir haben – als Sünder – die Tendenz uns die Wirklichkeit so zurecht zu legen, dass sie in unser Konzept passt. Ein eindrückliches Beispiel dafür ist die Auferstehung von Jesus. Die religiösen Autoritäten befürchteten, dass seine Anhänger den Körper aus der Grabhöhle stehlen würden und baten darum den Statthalter Pilatus, eine Wache vor das Grab zu stellen. Ein Engel rollte den grossen Stein vor dem Grab weg, die Soldaten fielen vor Schreck in Ohnmacht.

Und was taten die Schriftgelehrten und Pharisäer? So wenig sie die Zeichen des Messias (Totenauferweckung, Krankenheilung etc.) ernst genommen hatten, so wenig interessierte sie der neuerliche Vorfall. Geld beruhigte die Gemüter und schuf neue Fakten:

Während sie weggingen, da trafen einige von der Wache in der Stadt ein und berichteten den Hohen Priestern alles, was geschehen war. Und diese versammelten sich mit den Ältesten und fassten einen Beschluss: Sie gaben den Soldaten reichlich Geld und wiesen sie an, zu sagen, seine Jünger seien in der Nacht gekommen und hätten ihn gestohlen, während sie schliefen. Und wenn der Statthalter davon hört, so werden wir ihn beschwichtigen und dafür sorgen, dass ihr nichts zu befürchten habt. (Mt 28,11-14)

Die dunkle Seite der Kindheit

In einem längeren Artikel in der faz weist der Kinderarzt Rainer Böhm auf die aktuelle Forschungslage von U3-Krippenkindern hin (danke, Ron, für den Hinweis).

Am beunruhigendsten war indes der Befund, dass Krippenbetreuung sich unabhängig von sämtlichen anderen Messfaktoren negativ auf die sozioemotionale Kompetenz der Kinder auswirkt. Je mehr Zeit kumulativ Kinder in einer Einrichtung verbrahten, desto stärker zeigten sie später dissoziales Verhalten wie Streiten, Kämpfen, Sachbeschädigungen, Prahlen, Lügen, Schikanieren, Gemeinheiten oder häufiges Schreien.

Neuere Ergebnisse zeigen vor allem den starken Anstieg des Stresshormons Cortisol:

Entgegen dem normalen Verlauf an Tagen im Kreis der Familie – hoher Wert am Morgen und kontinuierlicher Abfall zum Abend hin – stieg die Ausschüttung des Stresshormons während der ganztägigen Betreuung  im Verlauf des Tages an – ein untrügliches Anzeichen einer erheblichen und chronischen Stressbelastung.

Hier kann der Artikel heruntergeladen werden.

Wenn Bekenntnis und Leben voneinander abweichen

Kevin DeYoung hat eine Blogserie zum Thema Homosexualität veröffentlicht. Sie betrifft eine aktuelle Debatte innerhalb der Reformed Church of America (RCA). Kevin scheut sich nicht davor, die Dinge beim Namen zu nennen – und dies mit der nötigen Sorgfalt.

Was er beobachtet, stimmt mit meiner Wahrnehmung der hiesigen Gemeinden überein:

We have a position that says one thing and a practice that allows for another.

Ethische Kompromisse haben sich langfristig nie segensreich ausgewirkt:

We can dare to say that this issue is truly a gospel issue. We can realize that the church’s mission is never strengthened and blessed by God through doctrinal and ethical compromise. We can turn away from the easy “let’s all get along” option. We can turn from the convenient approach that says, “As long as I can do my ministry, why should I bother with all this controversy.”  If we do something-be it church discipline or some kind of amicable separation-it will come with a cost. It will mean strained relationships. You will hear words like “witch hunt” and “homophobic.” People will think you are mean and narrow. People will not believe you if you say love gays and lesbians. They may consider you oppressive, repressive, and reactionary. But if the integrity of our denomination, the glory of the gospel, the truthfulness of the Bible, and the spiritual well-being of homosexual persons (and heterosexual for that matter) are at stake, then we cannot afford to take the easy path.

Der Horror des Kreuzes

Erst bei diesen Worten habe ich zu ahnen begonnen, was ein Kreuzestod bedeuten könnte:

‘The cross … was not just any kind of death. It was an utterly offensive affair, ‘obscene’ in the original sense of the word.’ So obscene was it in fact, that the sophisticated, cultured people in Greek and Roman societies would not even utter the word cross in polite company. It was a reviled word, and it conjured disgusting and nauseating images.

Crucifixion was never a private event. It was always raw, and searingly public, because its purpose was to terrify the masses into submission to the authorities. Crosses often lined the main roads into cities, holding the broken writhing bodies of the condemned, or displaying the rotting corpses of the dead. The Romans even scheduled public crucifixions to coindcide with religious festivals, insuring the maximum number of people present to witness the horror. Murderers, robbers, traitors, and slaves were crucified, brutally, by the thousands all over the empire and always deliberately in full public view. The horror of the cross was inescapable, and the Romans intended it to be that way.

… Shredded flesh against unforgiving wood, iron stakes pounded through bone and wracked nerves, joints wrenched out of socket by the sheer dead weight of the body, public humilitation before the eyes of family, friends, and the world – that was death on the cross, ‘the infamous stake’ as the Romans called it, ‘the barren wood’, the maxima mala crux. Or as the Greeks spat it out, the stauros. No wonder no one talked about it. No wonder parents hid their chrildren’s eyes from it. The stauros was a loathsome thing, and the one who died on it was loathsome too, a vile criminal whose only use was to hang there as a putrid, decaying warning to anyone else who might follow his example.

That is how Jesus died.

Greg Gilbert, in Kevin DeYoung (ed.) Don’t Call it a Comback. Wheaton: Crossway 2011. (71-72)

Pilatus: Er wusste, welches Spiel gespielt wurde

Heute morgen las ich in der Familie den Matthäustext des Karfreitagmorgens: Jesus wurde vor den Statthalter Pilatus gebracht. Aus ausserbiblischen Quellen wissen wir, dass Pilatus zu jenem Zeitpunk unter Druck stand. Die Juden hatten schon eine Gesandtschaft nach Rom geschickt, um gegen Pilatus zu klagen. Als es um die Verurteilung von Jesus ging, wusste er genau, was vor sich ging:

Pilatus versuchte erst Jesus zum Reden zu bringen. “Da sprach Pilatus zu ihm: Hörst du nicht, was sie alles gegen dich aussagen? Und er antwortete ihm auch nicht auf ein einziges Wort, so daß der Statthalter sich sehr verwunderte.” (Mt 27,13+14)

Die nächste Gelegenheit bestand darin, Jesus über das Ritual der Freilassung eines Gefangenen los zu bekommen. Pilatus wusste genau, mit welchem Motiv die Anklage vorgebracht wurde. “Als sie nun versammelt waren, sprach Pilatus zu ihnen: Welchen wollt ihr, daß ich euch freilasse, Barabbas oder Jesus, den man Christus nennt? Denn er wußte, daß sie ihn aus Neid ausgeliefert hatten.” (V. 17+18)

Seine Frau liess ihm eine dringliche Warnung zukommen: Hände weg von diesem Mann. “Als er aber auf dem Richterstuhl saß, sandte seine Frau zu ihm und ließ ihm sagen: Habe du nichts zu schaffen mit diesem Gerechten; denn ich habe heute im Traum seinetwegen viel gelitten!” (V. 19)

Ein neuer Anlauf des Statthalters – er stellt nochmals dies gleiche Frage. Er erscheint machtlos gegenüber der Dynamik in der Menge. Der Statthalter aber antwortete und sprach zu ihnen: Welchen von diesen beiden wollt ihr, daß ich euch freilasse? Sie sprachen: Den BarabbasPilatus spricht zu ihnen: Was soll ich denn mit Jesus tun, den man Christus nennt? Sie sprachen alle zu ihm: Kreuzige ihn! (V. 21+22)

Was sich von Anfang an abgezeichnet hatte, wird Tatsache. Der Entscheidungsträger resigniert und versucht sich seiner Verantwortung zu entziehen.  “Als nun Pilatus sah, daß er nichts ausrichtete, sondern daß vielmehr ein Aufruhr entstand, nahm er Wasser und wusch sich vor der Volksmenge die Hände und sprach: Ich bin unschuldig an dem Blut dieses Gerechten; seht ihr zu! Und das ganze Volk antwortete und sprach: Sein Blut komme über uns und über unsere Kinder! Da gab er ihnen den Barabbas frei; Jesus aber ließ er geißeln und übergab ihn zur Kreuzigung.” (V.24-26)

Mehr als Nützlichkeitsdenken

Im Westminster Bekenntnis (1647), Artikel 16.7 ist zu den guten Werken von nicht wiedergeborenen Menschen zu lesen:

Werke von nicht wiedergeborenen Menschen mögen ihrem Tatbestand nach Dinge sein, die Gott gebietet, und für sie selbst und andere von gutem Nutzen sein; doch sind sie weder in der rechten Weise – nämlich in Übereinstimmung mit dem Wort –, noch in der rechten Absicht – nämlich zur Ehre Gottes – getan worden, weil sie nicht von einem durch den Glauben gereinigten Herzen ausgehen. Deshalb sind diese Werke sündig und können Gott nicht gefallen (WB 9,3+A1) oder einen Menschen würdig machen, um Gnade von Gott zu empfangen. Und doch ist es noch sündiger und verwerflich vor Gott, sie zu unterlassen.

Cornelius van Til leitet daraus ab:

What is a good work? asks the Catechism. The answer is that a good work, a work that is pleasing to God, is one (1) that is done to his glory, (2) that is done according to the standard of the work of God, and (3) whose motivation springs from faith. (Essays on Christian Education, P & R: Phillipsburg 1979)

Die entscheidenden Aspekte sind also Ziel, Standard und Motivation unseres Tuns.

Die andere Form des Stolzes: Ich bin ja nur ein kleiner Wurm

Doug Wilson rückt – meines Erachtens zu Recht – eine andere Form des Stolzes in den Mittelpunkt: Die tiefe Selbstachtung. Leider verstärkt die Seelsorge oft noch die Selbst-Zentriertheit.

(S)omeone who has a low opinion of himself can be every bit as self-centered. “Look at everyone watch me. See them stare at me when I tell jokes. Why are they laughing at my clothes?” This person has a low opinion of himself and also seeks to be the center of his known universe.

It is unfortunate that much modern counseling has exacerbated the problem. People are told they most love themselves before they can love others; they must develop a better self-image. Such nonsense hardly deserves the name. Jesus did not say, “Take up your mirror daily, and come follow me.”

To focus your eyes on anything except the Lord Jesus is spiritually suicidal. If your attention is centered on yourself (whether you see a worm or a superstar is utterly beside the point) you are a priest in the cult of self-worship. A holy life will be God-centered, not self-centered. The antithesis of such holiness is the egocentric demand to be the Main Attraction.

Ausgang – das Nicht-erwachsen-werden-wollen-Ritual

Wer kennt es nicht? Das immergleiche wöchentliche Ritual: Donnerstag bis Samstag (oder Sonntag) abends in den Ausgang gehen. Verschobener Schlafrhythmus, Alkohol, Kitzel mit dem anderen Geschlecht, palavern, chatten. Aber auch: Einsamkeit in der Masse, Enttäuschungen, Cybermobbing. Dann am Montag das grosse Loch, Erholung bis Donnerstag – und dann beginnt sich das Karussell erneut zu drehen.

Dieses westliche Erwachsen-werden-Ritual (oder soll ich besser sagen: Nicht-erwachsen-werden-wollen-Ritual) ist charakteristisch für unsere Konsumgesellschaft. Es beginnt in zartem Alter und scheint bei manchen gar nicht aufzuhören. Ich bin der Meinung, dass Christen eine Alternative zu bieten haben. Vor einiger Zeit habe ich eine Serie über die “Mythen der Adoleszenz” geschrieben. Ich habe enorm von der Jugendbewegung “Rebelutionaries” profitiert. Brett Harris schreibt:

Should I ignorantly assume that the blessings I have received in way of gifting and talent, position and family, country and freedom, have been given blindly and without purpose? Should I, heedless of their potential, throw these things away for the sake of convenience? Will I take the road so often traveled and go with the flow rather than against the current? Will I choose the fate of the common man or that of the uncommon man?

Needless to say, a life of sin and sorrow is readily available to all, whereas a life of purity, honor, and virtue is only granted to a precious few. The gifts necessary to change the world are as rare as the man who tries it, while the ability to conform to the world is evident in all its abundance.

Mehr dazu im Buch “Do Hard Things” und im Folgebuch “Start Here: Do Hard Things Where You Are”. Beide Bücher sind auf deutsch übersetzt worden. Ein tolles Buch für junge Frauen ist Hannah Farvers Erstling “Uncompromising”.